Das gefallene Imperium 8: Auf Leben und Tod. Stefan Burban
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»Er ist es nicht«, beschied er.
Als hätten diese vier einfachen Worte einen Bann gebrochen, stießen die Anwesenden kollektiv die Luft aus, was ein Geräusch erzeugte, als würde jemand einen altertümlichen Blasebalg bedienen.
»Warum, glauben Sie, ist er hier?«, wollte Mason Ackland wissen.
Carlo neigte leicht den Kopf zur Seite, bevor er antwortete. »Ich denke, er kam nicht als Attentäter zu uns. Vermutlich eher als Spion. Er hat vieles von dem, was wir bereits vermuteten, aber bestätigt. Die Nefraltiri sterben – und sie sind verzweifelt. Sie suchen nach einer Möglichkeit, ihre zum Untergang verurteilte Rasse wiederzubeleben.«
»Und dazu benötigen Sie die Kammer, die die Archäologen auf der Erde ausgebuddelt haben«, vollendete René Castellano den Satz.
»In der Tat«, stimmte Carlo zu.
»Gibt es eine Möglichkeit, wie wir uns mit Ihnen verständigen können?«, wollte Flottenadmiral Corben Baker wissen. »Eine Möglichkeit, weiteres Blutvergießen zu vermeiden?«
Carlo schüttelte nachhaltig den Kopf. »Das steht außer Frage. Die Nefraltiri sehen uns nicht als jemanden gleichen Ranges an. Das Wesen in unserer Quarantänezelle deutete sogar an, dass die Nefraltiri uns im Prinzip gar nicht als vernunftbegabtes Leben wahrnehmen, sondern lediglich als Insekten, die man ohne Reue und Gefahr zertreten kann. Mit solchen Kreaturen sind Verhandlungen und die Hoffnung auf Frieden ausgeschlossen.«
»Er hat recht«, mischte sich plötzlich eine gesichtslose Stimme ein, die den ganzen Raum zu erfüllen schien. Wie aus heiterem Himmel tauchte neben Mason Ackland eine attraktive, wenn auch ernste Frau auf. Sie trug ihr Haar als Dutt und blickte streng in die Runde, die Hände hinter dem Rücken verschränkt.
Aufgrund der Art ihres Auftauchens erschraken die meisten Anwesenden, bis auf Carlo und den Präsidenten selbst. Corben Baker, René Castellano sowie Finn Delgado versuchten allerdings, es sich nicht allzu sehr anmerken zu lassen.
Ad’""bana trug immer noch die Admiralsuniform, sehr zum Missfallen Bakers, der dies allerdings unkommentiert ließ.
Mason räusperte sich. »Ad’""bana ist auf meinen Wunsch hier«, sagte er völlig ruhig und unterband damit jegliches Aufbegehren seitens seines militärischen Stabes. »Aufgrund ihrer Taten bei Umnest und Risena hat sie sich das Recht verdient, hier gehört zu werden. Außerdem verfügt sie über eine einzigartige Perspektive. Immerhin kennt sie die Nefraltiri aus persönlichem Kontakt. Das kann kein lebendes Wesen unserer Galaxis für sich in Anspruch nehmen.«
»Auch wenn das schon eine Weile her ist«, entgegnete das Schwarmschiff verschmitzt.
Carlo nickte zur Begrüßung. »Willkommen in unserer illustren Runde! Wie geht es Commodore Ward?«
Ad’""banas Miene verlor von einer Sekunde zur nächsten alle Farbe. Carlo war gelinde gesagt beeindruckt, in welchem Umfang sie bereits in der Lage war, menschliche Gefühlsregungen zu simulieren. »Sie ist genesen. Die Verletzungen bei Risena waren weniger körperlicher als vielmehr seelischer Natur. Die geistige Verbindung, die Say’""tiai uns aufzwang, hat uns beide geschockt und tief verletzt.«
Carlo nickte, auch wenn er nicht einmal die Hälfte von dem verstand, was das Hologramm des Schwarmschiffes sagte.
