Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von Buchner
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»Bub, für mich waren sie das auch!«
Willi kämpfte mit seinen Gefühlen.
»Das, was mir der Hans damals angetan hat, das war schlimm. Es hat lange gedauert, bis ich darüber hinweg war. Das war erst, als ich deine Großmutter kennenlernte und mit ihr hierher nach Neuseeland bin. Wir heirateten und ich baute hier den Bernreither Hof.«
Er räusperte sich.
»Der Bernreither Hof, der schaut fast genauso aus wie der Bernreither Hof in Waldkogel. Eigentlich könnte ich sagen, daß das hier der neue Bernreither Hof ist und der in Waldkogel ist der alte Bernreither Hof.«
Willi zuckte mit den Schultern.
»Ich will euch jetzt nicht die Einzelheiten erzählen, warum ich damals als junger Bursche fort bin, warum ich in die Welt hinaus geflohen bin. Das ist Vergangenheit. Gegenwart ist, daß ich eine Entscheidung treffen muß. Dieser Hans Bernrei-ther war mein Zwillingsbruder. Er ist verstorben und hat keine Angehörigen. Also haben der Bürgermeister und der Pfarrer von Waldkogel nach mir gesucht. Aber lest selbst, genug Deutsch könnt ihr ja.«
Willi schob die Blätter seiner Tochter Mary hin. Sie las. Wenn sie mit einer Seite zu Ende war, gab sie sie an ihren Mann weiter. Er las sie und reichte sie Kilian. Währenddessen beobachtete Willi seine Angehörigen.
»Dann hast du dein Elternhaus geerbt, Großvater, wenn ich das richtig verstehe, wie?«
»Ja, das habe ich! Jetzt muß ich entscheiden, was damit geschehen soll. Ich kenne mich mit den Erbsachen in Deutschland nicht aus, weiß nicht, wie das heute so ist. Tatsache ist, daß ich mich dazu erklären muß. Außerdem haben die beiden, der Pfarrer, wie auch der Bürgermeister, viel Mühe auf sich genommen, mich zu finden.«
»Willst du nach Deutschland fliegen, Großvater?«
Willi Bernreither spürte, wie sein Herz klopfte. Es gibt immer noch Bande. Auch wenn ich mich noch so wehre, meine Wurzeln liegen in Waldkogel.
»Wenn ich das von hier aus regeln kann, dann ist mir das lieber!«
Mary stand vom Stuhl auf und setzte sich neben ihren Vater auf die Eckbank. Sie legte ihren Arm um seine Schultern.
Zärtlich sagte sie:
»Vater, in diesem Augenblick verstehe ich dich so gut wie nie in meinem Leben. Jeder Mensch hat Ecken und Kanten. Oft habe ich dich nicht verstanden. Jetzt weiß ich, daß ein Geheimnis auf deiner Seele lag. Doch was sagst du immer: Es gibt nicht nur Böses und Schlechtes, sondern viel, viel mehr Gutes und Schönes. Dein Zwillingsbruder Hans ist tot. Was auch immer geschehen ist, über das du nicht sprechen willst, sicherlich gibt es auch schöne und sehr glückliche Erinnerungen an den Bernreither Hof in Waldkogel. Du bist sehr rüstig! Wenn du hinfliegen willst, dann begleite ich dich gerne. Vielleicht wird dein Herz versöhnt, wenn du dir Erinnerungsstücke holst.«
Willi streichelte seiner Tochter die Wange.
»Bist ein gutes und mitfühlendes Madl! Aber die Entscheidung muß ich jetzt nicht treffen. Ich werde den Pfarrer morgen anrufen, nachdem ich eine Nacht darüber geschlafen habe. Ich habe mir hier in der Fremde ein Leben aufgebaut, hier in den schönen Neuseeländer Alpen. Was soll ich mit dem alten Bernreither Hof? Wenn ich das Erbe antrete, dann werde ich den Hof verkaufen. Aber diese Entscheidung muß ich heute auch nicht treffen. Reden wir morgen weiter.«
Alle sahen, wie aufgewühlt Willi war, obwohl er sich große Mühe gab, ruhig zu wirken. Er stand auf und ging hinaus vor das Haus. Er setzte sich auf die Bank und sah hinauf zu den Gipfeln der Berge. Doch in Gedanken sah er nicht sie, sondern den »Engelssteig« und das »Höllentor«, die Berge von Waldkogel.
