Grundlegung zur Metaphysik der Sitten. Immanuel Kant

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Grundlegung zur Metaphysik der Sitten - Immanuel Kant

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Wilhelms II., dem er dies Versprechen gegeben, glaubte er sich wieder berechtigt zu Äußerungen über Religion. Wie seine Schriften von einem weiten Umfang seiner Studien zeugen, war auch der Kreis seiner Vorlesungen, in denen er die Zuhörer zum Selbstdenken anregen wollte, ein sehr weiter: er las außer über die philosophischen Disziplinen, von denen er die Logik und die Metaphysik bevorzugte, auch über Mathematik, Physik, Mineralogie, physische Geographie, Anthropologie und Pädagogik. K. war von Person klein, kaum 5 Fuß groß, von schwachem Knochenbau und noch schwächerer Muskelkraft; seine Brust war sehr flach und fast eingebogen, der rechte Schulterknochen hinterwärts etwas verrenkt, womit der Befund bei der 1880 erfolgten Ausgrabung übereinstimmt (vgl. Bessel-Hagen, Die Grabstätte Kants, Königsb. 1881). Mit mehreren angesehenen Männern stand er in inniger und langjähriger Freundschaft. Den öffentlichen Gottesdienst hielt er, wie das Äußere der Religion überhaupt, für ein höchst wichtiges, dem Denker aber entbehrliches Staatsinstitut. Zum kunstgerechten Redner war er nicht gemacht; in sozialer und politischer Hinsicht war er ein entschiedener Vertreter der Freiheit, unterwarf sich jedoch in der politischen Ordnung den Befehlen der Obrigkeit, selbst gegen seine bessere Überzeugung. In seinem Hauswesen herrschte neben solider Einfachheit die größte Ordnung. Der Geselligkeit war er nicht abgeneigt. Unverheiratet, liebte er es, bei Tische einige Freunde bei sich zu haben. Sein Leben war das strengster Pflichterfüllung und Regelmäßigkeit. Die Berliner Akademie der Wissenschaften ernannte ihn 1763 zu ihrem Mitglied, die Petersburger 1794. Am 18. Okt. 1864 ward in Königsberg sein Standbild, das letzte Werk Rauchs, errichtet. Sein Bildnis s. Tafel »Deutsche Philosophen I«.

      Gesamtausgaben seiner Werke sind die von G. Hartenstein (Leipz. 1838–39, 10 Bde.), von K. Rosenkranz und F. W. Schubert (das. 1838–40, 12 Bde.), eine zweite »in chronologischer Folge« von G. Hartenstein (das. 1867–69, 8 Bde.) und die von Kirchmann (in der »Philosophischen Bibliothek«, Berl. 1868–1873, 8 Bde. und Supplement, mit Erläuterungen). Seit 1900 erscheint in Berlin eine neue Gesamtausgabe: »Kants gesammelte Schriften«, herausgegeben von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften. Sie soll vier Abteilungen umfassen: die Werke, den Briefwechsel (besorgt von Reicke), den handschriftlichen Nachlaß (durch E. Adickes) und die Vorlesungen (durch M. Heinze). Bis jetzt sind 6 Bände erschienen, darunter der »Briefwechsel« (Bd. 10–12,1900–02). Eine sehr brauchbare kritische Ausgabe der Hauptschriften besorgte Kehrbach (in Reclams Universal-Bibliothek). Auch sind mehrere Schriften Kants ins Lateinische, Französische (von Tissot, Barni, neuerdings von Andler u. Chavannes, Picavet, Lemonnier, Thamin) und ins Englische (von Hayward, Abbott, Max Müller, Mahaffy, Morris, Bernard, Watson, M. Campbell Smith u. a.) übersetzt worden.

      Kants Philosophie.

      K. ging bei seinen philosophischen Untersuchungen der spätern, d. h. der kritischen Zeit aus von der Scheidung der Vermögen der menschlichen Seele (»des Gemüts«) in Erkenntnis-, Begehrungs- und Gefühlsvermögen. Hiermit hängt zusammen, daß er in Anlehnung an die Engländer dem Subjekt vornehmlich die Aufmerksamkeit zuwandte und dieses nach dem in ihm Gegebenen zu analysieren suchte, indem sich seine Philosophie nach den drei angegebenen Vermögen gliederte. Seine Absicht war, ein »Inventarium« dessen zu liefern, was jederzeit und von jedermann, also mit Allgemeinheit und Notwendigkeit (theoretisch) erkannt, (praktisch) gewollt und (ästhetisch) wohlgefällig oder mißfällig empfunden wird.

