Geschichte Österreichs. Walter Pohl L.

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Geschichte Österreichs - Walter Pohl L. Reclams Ländergeschichten

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Zweifel ist Geldmangel ein allgemeines Strukturmerkmal frühneuzeitlicher Politik, verglichen mit anderen frühmodernen Staatswesen lagen Anspruch und Möglichkeiten der maximilianeischen Politik allerdings besonders weit auseinander. Auf Dauer musste die habsburgisch-österreichische Macht, so imposant sie sich mit dem römischen Kaisertum, den burgundischen und österreichischen Ländern auch darstellen mochte, der französischen Monarchie mit ihrer hohen Kohärenz unterlegen sein. In Kriegsjahren verschlangen die Militärausgaben Maximilians mehr als zwei Drittel des Staatshaushaltes, und eigentlich befand sich der Habsburger, nach dessen Überzeugung mit den Mitteln der Diplomatie allein nichts Dauerhaftes zu erreichen war, nahezu unausgesetzt im Krieg. Zwischen den gezählten 27 Kriegen seiner Regierung bildeten die kurzen Friedensphasen jeweils nur ein Intermezzo. So darf es nicht verwundern, dass trotz erheblicher Zuwächse bei den Einnahmen die Staatsschuld in bisher ungekannte Höhe stieg. Rund fünf Millionen Gulden an Schulden hinterließ der Kaiser seinen Erben. Das entspricht dem Zwanzigfachen des durchschnittlichen Jahreseinkommens aus den österreichischen Erbländern. Welches Ausmaß die finanzielle Misere gegen Ende der Regierung Maximilians angenommen hatte, ist daran ablesbar, dass 1518 bereits zehn Jahresproduktionen der Tiroler Silberbergwerke im Voraus verkauft waren. Hauptsächlich sind es die Erblande gewesen, die Maximilians Kriege finanzierten. Zur drückenden Belastung wurde insbesondere der Venezianerkrieg (1508–1516), der die österreichischen Länder an die Grenzen ihrer Leistungskraft brachte und in der Untersteiermark, in Kärnten und Krain zu einem Aufstand der meistenteils slawischen Bauern (1514/15) führte, welcher mit aller Härte niedergeschlagen wurde.

      Mit der weitgespannten Politik Maximilians eröffneten sich für die österreichischen Erblande freilich auch neue Möglichkeiten und Perspektiven. Im besonderen Maße gilt dies für eine kleine Gruppe von dem Herrscherhof nahestehenden Männern, die so wie der oberösterreichische Adelige Wolfgang von Polheim mit Maximilian 1477 den Schritt in die Niederlande wagten. Ebenso zur neuen großen Welt der Habsburger gehört der im Kanzleidienst aufgestiegene Matthäus Lang, 1519 Erzbischof von Salzburg, zuvor aber schon mit dem spanischen Bistum Cartagena bepfründet. Maximilians Regierung brachte – daran besteht kaum Zweifel – den österreichischen Ländern einen Innovationsschub, der mit Post, Buchdruck, Verwaltung und Universität weite Lebensbereiche erfasste. Seit 1490 sorgte Maximilian durch die Einrichtung von Postlinien zwischen den Niederlanden und Tirol sowie nach Rom und nach Frankreich für eine unerhörte Beschleunigung der Nachrichtenübermittlung, wobei dem von Maximilian bevorzugten Innsbruck von Beginn an die Rolle einer Verkehrs- und Kommunikationsdrehscheibe zugedacht war. Nicht minder bedeutsam ist der Fortschritt im administrativ-bürokratischen Bereich, gleichgültig ob man diesen als vom burgundischen Modell abgeleitet oder in den Erblanden gleichsam autochthon entstanden sehen möchte. Indem Maximilian das Druckmedium systematisch zur Erklärung und Legitimierung seiner Politik einsetzte, machte er die österreichischen Länder mit dieser technischen Innovation, die von Kaiser Friedrich III. noch sehr sparsam genutzt worden war, erst so recht vertraut. Dass die nordalpine humanistische Elite an der Universität Wien Quartier bezog, ist schließlich ebenfalls ganz wesentlich dem Eingreifen des Kaisers geschuldet. Das an oder besser neben der Wiener Universität als humanistische Bildungsstätte von Konrad Celtis konzipierte und 1501 ins Leben getretene Collegium poetarum et mathematicorum hat ihn zum Stifter und hauptsächlichen Förderer.