Mary, die ihren Vater gut kannte, riet, ihn alleine zu lassen.
»Dann gehen wir zur Tagesordnung über«, sagte Bill. »Ich mache noch meine Abendrunde über den Hof. Du, Kilian, schaust nach den Schafen.«
So geschah es dann auch. Anschließend saßen sie noch etwas zusammen und redeten. Dann gingen sie schlafen. Willi nickte ihnen nur zu, als sie ihm »Gute Nacht« sagten. Er blieb auf der Bank vor dem Haus sitzen.
*
Kilian konnte nicht einschlafen. Unruhig wälzte er sich im Bett hin und her. Er dachte an seinen Großvater, den er über alles liebte. Schließlich stand er auf, zog sich an und ging zu ihm.
»Kannst du nicht schlafen, Großvater?«
»Nein!«
»Willst du reden? Vielleicht hilft es dir? Du hast mir so oft zugehört, wenn ich mit meinen kleinen Sorgen zu dir gekommen bin. Erinnerst du dich? Dann hast du mich bei der Hand genommen. Wir sind zur Koppel. Wir setzten uns auf die Bank und ich konnte dir mein Herz ausschütten. Jetzt ist es umgekehrt. Jetzt will ich für dich da sein!«
Willi Bernreither lächelte.
Dann stand er auf. Enkel und Großvater gingen über den gepflasterten Hof, liefen um die große Scheune herum und wanderten dann den Hang hinauf, der sich sanft bis zu einem Wäldchen erstreckte. Die Bäume hatte Willi Bernreither gepflanzt. Das war in dem Jahr, als er hier das große Stück Land in einem stillen Seitental der Neuseeländer Alpen gekauft hatte.
Sie erreichten den Waldrand und setzten sich auf die Bank.
»Ja, Kilian, was soll ich sagen? Wo soll ich anfangen? Was willst du wissen?«
»Warum bist du damals fort und hast verschwiegen, daß du einen Bruder hast, sogar einen Zwillingsbruder?«
»Ich habe es nur Mary gegenüber verschwiegen und Bill und dir gegenüber. Deine Großmutter weiß es. Sie weiß alles.«
»Jetzt will ich es auch wissen! Es ist doch nichts Schlimmes? Nichts Kriminelles?«
»Schlimm war es schon, aber nicht im Sinne der öffentlichen Gesetze, nur im moralischen Sinn.«
Willi Bernreither erzählte und sein Enkel hörte ihm zu, ohne ihn zu unterbrechen.
Als Willi und sein Bruder Hans junge Burschen waren, da interessierten sie sich auch für Madln. Hans war aus einem Grund, den Willi nie verstand, immer eifersüchtig auf alles, was Willi machte, bekam, erreichte. Willi verliebte sich in eine junge Bauerntochter. Sie hieß Berta und war sehr schön und lebensfroh. Willi und Berta kamen sich näher, trafen sich auch nachts im Heu, wie das damals wo war.
»Ich wollte das Madl heiraten«, sagte Willi leise vor sich hin.
Doch dazu kam es nicht. Sein Bruder Hans machte Berta auch heimlich den Hof. Hans war ein richtiger Hallodri, der Frauenherzen im Sturm eroberte. Willi und Hans waren ein-eiige Zwillinge. Sie glichen sich wirklich sehr. Hans machte sich oft den Spaß, sich als der ernsthaftere Willi auszugeben und nicht wenige fielen darauf herein.
»Wie es dazu kam, das habe ich nie klären können! Auf jeden Fall war es eine Gemeinheit.«
Eines Nachts erwischte Willi seinen Bruder Hans mit seiner Berta im Heu. Es kam zu einer Schlägerei. Willi tobte vor Wurt. Die Zwillingsbrüder schlugen sich und brüllten sich an. Die Eltern kamen herbeigeeilt und trieben die beiden auseinander.
»Noch bist du net mit der Berta verheiratet, Willi! Wenn dein