Halt. Michael Donkor

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Halt - Michael Donkor

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warten und spielen. Jetzt haben wir keine Zeit mehr für deine Tagträumereien.«

      Von einer hochgewachsenen Frau mit Klemmbrett angeführt, marschierte eine lockere Reihe lärmender Schulkinder an ihnen vorbei, paarweise, in makellosem Blau-Weiß und mit Sonnenhüten aus Stroh – nicht das übliche Braun-Gelb, das die meisten Schulkinder trugen und auf das Belinda in Adurubaa selbst so stolz gewesen war. Blau und Weiß wies auf eine teure Schule hin. Die reinlichen Gesichter und sauberen Füße in den farblich abgestimmten blauen Sandalen bestätigten ihre Vermutung. Belinda beobachtete, wie Mary zur Seite humpelte, um ihnen Platz zu machen. Dann blickte die krumme Gestalt gedankenverloren zum Himmel auf, zu den spektakulären Schwalben im Sturzflug.

       3

      Abends, als sie wieder bei Aunty und Uncle waren und Belinda den Hahn kräftig aufdrehte, staunte sie wieder über die Reinheit des Wassers, das sich so stark vom sandigen Getröpfel aus der dörflichen Gemeinschaftspumpe unterschied. Sie nahm ihre asanka aus Terrakotta, deren aufwendiges Muster aus ineinander verschlungenen Rauten zum Dekor der eleganten grauen Küchenfliesen passte, und hielt die Mörserschale unter den Wasserstrahl, kippte sie so, dass flache Wellen über die Rillen schwappten.

      Als sie auf der Heimfahrt vom Zoo im Tro-tro saßen, hatte Belinda sich nach Kräften bemüht, Marys mürrisches Schweigen zu genießen. Ihr Verstummen hätte eigentlich beiden Gelegenheit geben müssen, sich zu beruhigen, während sie durch Bekwai und Melcom fuhren, Belinda hätte die Muße gehabt zu begreifen, dass ihr nichts Bedrohliches mehr bevorstand. Sie hatte Mary gesagt, dass sie gehen würde, das Schlimmste war also vorbei. Marys Schweigen war jedoch alles andere als beruhigend gewesen. Ihre Augen waren zu Schlitzen verengt, der Kiefer verkrampft, der Mund verzerrt.

      Als sie wieder in Daban waren und in ihren vertrauten Alltag eintauchten, wirkte Mary eine Spur weniger unnahbar. In ihrem Zimmer packte sie die Tüten aus und stellte alles, was sie gekauft hatten, in Reihen auf ihrem Nachtschränkchen auf. Belinda zählte auf, was alles zu tun war, um das Abendessen zuzubereiten, Mary hörte zu und bestätigte jede Anweisung. Sie schlüpften beide aus ihren Kleidern und legten gleichzeitig ihre Uniform an.

      Belinda spülte die asanka aus, Mary scheuerte Pfannen und Töpfe an der Kochinsel und der Abfluss gluckerte, als ein Schrei diese Rhythmen unterbrach. Darauf folgte noch ein Schrei, und Belinda spähte durch die Jalousie. Uncle stand am Pool, im flammenden Licht des Sonnenuntergangs, und warf mit einem Tilapia nach Aunty. Sie schrie und drückte sich etwas an die Brust. Uncle schüttelte den Kopf, strich sich über den kahlen Schädel und warf einen Fisch auf den Grill, dann gab er Aunty so lange Zeichen, bis sie das, was sie festhielt, herausrückte. Die Stimme, die kurz danach aus den Lautsprechern ertönte, erkannte Belinda als die von Sarah Vaughan, weil Aunty und Uncle diese CD so oft abspielten. Die Stimme breitete sich aus, glitt weg, breitete sich noch weiter aus.

      »Aba! Immer machen sie diesen Krach, wenn wir uns konzentrieren müssen.« Mary hieb mit der Faust auf die Arbeitsplatte. »Wissen sie denn nicht, dass wir gern unsere Ruhe haben, wenn wir ihnen eto machen?«

      Seit ihrer Ankunft in Daban hatte Uncle Belinda oft gesagt, dass er aus seinem Ruhestand das Beste machen wollte, und dabei so volltönend gelacht, wie er nur konnte. »Das Beste« bedeutete anscheinend essen, dem Trompetenmann Miles Davis oder der Singlady Sarah Vaughan lauschen, tagsüber schlafen, trinken und Schabernack treiben wie eben mit dem Fisch. Mary scheuerte weiter, Uncle nötigte die widerstrebende Aunty, mit ihm zu tanzen, und Belinda fiel es wieder einmal schwer sich vorzustellen, dass dieser Mann in London mit solch riesigen Summen hantiert haben sollte, wie es immer hieß. Bestimmt hatte er sich inzwischen stark verändert. Während sie die dicke grüne Schale von vier Kochbananen abzog, überlegte sie, ob sie sich im Lauf ihres Lebens wohl auch so stark verändern könnte. Sie warf die Schalen in den Müll und schloss aus einem Impuls heraus die Jalousie. Die blassen Kochbananen bettete sie Seite an Seite auf das Schneidebrett, wie müde Säuglinge, und zerteilte sie schnell.