      1) Kritik der reinen (theoretischen) Vernunft. K. selbst bezeichnete seine Philosophie als Kritizismus oder Kritik und setzte sie einerseits der Wolffschen, die er Dogmatismus, anderseits der Humeschen, die er Skeptizismus nannte, entgegen. Im Gegensatz zu jenem, welcher der menschlichen Vernunft die Fähigkeit, jenseit der sinnlichen Erfahrung gelegene Gegenstände zu erkennen, zusprach, ohne die Erkenntniskraft geprüft zu haben, und im Gegensatz zu diesem, der ebenfalls ohne Prüfung der menschlichen Erkenntniskraft alle über den Erfahrungskreis hinausgehende Erkenntnis leugnete, untersuchte K. vor allen Dingen Umfang, Grenzen und Ursprung der menschlichen Erkenntnis, und indem er unter reiner Vernunft die von aller Erfahrung unabhängige Vernunft versteht, ist ihm Kritik der reinen Vernunft eine Prüfung, wie weit die menschliche Vernunft ohne alle Erfahrung in der Erkenntnis kommt, ist sie eine Kritik des Rationalismus, wie dieser namentlich von Wolff vertreten war. Zeigt sich, daß unser Erkenntnisvermögen auf solche Gegenstände, die jenseit der sinnlichen Wahrnehmbarkeit liegen, gar nicht angelegt ist, so wäre es eitler Wahn, von ihm eine Erkenntnis solcher zu erwarten. Gerade diejenigen Objekte der Erkenntnis, die nach Wolff zum wesentlichen Inhalt der theoretischen Philosophie (Metaphysik) gehören, nämlich: Seele, Welt und Gott, die Gegenstände der rationalen Psychologie, Kosmologie und Theologie, wurden infolge der Kantschen Kritik der Vernunft transzendent, d. h. fielen über die Grenze reiner Vernunfterkenntnis hinaus. Und zwar aus folgendem Grunde: Da alles Erkennen im Urteilen besteht, so hängt die Möglichkeit des erstern notwendig von der Beschaffenheit des letztern ab. Nun ist aber jedes Urteil entweder von der Art, daß das Prädikat im Subjekt schon ganz oder teilweise enthalten (ganze oder teilweise Wiederholung des Subjekts) ist, oder derart, daß das Gegenteil der Fall ist, das Prädikat zum Subjekt etwas Neues hinzubringt. Urteile ersterer Art nennt K. (wie vor ihm schon Hume) analytische, letzterer Art synthetische, jene auch bloße Erläuterungs-, diese dagegen Erweiterungsurteile. Erstere sind zwar richtig, aber nicht von Bedeutung, da sie die Erkenntnis nicht erweitern, letztere dagegen, da auf ihnen aller Fortschritt im Wissen beruht, höchst wichtig, aber, wenn nicht bekräftigende Umstände hinzutreten, von zweifelhafter Richtigkeit. Da in ihnen das Prädikat zum Subjekt hinzukommt, ohne in diesem enthalten zu sein, so muß irgend ein äußeres Zeugnis gegeben sein, daß dem Subjekt dieses Prädikat auch wirklich angehört. Ein solches liegt, wo der Gegenstand ein sinnlich wahrnehmbarer ist, in der sinnlichen Anschauung, die Subjekt und Prädikat verbunden zeigt: »die Rose ist rot«. Solche synthetische Urteile nennt K. a posteriori, weil sie durch eine sinnliche Anschauung bekräftigt sind. Wo dagegen der Gegenstand kein sinnlich wahrnehmbarer ist, da ist keine Überzeugung durch Augenschein möglich, und solche Urteile, die K. synthetische a priori nennt, bleiben notwendig ungewiß. Dies sind aber solche, durch die sich das Wissen aus reiner Vernunft erweitert, so daß die Hauptfrage bei der Kritik der reinen Vernunft lautet: »Wie sind synthetische Urteile a priori möglich?«, die sich wieder in die drei besondern gliedert: 1) Wie ist reine Mathematik möglich? 2) Wie ist reine Naturwissenschaft möglich? 3) Wie ist Metaphysik überhaupt möglich? Die beiden ersten Fragen setzen voraus, daß es reine Mathematik und reine Naturwissenschaft gibt, daß also Wissenschaften ohne alle Erfahrung zustande kommen. Bei der Metaphysik, die sich allerdings auch aus reiner Vernunft aufbauen soll, muß es noch zweifelhaft bleiben, ob sie eine Wissenschaft sei. Als selbstverständlich, also ohne Beweis, wird von K. angenommen, daß strenge Notwendigkeit und Allgemeinheit sich nie aus Erfahrung, sondern nur unabhängig von aller Erfahrung, aus der menschlichen Seele oder dem Bewußtsein überhaupt gewinnen lasse, daß alle aus der Erfahrung geschöpften Urteile nur komparative (induktive) Allgemeinheit besitzen könnten. Freilich fängt nach K., der hierin mit den Empiristen übereinstimmt, alle unsre Erkenntnis mit der Erfahrung an, damit sei aber noch nicht gesagt, daß sie auch nur aus der Erfahrung entspringe. denn es könnte wohl möglich sein, daß unsre Erfahrungserkenntnis zusammengesetzt sei »aus dem, was wir durch Eindrücke empfangen, und aus dem, was unser eignes Erkenntnisvermögen (durch sinnliche Eindrücke bloß veranlaßt) aus sich selbst hergibt«, welchen Zusatz aus jenem Grundstoff zu unterscheiden freilich nicht leicht sei. So wird mit jenen erwähnten drei Fragen die nach den Bestandteilen der Erfahrung oder eine Theorie der Erfahrung in Verbindung gebracht. Die auf die Entdeckung des von aller Erfahrung unabhängigen, aber zugleich aller Erfahrung zugrunde liegenden (apriorischen) Elements gerichtete Untersuchung nennt K. transzendental, und insofern seine Kritik sich mit solcher beschäftigt, nennt er sie auch Transzendentalphilosophie oder transzendentalen Idealismus. Da dies apriorische Element von aller Erfahrung unabhängig ist, so wird es von dem erfahrenden Subjekt (und zwar von jedem Individuum der Menschheit auf gleiche Weise) zu dem von den äußern Eindrücken abhängigen Element der Erfahrung hinzugebracht, so daß jenes den sich gleichbleibenden, dieses dagegen den veränderlichen Faktor der Erfahrung ausmacht, die dann das Produkt beider ist. Jenen, den apriorischen Faktor, nennt K. die Form, diesen, den aposteriorischen Faktor, der einem uns nur durch seine in uns hervorgebrachten Wirkungen, die Sinnesempfindungen, bekannt werdenden,

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