Geschichte Österreichs. Walter Pohl L.

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Geschichte Österreichs - Walter Pohl L. Reclams Ländergeschichten

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eine Wirtschaftsbelebung bemerkbar, die wesentlich von Modernisierung und technischer Innovation in verschiedensten Gewerbezweigen getragen wurde. In dem an Bodenschätzen reichen Ostalpenraum bildete der Edel- und Buntmetallbergbau den eigentlichen Konjunkturmotor. Das Tiroler Schwaz, wo in der Blütezeit bis zu 4000 Menschen im Bergbau arbeiteten, zählte zwischen 1470 und 1535 zu Europas wichtigsten Lieferanten von Silber. Hier wurde etwa ein Sechstel der damaligen europäischen Silberproduktion gewonnen – mit 15,6 Tonnen Silber war 1523 das absolute Spitzenjahr. Mit Fug und Recht ist gesagt worden, dass ohne das Schwazer Silber die habsburgische Weltpolitik im frühen 16. Jahrhundert nicht hätte finanziert werden können. Dabei beschleunigte zweifellos der ungeheure Finanzbedarf Maximilians den schon seit längerem in Gang gekommenen Strukturwandel im Tiroler Bergbau. Heimische Gewerken wie die Tänzl und Fieger mussten schließlich dem oberdeutschen Kapital der Fugger Platz machen. Ein wenig im Schatten des Tiroler Silberbooms stand die dynamische Expansion des steirischen Eisenwesens im 15. Jahrhundert. Am Ausgang des Mittelalters hatte die Steiermark immerhin einen Anteil von 10 bis 15 % der europäischen Eisenerzeugung. Das Eisenwesen war für die habsburgischen Landesfürsten so wichtig, dass sie es seit der Mitte des 15. Jahrhunderts mit einer Unzahl von obrigkeitlichen Ordnungen, die Produktion und Absatz des Eisens, Zahl und Größe der Hämmer, aber auch die Höhe der Löhne und Preise regulierten, zu lenken versuchten. Im steirischen Eisenwesen konstituierte sich im übrigen 1415 auch die älteste Kapitalgesellschaft Österreichs als Zusammenschluss von Eisenhändlern aus Leoben. Um 1500 war die Steiermark drauf und dran, zur großen Waffenschmiede für Maximilians Heere zu werden. In Thörl und Aflenz hatte ein rühriger Unternehmer namens Sebald Pögl einen fabriksmäßigen Großbetrieb für Geschütze, Kanonenkugeln, Festungsgewehre und kleinere Handfeuerwaffen aufgezogen.

      Österreich im Zeitalter Maximilians I. (1490/93–1519)

      Mit der burgundischen Ehe Maximilians I. tat sich dem Haus Österreich eine neue politische Welt auf. Die Heirat des Habsburgers mit Maria, der Erbtochter des Herzogs Karl des Kühnen, veränderte Europa. Eigentlich wurde schon damals, 1477, das große habsburgische Jahrhundert eingeläutet. Es ging um den wertvollsten Territorialkomplex nördlich der Alpen mit Handelszentren wie Brügge, Gent oder Antwerpen und enormen ökonomischen und verwaltungstechnischen Ressourcen, ein unerhörter Zugewinn für die Habsburger, wenngleich der Preis hoch war, mündete der Streit um das Erbe Karls des Kühnen doch letztlich in einen über Jahrhunderte währenden französisch-habsburgischen Antagonismus. Im Jänner 1477 war der Burgunderherzog bei Nancy gefallen, ein halbes Jahr später, am 19. August 1477, schloss Maximilian, der sich gegen eine ganze Reihe von Mitbewerbern, namentlich den französischen Dauphin, durchgesetzt hatte, mit Karls Tochter in Gent die Ehe. Die Behauptung des durch Marias frühen Tod (1482), anhaltende französische Angriffe und innere Krisen bedrohten burgundischen Länderkomplexes band Maximilians Kräfte für mehr als ein Jahrzehnt und ließ ihn alle Höhen und Tiefen der Politik durchleben.

      Das Heiratsglück blieb Maximilians dynastischer Politik auch in den folgenden Jahren treu, was später in dem bekannten, einem Ovid-Zitat aus den Heroiden nachgebildeten Spruch: Bella gerant alii, tu felix Austria nube (»Kriege führen mögen andere, du, glückliches Österreich, heirate!«) Ausdruck fand. Um ein breites Bündnis gegen die expansionistische Italienpolitik des französischen Königs Karl VIII. zu erreichen, trat der Habsburger der von den katholischen Königen Ferdinand und Isabella initiierten »Heiligen Liga« bei. Die spanische Doppelhochzeit stellt sich in Planung und Durchführung als ein Nebenprodukt der Versuche Maximilians dar, den Dauerfeind Frankreich in die Enge zu treiben. Dass mit der Heiratsabrede zwischen den Kindern Maximilians und jenen Ferdinands von Aragón und Isabellas von Kastilien im Jänner 1495 der Grundstein zum Weltreich Karls V. gelegt wurde, war zu diesem Zeitpunkt nicht im Entferntesten absehbar. Erst eine Kette von Todesfällen dreier Thronanwärter machte Maximilians Sohn Philipp schließlich zum Herrscher Kastiliens und versetzte Maximilians 1500 geborenen Enkel Karl nach dem frühen Tode Philipps (1506) in die Rolle des Erben eines werdenden Weltreiches. Gleichsam unter Erfolgszwang stand die dritte Generation habsburgischer Heiraten. Was mit größtem repräsentativem Aufwand und nach zähem diplomatischem Ringen am sogenannten Wiener Kongress im Juli 1515 als Doppelheirat zwischen Maximilians Enkeln und den Kindern des ungarischen und böhmischen Königs Wladislaw paktiert wurde, diente der Aufrechterhaltung der seit einem Jahrhundert aufgebauten und von Maximilian mit allen Mitteln behaupteten habsburgischen Ansprüche auf die benachbarten Königreiche Böhmen und Ungarn. Den Vollzug dieser 1515 vereinbarten beiden Ehen hat Maximilian nicht mehr erlebt, ebenso wenig wie den tatsächlichen Erbfall zugunsten der Habsburger mit dem Tod König Ludwigs von Ungarn in der Türkenschlacht von Mohács 1526.

