Klein-Doritt. Charles Dickens

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Klein-Doritt - Charles Dickens

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zu Zeit: »Holla, Mann!« zur Seitentür hinausrief.

      Der Gatte antwortete endlich: »Meinst du mich, Frau?« und erschien in seiner Kochmütze. Er leuchtete dem Reisenden eine steile und schmale Treppe hinauf; der Fremde trug seinen Mantel und seinen Ranzen selbst und wünschte der Wirtin mit einer höflichen Anspielung auf das Vergnügen, sie morgen wiederzusehen, gute Nacht. Es war ein großes Zimmer, mit einem rauhen, splitterigen Boden, ungetünchtem Sparrenwerk an der Decke und zwei Betten an den entgegengesetzten Wänden. Hier stellte der Wirt das Licht, das er trug, nieder, und mit einem Seitenblick auf seinen über den Ranzen Gebeugten gab er ihm die Weisung: »Das Bett rechts!« und verließ ihn. Der Wirt, war er nun ein guter oder schlechter Menschenkenner, war fest überzeugt, daß der Gast ein schlimmer Bursche sei.

      Der Gast sah verächtlich auf das reinliche, aber grobe Bett, das für ihn zugerichtet war, und sich auf den Rohrstuhl neben dem Bett niederlassend, nahm er sein Geld aus der Tasche und zählte es auf seine Hand. »Man muß doch essen«, murmelte er vor sich hin, »aber beim Himmel, morgen muß ich auf Kosten eines andern speisen!«

      Als er so überlegend dasaß und mechanisch sein Geld in seiner Hand wog, schlug der tiefe Atem des Reisenden im andern Bett so gleichmäßig an sein Ohr, daß er unwillkürlich seine Augen nach dieser Richtung hinlenkte. Der Mann war warm zugedeckt und hatte den weißen Vorhang vor seinem Kopf zugezogen, so daß man ihn nur hören und nicht sehen konnte. Da das tiefe gleichmäßige Atmen ruhig fortging, während der andre seine zerrissenen Schuhe und Gamaschen auszog, und immer noch fortdauerte, als er seinen Rock und seine Halsbinde abgelegt, wurde endlich seine Neugierde heftig erregt, und er fühlte sich bewogen, des Schläfers Gesicht zu betrachten.

      Der Reisende schlich sich deshalb etwas näher und noch ein wenig näher und noch ein wenig näher zu dem Bett des Schlafenden, bis er dicht vor ihm stand. Auch dann konnte er sein Gesicht noch nicht sehen, denn jener hatte das Bettuch darüber gezogen. Da das gleichmäßige Atmen noch fortdauerte, legte er seine weiche weiße Hand (sie machte einen ungemein verräterischen Eindruck, als er sie langsam erhob) an das Leintuch und zog es leicht weg.

      »Tod und Teufel!« murmelte er und ließ das Leintuch fallen, »das ist Cavaletto!«

      Der kleine Italiener, der schon zuvor vielleicht durch das Heranschleichen eines Mannes an sein Bett im Schlaf gestört worden, hielt plötzlich mit seinem regelmäßigen Atemholen inne und öffnete mit einem langen, tiefen Atemzug die Augen. Anfangs waren sie nicht wach, wenn auch offen. Er sah einige Sekunden seinem ehemaligen Mitgefangenen ruhig ins Gesicht und sprang dann plötzlich mit einem Schrei der Überraschung und des Schreckens aus dem Bette.

      »St! Was gibt's! Seid ruhig! Ich bin's. Ihr kennt mich?« rief der andere mit gedämpfter Stimme.

      Aber Johann Baptist, der die Augen weit aufriß, zu allen Heiligen rief, sich zitternd in eine Ecke zurückzog, in seine Hosen fuhr und seinen Rock mit den beiden Ärmeln um den Hals knüpfte, gab den unverkennbaren Wunsch zu erkennen, daß er weit lieber durch die Tür entwischen, als die Bekanntschaft erneuern wollte. Sein ehemaliger Mitgefangener sprang jedoch, als er dies sah, auf die Tür zu und stemmte seine Schultern dagegen.

      »Cavaletto! Erwacht, Junge! Reibt Euch die Augen aus und seht mich an. Nicht den Namen, den Ihr ehmals gebrauchtet – nennt mich nicht so –, sondern Lagnier, heißt mich Lagnier.«

      Johann Baptist, der seine Augen soweit als möglich aufriß, machte mehrmals jene nationale Geste des verkehrten Schüttelns des rechten Zeigefingers in der Luft, als wollte er im voraus alles von sich abweisen, was der andre sein ganzes Leben lang noch vorbringen könnte.

