Elfenzeit 5: Trugwandel. Uschi Zietsch

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Elfenzeit 5: Trugwandel - Uschi Zietsch Elfenzeit

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dass Ainfar fortan unbehelligt blieb. Immer noch gab es Hoffnung. Und genau deswegen würde er weiterkämpfen.

      Unbehelligt erreichte Ainfar das Schlafgemach der Königin, und wehmütige Erinnerung regte sich in ihm. Einmal nur wieder bei ihr sein … ihre Hand auf sich fühlen … ihren Duft einatmen …

      Aber nein, er hatte jetzt Eledula. Sie war die passende Gefährtin, Verwandte noch dazu. Beim Baum konnten sie sich ein neues Leben aufbauen, wenn das hier vorüber war. Wer wusste schon, vielleicht würden sie sogar eine Familie gründen, bevor alles endete, und ein Vermächtnis hinterlassen. Es wurde Zeit, an den Frieden und eine neue Zukunft zu denken.

      Ach, verdammt. Ainfar hatte sich zu sehr von seinen Gedanken ablenken lassen, daher traf es ihn unvorbereitet und wie ein Schock.

      Vor dem Bett lag Melemida, nicht mehr als eine ausgetrocknete Hülle, völlig leer, zusammengesunken, die Borke zusammengeschnurrt und rissig. Kein Blatt war mehr an ihr, viele zarte Zweige gebrochen.

      Vor der offenen Tür zum verbotenen Raum stand der Getreue, mit dem Rücken zu Ainfar. Seine breiten Schultern verdeckten die Sicht auf das Zimmer dahinter, nur der eine oder andere Lichtstrahl konnte sich an ihm vorbeistehlen.

      »Was ist geschehen?«, rief Ainfar betroffen und in aufkeimendem Zorn. Dieses Ende hatte die Dryade nicht verdient, die stets so treu und liebevoll für ihre Königin gesorgt hatte!

      »Ich weiß, die Königin wird zornig sein«, erklang die tiefe, leicht abwesende Stimme des Getreuen. »Doch ich hatte keine Wahl, ich brauchte ihre Lebenskraft.« Er wandte sich Ainfar halb zu, und weitere Lichtstrahlen schossen an ihm vorbei ins Gemach, stachen dem Tiermann in die empfindlichen Augen. Das Portal, dachte er.

      »Schicke mir noch ein Dutzend Diener, die leicht entbehrlich sind«, befahl er. »Ich brauche mehr. Erst dann habe ich genug Kraft, um den Weg zu öffnen.«

      »Ich soll Euch Elfen schicken, damit Ihr sie tötet?«, stieß Ainfar empört hervor.

      »Es ist notwendig, denn wenn ich nicht mehr bestehe, bleibt deine Königin für immer verloren. Ist das dein Ziel?« Eiskalt glitzernde Augen richteten sich auf den Tiermann.

      Ainfar erschauerte bis ins Mark. »Nein«, sagte er leise. Weil Gwynbaen immer noch in Bandorchu existiert, und sie vertraut mir, dass ich sie befreie! Wir haben einen Pakt …

      »Dann tu, was ich dir befehle.«

      »Ich … kann das nicht.«

      »Ein Elf mit Skrupeln.« Die Stimme des Getreuen klang amüsiert. »So tief ist das Volk inzwischen gesunken.«

      »Dieses Land hier ist der Boden des Abgrunds, tiefer geht es nicht mehr«, erwiderte Ainfar mit bebender Stimme. »Ich mag verurteilt und verbannt sein, aber ich habe meine Ehre nicht aufgegeben!«

      »Das ist mein Vorteil euch gegenüber, ich habe gar keine Ehre.« Der Getreue schwieg kurz, senkte leicht den Kopf, um nachzudenken. »Also gut«, sagte er dann. »Gib einer Zofe den Befehl, Dienerschaft herzuschicken, die saubermachen soll. Dann hat keiner von euch die Wahl getroffen. Kannst du damit leben?«

      »Ich muss es wohl.«

      »Gewiss. Sonst ist es damit nämlich vorbei, mein Freund. Wir verstehen uns?«

      Ainfar schluckte. »Ja, Herr.« Er wandte sich zum Gehen, doch der Getreue hob die Hand.