»Ihr müsst davon ausgehen, dass die Meister immer einen Plan in der Hinterhand haben«, fuhr Ad’""bana fort. »Dabei ist vollkommen gleichgültig, ob sie euch ernst nehmen oder nicht. Aber der Mann in eurem Gewahrsam ist sicher nicht ohne Grund hier. Sie verfolgen damit eine ganz bestimmte Absicht.«
Mason Ackland dachte kurz nach und holte etwas aus einer Schublade des Tisches hervor. Ohne eine Erklärung warf er es in die Mitte der Arbeitsfläche. Es handelte sich um einen kleinen Gesteinsbrocken.
»Unsere Einsatztruppe im Risena-System fand das hier als Flöz unterhalb der planetaren Hauptstadt«, begann er. »Andere Einheiten brachten von anderen angegriffenen Welten ähnliche Fundstücke mit.«
Ad’""banas Hologramm trat näher. Sie wirkte durch und durch wie eine reale, tatsächlich existierende Frau – bis ihr Körper auf den Tisch traf und sie einfach hindurchglitt. Der Tisch teilte ihren Körper nun auf Höhe der Hüfte in zwei Teile. Ad’""bana beugte sich herab und betrachtete den Gesteinsbrocken eingehend.
»Spuren verschiedener Aminosäuren und etwa ein Anteil Silizium pro hundert Gramm«, gab sie schließlich bekannt.
Ad’""banas Fähigkeiten beeindruckten immer wieder. Sie hatte das Gestein mithilfe ihrer Sensoren analysiert, nur indem ihr Hologramm es betrachtet hatte, und das auch noch in Rekordzeit. Ad’""bana richtete sich auf und kehrte an die Seite des Präsidenten zurück. »Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, das sind die Bausteine des Lebens – für Nefraltiri.«
Mason neigte bestätigend das Haupt. »Dieselbe Schlussfolgerung haben unsere Wissenschaftler gezogen. Auch wenn sie bedeutend länger dafür brauchten.«
»Und deren Hypothese lautet wie?«, wollte Baker wissen.
»Die Nefraltiri griffen bevorzugt Planeten an, auf denen es früher die Brutkammern ihres Volkes gab. Truppen im Feld berichteten nahezu übereinstimmend, dass die Hinradyeinheiten auf der Suche nach irgendetwas waren. Nun wissen wir, nach was. Aber zum Pech für die Nefraltiri wurden die meisten Brutkammern im Lauf der verstrichenen Zeitalter ihrer Abwesenheit zerstört. Die meisten vermutlich durch Umwelteinflüsse wie zum Beispiel tektonische Bewegungen der Planetenkruste. Da sich die Brutkammern alle unter der Erde befanden, wurden sie zerquetscht.« Mason deutete auf den Gesteinsbrocken. »Übrig blieb allein das. Blut und Gewebereste der toten Embryonen sickerten in die unteren Gesteinsschichten ein und wurden zu einem Teil des betreffenden Planeten. Unter anderen Umständen wäre das in höchstem Maße faszinierend.«
»Bis auf die Kammer, die sich auf der Erde befindet«, vollendete René Castellano die Hypothese.
Mason nickte. »So ist es. Unser Hauptaugenmerk muss nun darauf liegen, die Nefraltiri von der Erde abzulenken und auf ein Gebiet zu locken, das uns Vorteile verspricht und wo wir sie möglicherweise schlagen können.«
»Und wo sollte das sein?«, verlangte René zu erfahren. »Wie wir schmerzlich erfahren mussten, ist ihr Militär unserem deutlich überlegen.«
»Ihre Schwarmschiffe ja«, mischte Baker sich ein, »aber nicht die Hinradyschiffe. Mit denen könnten wir durchaus fertigwerden. Sie sind unseren Einheiten zwar überlegen, aber nicht derart stark, wie man es eigentlich hätte erwarten dürfen. Der Grund dafür ist mir nicht so ganz klar.«
Ad’""bana machte ein verächtliches Geräusch. »Während der Schlacht gelang es mir, den Verstand eines Hinradykommandanten mit dem meinen zu berühren. Als die Nefraltiri die Hinrady und die Jackury fanden, befanden sich die beiden Rassen in einem alles vernichtenden Krieg. Sie waren dabei, sich gegenseitig auszulöschen. Allerdings hatten sich beide Spezies kaum über den Zustand der Barbarei erhoben. Die Hinrady beherrschten zwar schon den Raumflug, aber nur in ganz rudimentärem Zustand. Die Nefraltiri machten sich beide Spezies untertan und forcierten