Supermineral Silizium. Marcus Bennettberg DC

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Supermineral Silizium - Marcus Bennettberg DC

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Mega-Risiken durch Mikroplastik und Weichmacher

      Plastik wurde zu einem der hässlichsten Begriffe, nachdem Kunststoff 100 Jahre lang einen Siegeszug erlebt hat, nicht weil dieser Werkstoff billiger, sondern für viele Aufgaben der besser geeignete ist. Ein Auto ohne chemisch hergestellte Materialien wäre um ein Fünftel schwerer. Der Treibstoffverbrauch wäre höher. 20 Prozent der Kunststoffproduktion verarbeitet das Baugewerbe. Wärmedämmung mit Hilfe von Plastikelementen reduziert gewaltig den Energieeinsatz in Gebäuden. Rohrleitungen aus Kunststoff sind dichter und halten länger. Ein Drittel des gesamten Plastiks wird für Verpackungen eingesetzt. Die geruchsneutrale und fettdichte Klarsichtfolie und weitere Materialien haben den Verderb von Nahrung deutlich reduziert. Wesentlich längere Haltbarkeit bedeutet, dass weniger Esswaren entsorgt werden müssen. Das spart auch am Ressourcenverbrauch. Ware in Kunststoff ist leichter. Glasflaschen schneiden erst besser ab, wenn sie öfter als sechs Mal wiederverwendet werden und dabei weniger als 200 Kilometer transportiert werden.

      Heute reden wir nur noch über Plastik als Fluch. Zu Recht. Zum Beispiel, weil weltweit in jeder Minute fast zehn Millionen Plastiktüten verwendet und irgendwann ausgemustert werden. Manche sind nur 20 Minuten im Gebrauch und widersetzen sich 450 Jahre ihrer Auflösung.

      Bei der Herstellung von Kunststoffen wird durch die Wiederholung einzelner chemischer Moleküle Material erzeugt, das erst durch das Hinzufügen von Zusätzen zu brauchbarem Plastik wird: flexibel, unzerbrechlich, weich, beständig gegen die hohe Hitze bei der Herstellung. Sie heißen Weichmacher. Einige dieser Chemikalien verschmelzen fest mit den Plastikmolekülen. Andere werden nicht in das Produkt eingebaut, sondern lediglich aufgetragen und mit ihm äußerlich verbunden. Bei diesen äußeren Weichmachern ist eine Abgabe an die Umgebung einfach nicht zu vermeiden.

      Ihre Sammelbezeichnung lautet Mikroplastik. Allerwinzigste Kunststoffpartikel kommen aus 1.000 Quellen. Der Abrieb von Autoreifen wird an erster Stelle genannt. Schon an dritter Stelle sind Überreste von Kunstrasenplätzen, die bis zu 100 Tonnen Einstreumaterial enthalten, von dem jährlich fünf Prozent verloren gehen. Im Abwasser von Waschmaschinen finden sich bis zu 1.900 Teilchen von synthetischen Fasern pro Waschgang. Mikroplastik aus Kunstfaserkleidung gelangt auch durch das Tragen in die Umwelt. Spuren von Outdoor-Bekleidung auch von führenden Marken sind im Eis des Fornigletschers in den Ostalpen Hauptverursacher der Verschmutzung.

      Ein kleiner Teil wird gezielt für den Gebrauch in Babywindeln, Kosmetika und Zahnpasta produziert. Die allermeisten entstehen durch den Zerfall von Kunststoffprodukten.

      Gemeinsam haben sie, dass sie schwer abbaubar sind. Selbst winzigste Partikel können Giftstoffe, sowie Schwermetalle wie Blei enthalten. Viele Chemikalien gelten als krebserregend, als hormonell aktiv oder als giftig. Entscheidend ist die reaktive Oberfläche je Menge, und sie wird größer, je stärker verkleinert wird.

      Über die Belastung der Ozeane durch Mikroplastik sind seit 2010 mehr wissenschaftliche Arbeiten erschienen als in der ganzen Zeit davor. Manches ist noch unklar, doch schlimme Fakten sind unstrittig. Plastikfragmente sind weltweit verteilt. Sie sind mit einem Cocktail gefährlicher Chemikalien verbunden. Sie stellen eine gewaltige Bedrohung der Meere und ihrer Bewohner dar. Von 557 Gattungen Meerestieren, die von uns konsumierten eingeschlossen, nehmen mindestens 203 in jeder Ebene der Nahrungskette diese Gifte auf.

      Marines Mikroplastik wurde 1972 erstmals im westlichen Nordatlantik entdeckt. Zuletzt wurde geschätzt, dass jährlich acht Millionen Tonnen Plastik in die Meere gespült werden, aber nur etwa eine Viertelmillion Tonne kann schwimmend im Meer nachgewiesen werden. Das lässt befürchten, dass unvorstellbare Mengen von Meeresbewohnern aufgenommen werden, ehe diese Plastikteilchen von tieferen Strömungen erfasst werden oder zu Boden sinken und zu Sedimenten werden. Mikroplastik wird im ewigen Eis der Pole entdeckt, wird an Küsten angeschwemmt, und synthetische Fasern fallen sogar vom Himmel.