      Das Verhältnis von Reich und Erblanden nahm gegen das Jahr 1500 zusehends einen dualistischen Charakter an. Wiewohl Maximilian das unter seinem Vater institutionalisierte Nebeneinander von römischer und österreichisch-erbländischer Kanzlei neuerlich durch eine einheitliche zentrale Hofkanzlei für Reich und Erblande ersetzte und an dieser über die Reichsverfassungskämpfe hinweg bis zu seinem Tode festhielt, entfernten sich die österreichischen Erblande immer weiter von den Maximilian auf den Reichstagen gegenübertretenden Reichsständen. Bei deren anfänglich zum Teil gegen den Herrscher gerichteten Organisationsformen, wie etwa den 1500 eingerichteten Reichskreisen, wurden die österreichischen und burgundischen Länder (jedenfalls bis 1512) außen vor gelassen. Und auch zu einer Vertretung der Erblande auf den Reichstagen kam es zunächst nicht. Maximilian versuchte seine österreichischen Länder hier herauszuhalten, und im Grunde hätte eine solche Vertretung der Erblande auf den Reichstagen auch der Verfassungslogik widersprochen. Es ist für die Entwicklung höchst bezeichnend, dass die Ausschüsse der österreichischen Länder auf dem Innsbrucker Gesamtlandtag 1518 anlässlich der Verhandlungen über eine Reform des kaiserlichen Hofrates verlangten, dass dessen aus dem Reich stammende Mitglieder von der Erledigung erbländischer Angelegenheiten ausgeschlossen bleiben sollten, was Maximilian zur Replik veranlasste, »Österreich gehöre doch auch zum Reich«.

      Das Erscheinungsbild der österreichischen Erblande hat sich in den drei Jahrzehnten maximilianeischer Herrschaft entscheidend und nachhaltig verändert. Territoriale Vergrößerungen sind dabei nicht das Wesentliche, wenngleich solche in geringerem Umfang erfolgten. Im Bayerischen Erbfolgekrieg von 1504 etwa gewann Maximilian die Herrschaften Kufstein, Rattenberg und Kitzbühel als Abrundung Tirols. Schon zuvor hatte er sich das Erbe des letzten Görzer Grafen Leonhard (Osttirol, Görz) gesichert. Bedeutsamer als diese territorialen Arrondierungen sind strukturelle Entwicklungen. Als Maximilian die Nachfolge seines Vaters antrat, waren die Bruchlinien, die das Jahrhundert der habsburgischen Teilungen gezogen hatte, noch allenthalben sichtbar. Um dem lockeren Verband der österreichischen Länder festere Gestalt zu geben, drängte Maximilian auf zentralisierende Vereinheitlichung. Zwei Ländergruppen, eine oberösterreichische (Tirol und die Vorlande) und eine niederösterreichische (Ober- und Niederösterreich, Steiermark, Kärnten und Krain), wurden gebildet und für jede der beiden kollegial verfasste ständige Behörden, sogenannte Regimente, eingesetzt. Trotz mancher Anfangsschwierigkeiten, Umstrukturierungen und auch Ortswechsel erwiesen sich diese jeweils für mehrere Länder zuständigen Regierungskörper letztlich als tragfähig und sollten über Jahrhunderte Bestand haben. Maximilians Politik baute aber nicht nur auf zentrale Verwaltung, auch die Stände der Länder band er in seine Politik der Vereinheitlichung ein. Unter seiner Regierung wurde die Entfaltung länderübergreifender Ständeversammlungen bedeutend vorangetrieben. Kaum ein Jahr verging, in dem nicht wenigstens eine derartige Beratung stattfand. Vom innerösterreichischen über den niederösterreichischen bis hin zum großen, alle Erblande einbeziehenden Generalausschusstag reicht die Palette der Versammlungen, wobei das von Maximilian anscheinend schon von Beginn an mit einer gewissen Beharrlichkeit anvisierte Ziel gemeinsamer Ausschussberatungen aller erbländischen Stände freilich erst nach mehreren Fehlschlägen zum ersten und gleichzeitig einzigen Mal während der Herrschaft des Kaisers im Frühjahr 1518 in Innsbruck Wirklichkeit wurde. Die Bedeutung länderübergreifender Ständetagungen für die staatliche Integration und das Zusammengehörigkeitsbewusstsein der österreichischen Länder ist kaum zu überschätzen. Die ständischen Ausschusstage bilden gleichsam das Gegenstück zu den administrativen Integrationsbemühungen Maximilians.

      Dass

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