      Das besondere Interesse Maximilians galt historischen bzw. literarisch-künstlerischen Projekten. All diese Pläne kreisen um den zentralen Begriff der gedechtnus. »Wer ime im leben kain gedachtnus macht, der hat nach seinem tod kain gedächtnus und desselben menschen wird mit dem glockendon vergessen«, ließ Maximilian im Weißkunig formulieren. Während die hier anklingende Vorstellung liturgischer Memoria noch auf das Spätmittelalter verweist, berührt sich Maximilians Wunsch nach einer überhöhten Darstellung der eigenen Taten in Text und Bild mit humanistischem Gedankengut. Zur gedechtnus gehörte das Bemühen um die Sicherung von Wissensbeständen. Maximilian gab Auftrag zur Anlage von Inventaren aller Art, die Erinnerungswürdiges für die Nachwelt bewahren sollten. Der Sicherung literarischer Tradition diente zuallererst die berühmte Sammelhandschrift des Ambraser Heldenbuchs. Im Mittelpunkt der gedechtnus stand freilich der Kaiser selbst. Nach anfänglichen Versuchen mit einer lateinischen Autobiographie fand Maximilian die ihm adäquate Ausdrucksform in verschlüsselten, fiktionalisierten autobiographischen Bilderchroniken in deutscher Sprache. Nach seinem Diktat von Mitarbeitern redigiert, lassen Weißkunig, Freydal und Theuerdank Elemente der Dietrichepik und des Artusromans erkennen. Das Bild steht in diesen Werken gleichrangig neben dem Text, ja manchmal ist es dem Text vorgängig. Vollends bilddominiert erscheinen die monumentalen Holzschnittfolgen Triumphzug und Ehrenpforte, an welchen Künstler vom Rang eines Albrecht Dürer oder Albrecht Altdorfer mitwirkten. Wie kein anderes Auftragswerk vereinigt die Ehrenpforte Maximilians autobiographische Ideenwelt, sein Interesse für Genealogie und seine Vorliebe für Allegorie und Bildersprache. Deutlich tritt auch im Falle der Ehrenpforte die Bedeutung der drucktechnischen Reproduktion für Maximilian hervor. Mit deren Hilfe sollte gleichsam ein »imaginäre(r) Hof für die kaiserliche gedechtnus« entstehen (Jan-Dirk Müller ).

      Noch ehe die Wahl des Enkels Karl (V.) zum römischen König erreicht und bevor die Nachfolge in den österreichischen Ländern eindeutig und einvernehmlich geregelt war, starb Maximilian I. am 12. Jänner 1519 in Wels. Bei all ihren Widersprüchlichkeiten markiert die Politik des »letzten Ritters«, in der Modernes und Altes gleichermaßen Platz fanden, den Eintritt des Hauses Österreich und seiner Länder in das sich formierende frühneuzeitliche europäische Mächtesystem. Der Name »Haus Österreich«, der zu Ausgang des 15. Jahrhunderts oftmals die Gesamtheit der österreichischen Länder bezeichnet hatte, ja zum Ersatz für den fehlenden Gesamtnamen des habsburgischen Territorienkomplexes geraten war, stand bald nur mehr für die habsburgische Dynastie, eine Familie, die innerhalb dreier Generationen zu Weltgeltung aufgestiegen war. Für Maximilian blieben dabei die Erblande, die er zunehmend als eine Einheit zu behandeln sich angewöhnt hatte, zeit seines Lebens unzweifelhaft das Herzstück seiner imperialen Herrschaft. 1515/16 brachte der Kaiser sogar den Plan, Österreich zum Königreich zu erheben, ins Gespräch, diesbezügliche Überlegungen gediehen dann freilich doch nicht über ein vages Konzeptstadium hinaus.

      Die Habsburgermonarchie vom Tod Maximilians I. bis zum Aussterben der Habsburger in männlicher Linie (1519–1740)

      Von Thomas Winkelbauer

      Epochenüberblick

      Die sieben Herrschergenerationen umspannende Zeit zwischen dem Tod Maximilians I. und jenem Karls VI. lässt sich nicht leicht auf einen gemeinsamen Nenner bringen. Als Schlüsseljahre erscheinen 1526, das Entstehungsjahr der aus den österreichischen Erbländern der Habsburger, den Ländern der Böhmischen Krone und Teilen der Königreiche Ungarn und Kroatien zusammengesetzten Habsburgermonarchie, das Jahr 1556, in dem das Kaisertum auf Dauer von der spanischen auf die österreichische Linie des Hauses Habsburg überging, das Jahr 1620, in dem sich auf dem Schlachtfeld (Schlacht am Weißen Berg) in den böhmischen und österreichischen Ländern endgültig die Macht der (katholischen) Landesfürsten gegen die politischen Partizipationsansprüche der (nicht-katholischen) Landstände durchsetzte, das Jahr 1648 (das Jahr des Westfälischen Friedens), in dem in den österreichischen und böhmischen Ländern mit Ausnahme Schlesiens der Sieg der habsburgischen Gegenreformation über die Idee der Koexistenz mehrerer christlicher Konfessionen besiegelt wurde, das Jahr 1687, in dem auch Ungarn zu einer Erbmonarchie der Habsburger wurde, das Jahr 1699, in dem Kaiser Leopold I. dem Osmanischen Reich im Vertrag von Karlowitz erstmals einen Frieden diktieren konnte und die Rückgewinnung des größten Teils der seit 1541 von den Osmanen besetzten Gebiete Ungarns vertraglich abgesichert wurde, sowie die Jahre 1713 (Friede von Utrecht) und 1714 (Friedensverträge von Rastatt und Baden), in denen die Teilung des Erbes der spanischen Habsburger völkerrechtlich geregelt wurde und die Entwicklung der Habsburgermonarchie zu einer europäischen Großmacht (im »Konzert der Mächte«) einen vorläufigen Abschluss erreichte.

      Ab den 1520er Jahren breiteten sich auch in den habsburgischen Ländern die

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