      »Setz schon mal das Wasser auf, me pa wo kyew

      »Mach ich, Belinda.«

      Belinda wandte sich den Scotch Bonnets zu, schabte mit ihrem Messer die Körner aus den Chilischoten, aber nicht alle, um den feurigen Geschmack zu erhalten, den Aunty und Uncle mochten. Sie hörte zu ihrer Freude, wie Mary vor Anstrengung ächzte, als sie den schweren Topf zum Herd trug, hörte den Kessel klicken, das Scheppern, als die Kleine den Topf auf das Kochfeld stellte, das Zischen, als sie das Streichholz entzündete, das Murmeln von kochendem Wasser und Salz, das Ploppen, als sie die Eier hineingab.

      »Gib mir jetzt bitte die Kochbananen, Belinda.«

      Belinda nickte und reichte ihr das Gewünschte. Sie sah zu, wie Mary die Scheiben ins Wasser gab.

      »Kennst du die Geschichte?«, fragte Belinda und riss zwei Zwiebeln die Wurzeln ab.

      »Wo se sɛn

      »Wofür dieses eto steht.«

      »Erzähl’s mir.«

      »Es geht vor allem um das Ei. Das ist das Wesentliche.«

      »Warum?« Mary stellte sich auf die Zehenspitzen, um an das Regal mit den Würzmitteln und großen Flaschen heranzukommen. Sie schnappte sich das tiefrote Palmöl und stellte es beiseite.

      »Am Hochzeitstag wird dieses Gericht der Braut serviert, morgens vielleicht, das weiß ich nicht so genau. Und man serviert es ihr so, wie wir es Uncle und Aunty servieren. Ganz zum Schluss, wenn alles zubereitet ist – die Mischung aus zerstampften Kochbananen, gebratenen Zwiebeln, Nüssen und so weiter –, kommt ein gekochtes Ei obendrauf. Und dann beobachten die Ältesten und alle anderen die Braut. Weil sie das ganze Ei auf einmal hinunterschlucken muss. Ohne zu beißen oder zu kauen. Das Ei als Ganzes.«

      »Adɛn?«

      »Die Regel der Ältesten besagt: Wenn du das Ei als Ganzes zu dir nimmst, wirst du viele, viele Kinder bekommen. Aber wenn du auch nur das allerkleinste Stück abbeißt, ist es so, als würdest du von deinem ungeborenen Kind etwas abbeißen, und danach wirst du kein einziges Kind bekommen, niemals. Sagen die Ältesten.«

      »Sa

      »Aane. Das haben sie von jeher gesagt. Und jetzt holst du bitte die gerösteten Erdnüsse.«

      Mary bückte sich zum Ofen, wedelte die Hitze weg und zog das Blech heraus. Die Erdnüsse knisterten auf der Alufolie. Belinda hackte die Zwiebeln klein und wischte sich mit der Handkante heiße Tränen ab.

      »Über das, was du gerade erzählt hast, hätte ich einiges zu sagen, Miss Belinda.«

      »Klar. Das würde ich gern hören.«

      »Danke sehr. Zunächst mal glaube ich nicht, dass die Geschichte stimmt. Ein gekochtes Ei soll aussagen, wie viele Babys es später gibt? Nein, das finde ich unwahrscheinlich. Außerdem ist das doch grausam für eine junge Dame an ihrem Hochzeitstag, wenn sie sowieso schon mit den Nerven am Ende ist und vor allem Möglichen Angst hast. Adjei! Wozu von einer jungen Frau verlangen, dass sie vor den Augen ihres Publikums würgt und sich dann deswegen schämt? Und was, wenn sie so sehr würgen muss, dass ihr das Ei wieder hochkommt und sich auf ihrem prächtigen Kleid verteilt? Stell dir das mal vor. Wo habe ich das Salz hingetan?«

      »Dein Hirn ist ein Sieb. Dort steht es. Dort, neben der Pfanne.«

      »Du hast recht. Hier steht es. Und so ist es immer: Belinda weiß Bescheid;

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