      Viele Partikel saugen sich mit anderen Giftstoffen voll oder binden sie an ihre Oberflächen. In einem Forschungsbericht heißt es: „Ein einzelnes Pellet kann die millionenfache Dosis an Umweltgiften aufweisen als das Meereswasser, in dem es schwimmt.“ (Quelle: „Microplastic: What Are the Solutions?“ SpringerLink. 21. Juli 2017).

      In zwei dokumentierten Untersuchungen hatten Muscheln und Fische aus dem Lebensmittelhandel Mikroplastik im Blutkreislauf und in den Innereien.

      Es wurden Spuren von keineswegs unbedenklichen Polyfluoren aus Lebensmittelverpackungen und Sprays für Möbel, Kleidung, Schuhe und Textilien, von Triclosan, dem Wirkstoff in antimikrobialer flüssiger Seife und Zahnpasta, sowie flammenhemmenden Chemikalien nachgewiesen. Ebenso die Weichmacher Bisphenol A, Abkürzung BPA, und Phthalate, von denen feststeht, dass sie hormonelle Wirkungen ausüben. Diese Chemikalie wird mit frühzeitiger Pubertät, Diabetes, Übergewicht, Herzerkrankung, Lungenleiden, Nierenfunktionsstörung, Problemen der Reproduktion, vergrößerter Prostata, Fettsucht, Insulinresistenz mit nachfolgendem Diabetes, Hyperaktivität und Lernstörungen in Verbindung gebracht. Phthalate, die in Farben, Spielzeug, Kosmetika und Nahrungsmittelverpackungen verwendet werden, stören hormonelle Wirkungen in Frauen und Männern.

      Hinweise verdichten sich, dass es bei Meerestieren zu Krebserkrankungen kommt und dass die Fruchtbarkeitsrate und auch die Lebensdauer sinken.

      Versuche mit extremen Ergebnissen verbieten sich beim Menschen. Reaktionen bei Muscheln, Fischen, Wattwürmern, Ratten, Mäusen und Schnecken zeigen, dass die Aufnahme von Mikroplastik zu alarmierenden Veränderungen führt. Es treten Entzündungen auf, es kommt zu Verhaltensstörungen, es sind in Geweben Einlagerungen von Umweltgiften, die den Plastikteilchen anhaften, unvermeidlich. Eingeatmete Mikroplastikteilchen gelangen durch die Lunge in den Blutkreislauf. Sie werden in der Leber von Mäusen nachgewiesen. Durch Entzündungsreaktionen und Störungen der Nahrungsverwertung sind Testgruppen von Wasserflöhen wegen Mikroplastik innerhalb von vier Generationen ausgestorben.

      Nach einer Berechnung durch das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheit und Energietechnik wurden 2018 in Deutschland pro Person Plastikteilchen im Gewicht von vier Kilogramm in die Luft, ins Wasser und ins Erdreich freigesetzt, insgesamt 446.000 Tonnen, beinahe ein Kilogramm in jeder Sekunde.

      Im Januar 2019 drückte sich das im Bereich des Bundesministeriums für Landwirtschaft angesiedelte Bundesinstitut für Risikobewertung zum wiederholten Male um eine Einschätzung der Gefahren für Menschen und räumte nur ein, dass sich Hinweise auf Schäden bei kleineren Organismen verdichtet haben (Quelle: „Mikroplastik in Lebensmitteln: Orale Aufnahme, Toxikologie und Risikobewertung.“ Bundesinstitut für Risikobewertung, UMID 1/2019).

      Die wissenschaftliche Literatur zählt als weitere Quellen der Belastung durch Spuren von Plastik und Weichmachern auf: Kopierer und Drucker, Lackbeschichtungen, Autoreifen, Kunstrasensportplätze, Kosmetika, Sonnenschutzmittel, Brillengestell, Nahrungszusätze, Waschmittel, synthetische Bekleidung, Medikamente wie Appetitzügler und Cholesterinsenker. Auch Schuhsohlen und Fahrbahnmarkierungen leisten ihren Beitrag.

      In jüngster Vergangenheit konzentrierte sich im Zuge der Feinstaubdiskussion das Interesse auf Schwebstoffe in der Luft, die so klein sind, dass nur ein Teil von den Schleimhäuten im Nasenraum zurückgehalten werden kann. Die aktuelle Einstufung dieser gefährlichen Materie geht auf den National Air Quality Standard der amerikanischen Umweltschutzbehörde Environmental Protection Agency von 1987 zurück. Die Angst vor dem Einatmen gefährlicher Substanzen ist begründet, denn die Lunge wird nur durch die dünnste Barriere im Körper geschützt. Außer dem Mund als Anfang des Verdauungstrakts sind die Haut und sogar die Hornhaut des Auges ebenfalls Eingangspforten für Mikroplastik.

      Inzwischen muss akzeptiert werden, dass ein Kontakt mit Nahrungsmitteln, mit Wasser, mit der Atemluft und mit der Haut nicht zu vermeiden sind. Zum Beispiel wimmelte es im Thermopapier von Kassenbons, in Fahrscheinen oder Belegen für die Rückgabe von Leergut

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