      »Ich war noch nicht zu Ende. Sobald ich mich ausreichend gestärkt habe, werde ich in die Menschenwelt zurückkehren und alles vorbereiten, einen neuen Ausgang zu schaffen, durch den ihr dann gehen werdet, sobald ich euch rufe. Halte deine Soldaten ständig auf Abruf bereit. Wie viele hast du?«

      »Derzeit fünfzig, Gebieter.«

      »Die genügen vorerst. Aber weitere sollen in Bereitschaft bleiben, es kann unter Umständen schnell gehen.«

      Erregung stieg in Ainfar auf. »Dann … werden wir das Schattenland bald verlassen?«

      Der Getreue nickte. »Sehr bald.«

      »Und … wohin werden wir gehen?«

      »Nach Irland«, lautete die Antwort. »Ich werde das Zeitgrab in Newgrange öffnen, um von dort aus die in der Zeit verschollene Königin zurück zu holen.«

      Ainfar verschlug es für einen Moment die Sprache. Aber dann begriff er die Zusammenhänge, die Rätsel klärten sich. »Verstehe. Ich werde alles vorbereiten.« Selbstverständlich musste die Königin in diese Zeit zurückgeholt werden! Nicht auszudenken, wenn sie in der Vergangenheit blieb … alles würde sich verändern, der Krieg um Crain völlig anders verlaufen … das wäre eine Katastrophe! Damit war er ausnahmsweise einmal einer Meinung mit dem Verhüllten. Manchmal musste man sich mit dem Feind verbünden oder ihn zumindest unterstützen, um noch Schlimmeres zu verhindern.

      Vielleicht war dies dann endlich die Gelegenheit, eine Nachricht an Regiatus abzusetzen – auch wenn Ainfar immer noch keine Ahnung hatte, was er dazu benutzen sollte.

      Ainfar, noch halbwegs unter Schock über Melemidas Tod stehend, kehrte in den Thronsaal zurück und gab die Befehle des Getreuen weiter. Eine Zofe – nicht Eledula – erhielt den Auftrag, mindestens ein Dutzend Diener zu Bandorchus Gemach zu schicken. Alles Weitere verdrängte der Tiermann, er konnte sowieso nichts dagegen machen. Der Tod des Getreuen wäre angesichts der derzeitigen Situation kaum dienlich, und auch Ainfar hatte noch einiges zu erledigen, bevor er nach Annuyn gehen musste.

      Anschließend suchte er fünfzig Soldaten aus und postierte sie beim Thron, fünfzig weitere hielt er in Bereitschaft. Die übrigen, die noch kämpfen konnten, verdienten die Bezeichnung »Soldat« nicht und sollten erst nachfolgen, wenn es soweit war.

      Aufbruchstimmung machte sich breit. Ainfar fragte sich, wie die Verbannten sich ihr künftiges Leben denn vorstellten? Einen fortdauernden Krieg, bis sie alt wurden und starben? Aber vermutlich war ihnen im Moment alles egal, Hauptsache, sie entkamen endlich der Verbannung. Er konnte es ihnen nicht verdenken. Schließlich konnte er selbst es kaum mehr erwarten, das Schattenland zu verlassen.

      Aber nun hieß es warten. Der Getreue hatte sich nicht geäußert, wie schnell und vor allem auf welche Weise er den Weg in die Freiheit ermöglichen würde, und wie sie es erfahren sollten. Da die Reise so kurz bevorstand, wurde der Tiermann ungeduldig. Vor allem aus Sorge, dass im letzten Moment noch etwas schiefging und er hier gefangen bliebe.

      Ainfar tigerte nervös auf und ab, kurz davor, sich zu verwandeln. Die anderen Elfen waren ebenfalls unruhig, bezähmten sich aber. Sie waren längst daran gewöhnt, auszuharren und nicht zu sehr aufzufallen. Kurz kreuzten sich Ainfars Blicke mit Eledulas, die zusammen mit den anderen Zofen in einer Nische mit bequemen Sitzgelegenheiten wartete. Der Tiermann nickte der Antilopenfrau kurz zu, dann drehte er sich um, verschwand durch die schweren Vorhänge und betrat den Gang hinter dem Thron.

      Es war geisterhaft still. Kein Geräusch, niemand zu sehen. Ainfar ging gelassen weiter. Er hoffte, dass der Getreue sein grausiges Werk inzwischen vollendet hatte und es endlich vorwärts ging. Viel Zeit blieb dem Tiermann nicht mehr, um Regiatus vorzuwarnen.

      Als er am Treppenabgang vorbeikam, hörte er leisen Gesang von weit unten heraufschallen. Ainfar wusste wie jeder Elf, hier ging es zu den Kerkern hinunter. Normalerweise ging man an dieser Treppe sehr schnell vorbei und achtete möglichst auf nichts. Doch dieser Stimme konnte er sich nicht verschließen. Dafür kannte er sie viel zu gut.

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