      »Cavaletto! Gebt mir Eure Hand. Ihr kennt Lagnier, den Kavalier. Gebt einem Kavalier die Hand!«

      Johann Baptist, der sich unter den alten Ton herablassender Autorität beugte und noch nicht ganz fest auf seinen Beinen stand, trat näher und legte seine Hand in die seines Gönners. Monsieur Lagnier lächelte: er drückte die Hand des Mitgefangenen, warf sie dann hoch und ließ sie los.

      »So sind Sie also –« stotterte Cavaletto.

      »Nicht rasiert? Nein. Seht!« rief Lagnier und drehte den Kopf nach allen Seiten. »So fest wie der Eure.«

      Johann Baptist sah sich mit einem leichten Schauer im Zimmer um, als wollte er sich besinnen, wo er sei. Sein Gönner ergriff diese Gelegenheit, um den Schlüssel in der Tür umzudrehen, und setzte sich dann auf sein Bett.

      »Seht«, sagte er und hielt seine Schuhe und Gamaschen in die Höhe. »Das ist doch ein armseliger Staat für einen Kavalier, das müßt Ihr zugestehen. Tut nichts. Ihr werdet sehen, wie bald das geflickt ist. Kommt, setzt Euch nieder. Nehmt Euren alten Platz wieder ein.«

      Johann Baptist, der nichts weniger als beruhigt schien, setzte sich auf den Boden neben dem Bett und hielt die Augen während der ganzen Zeit auf seinen Gönner gerichtet.

      »So ist's recht!« rief Lagnier. »Jetzt könnten wir wieder in dem alten höllischen Loche sein, hm? Wie lange seid Ihr schon heraus?«

      »Zwei Tage nach Ihnen, Herr.«

      »Wie kommt Ihr hierher?«

      »Ich wurde gewarnt, nicht in Marseille zu bleiben; deshalb verließ ich die Stadt unverweilt, und seit der Zeit treibe ich mich umher. Ich war in allen Winkeln und Ecken, in Avignon, Pont Esprit, Lyon; auf der Rhone und Saone.« Während er sprach, zeichnete er mit seiner sonnverbrannten Hand die Orte auf den Boden.

      »Und wohin wollt Ihr gehen?«

      »Gehen, mein Herr?«

      Johann Baptist schien dieser Antwort ausweichen zu wollen, aber nicht zu wissen, wie. »Beim Bacchus!« sagte er endlich, als ob er zum Geständnis gezwungen würde, »ich hatte schon den Gedanken, nach Paris und vielleicht nach England zu gehen.«

      »Cavaletto. Im Vertrauen, ich habe auch die Absicht, nach Paris und vielleicht nach England zu gehen. Wir wollen zusammen gehen.«

      Der kleine Mann nickte mit dem Kopfe und zeigte die Zähne, schien aber doch nicht ganz überzeugt, daß das ein ausnehmend wünschenswertes Arrangement sei.

      »Wir gehen zusammen«, wiederholte Lagnier. »Ihr werdet sehen, wie bald ich's dahin gebracht, daß man mich als Kavalier anerkennt, und Ihr sollt davon Euren Nutzen haben. Ist die Sache angenommen? Sind wir eins?«

      »O, gewiß, gewiß!« sagte der kleine Mann.

      »Dann sollt Ihr auch wissen, ehe ich mich schlafen lege – und zwar in sechs Worten, denn ich bedarf des Schlafes –, wie ich so plötzlich vor Euch erscheine, ich, Lagnier. Merkt Euch das, nicht der andre.«

      »Altro! Altro! Nicht Ri–" Ehe Johann Baptist das Wort ausgesprochen, hatte sein Kamerad ihm die Hand unter das Kinn gesetzt und den Mund heftig zugestoßen.

      »Tod und Teufel! Was macht Ihr? Wollt Ihr, daß ich zertreten und gesteinigt werde? Wollt Ihr zertreten und gesteinigt werden? Ihr würdet's ganz sicher. Ihr dürft nicht glauben, daß sie nur mich fassen und meinen Mitgefangenen laufen lassen würden. Glaubt das ja nicht.«

      Als er die Kinnlade seines Freundes losließ, lag in seinem Gesicht ein Ausdruck, aus dem der Freund schloß, daß, wenn es wirklich im Verlauf der Dinge zu einem Steinigen und Zertreten käme, Monsieur Lagnier ihn so deutlich bezeichnen würde, daß er sicher seinen Teil davon abkriegte. Er erinnerte sich, was für ein weltgewandter Herr Monsieur Lagnier war, und wie wenig Umstände er machte.

      »Ich bin

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