Alltagsrassismus. Wolfgang Benz

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Alltagsrassismus - Wolfgang Benz Politisches Fachbuch

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man kriminell, Volksverhetzung, Beleidigung, Rassismus ist nicht Politik sondern von Demagogen gesteuerte Pöbelei.

      Was also ist Populismus und wo geht er in politischen Extremismus über? Angesichts der nationalromantischen und xenophoben Tiraden der Demagogen von Pegida und AfD, angesichts der Bereitschaft im Publikum, den Parolen zu folgen und irrationales Wutmenschentum auszuleben, ist die Frage nach der Gefahr des Rechtspopulismus für die Demokratie leicht zu beantworten. Das gab es auch schon einmal, Chauvinisten im Gehrock und Antisemiten mit guten Manieren. Sie bildeten die Deutschnationale Volkspartei des Geheimrats Hugenberg und richteten die Weimarer Republik zugrunde. Man war bürgerlich und nationalkonservativ, berauschte sich an nationalen Phrasen (die immer fremdenfeindlich sind) und verhalf Hitlers NSDAP in den Sattel.

      Gegen irrationale Demagogen hilft nur Vernunft. Notwendig ist Aufklärung mit dem Ziel, Einsicht in schwierige Zusammenhänge zu gewinnen, um rational mit Problemen umzugehen, auf Vernunft und Logik gegründete Politik zu treiben und zu verstehen. Das ist immerwährendes Gebot des Zusammenlebens. Aufklärung ist eine Haltung, kein schnell wirkendes Wundermittel. Gegen den Krakeel Ratloser, Verführter, habituell Unzufriedener, die sich von Populisten gängeln lassen, hilft keine einmalige Anstrengung, kein „Aufstand der Anständigen“, kein Ruck, keine Aufwallung, sondern nur stetige und alltägliche Aufklärung als demokratisches Prinzip. Das ist mühsam, aber erfolgreich, wie die bisherige deutsche Geschichte nach Hitler lehrt. Vernunft muss allerdings jeden Tag aufs Neue durchgesetzt werden.

      Deutschland ist de facto seit 1945 ein Einwanderungsland, das als Territorium unter alliierter Besatzung in den vier Zonen, die von den USA, Großbritannien, der Sowjetunion und Frankreich regiert und verwaltet wurden, etwa zwölf Millionen Heimatvertriebene und Flüchtlinge aus den verlorenen Ostgebieten aufnehmen musste. Auf Beschluss der Alliierten mussten die unfreiwilligen Zuwanderer aus Ostpreußen, Schlesien, Pommern sowie anderen ehemals deutschen Gebieten östlich der Oder und Neiße, aus der Tschechoslowakei, Ungarn und weiteren Territorien, in denen ihre Vorfahren als „Volksdeutsche“ seit Jahrhunderten gelebt hatten, in die deutsche Nachkriegsgesellschaft eingegliedert werden. Dieser Integrationsprozess gelang trotz erheblicher kulturell und emotional bedingter Reibungen zwischen Eingesessenen und Ankommenden in erstaunlich kurzer Zeit innerhalb von zehn bis fünfzehn Jahren. Die ankommenden Flüchtlinge und Heimatvertriebene galten nicht als Immigranten. Sie waren zwar Deutsche, wurden aber als unerwünschte Fremde wahrgenommen. Druck der Besatzungsmächte, nicht Solidarität mit den Opfern des Hitlerkrieges, war der Motor der Integration.

      Zuwanderer in der Größenordnung von ca. zwei Millionen Menschen waren die Russlanddeutschen, die seit den 1990er Jahren als „Spätaussiedler“ aus der Sowjetunion aufgrund ihrer Abstammung in der Bundesrepublik Aufnahme fanden, ebenso wie Juden aus der Sowjetunion aufgrund eines der letzten Gesetze der Volkskammer der DDR, die 1990 als Geste der Wiedergutmachung eingeladen waren, nach Deutschland zu kommen. Jüdische Kontingentflüchtlinge wanderten daraufhin von 1991 bis 2004 in das vereinigte Deutschland ein.

      In dieser Situation, in der politische Konzepte und Perspektiven angesichts tatsächlicher Einwanderung fehlten, Parolen wie „das Boot ist voll“ oder der traditionelle rechte Schlachtruf, Deutschland sei kein Einwanderungsland, die Angst vieler Bürger vor „Überfremdung“ angesichts tatsächlicher sozialer Probleme, vor allem aber Gefühle der Unsicherheit steigerten, und verbreitetes – von Demagogen geschürtes – Unbehagen nach dem Terroranschlag des 11. September 2011 in den USA herrschte, das von interessierter Seite als bedrohliches Szenario beschworen wurde, ergab sich 2014 die humanitäre Notwendigkeit, einer Million Menschen, vor allem Bürgerkriegsflüchtlingen aus Syrien, die deutschen Grenzen zu öffnen. Das Vertrauen der deutschen Kanzlerin auf die solidarische Mitwirkung der europäischen Nationen bei der Lösung des Problems – das die über das Mittelmeer drängenden Flüchtlinge aus Afrika steigerten – wurde getäuscht. Die Notwendigkeit der Integration der Immigranten wurde umso dramatischer deutlich, als gleichzeitig reaktionäre Kräfte mit der ausländerfeindlichen Bewegung „Alternative für Deutschland“ sensationell erfolgreich waren.

      Integration bedeutet generell die Eingliederung von Zuwanderern in die Gesellschaft des Aufnahmelandes, d.h. Spracherwerb, Akzeptanz der Kultur, soziale und politische Partizipation, Teilhabe am Bildungssystem und Zugang zum Arbeitsmarkt. Sozialwissenschaftler unterscheiden vier Dimensionen der Integration: erstens die Kulturation im Sinne von Sprach- und Wissenserwerb, zweitens die Platzierung in der Aufnahmegesellschaft im Bildungssystem und auf dem Arbeitsmarkt, drittens die Interaktion, d.h. die Teilnahme am sozialen Leben im Alltag und viertens die Identifikation als Gefühl der Zugehörigkeit als Individuum zur Aufnahmegesellschaft.

      Ziel und Erfolg

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