2 Jahre später. Regina Mars

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2 Jahre später - Regina Mars

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Arthur hätte sich fürchten müssen. Sie stiegen immer höher über die bröckeligen Steine, und die waren kaum einen halben Meter breit. Kein vertrauenerweckender Weg. Aber Kais Hand gab ihm Sicherheit.

      Als sie oben standen, wurde ihm doch ein wenig schwindlig. Von hier sieht es höher aus, dachte er, als er den braungrauen Blätterboden weit unten betrachtete. Aber sofort wurde er von Kai abgelenkt, der einen Schrei ausstieß. Wie eben, nur noch durchdringender. Arthur wäre fast abgestürzt. Er prustete los, als er kapierte, was Kai tat. Dann fiel er in das Gebrüll mit ein.

      Rings um sie stoben Vögel auf. Aus jedem Baum erhob sich ein Schwarm, bis die Luft von ihren Flügelschlägen erfüllt war. Kleine, große, dunkle, helle Federn wirbelten durch den Himmel. Arthur merkte erst, dass er lachte, als er keine Luft mehr bekam. Und immer noch fühlte er den sicheren Griff von Kais Hand. Arthur stand auf der bestimmt einsturzgefährdeten, viel zu hohen Mauer, ohne auch nur einen Funken Angst zu verspüren.

      Kai starrte ihn an.

      »Was?«, fragte Arthur. Hatte er etwas falsch gemacht?

      »Nichts.« Kai sah zu Boden. Seine Finger verkrampften sich. Sein Mund öffnete sich, aber nichts drang heraus. Der sanfte Wind, inzwischen Abendwind, spielte mit den chaotischen Haaren. Er war … schön. Doch, das war er. Arthur hätte sich ohrfeigen können für diesen Gedanken, aber es stimmte einfach.

      »Meinst du, man kann es lernen?«, fragte Arthur.

      »Was?« Kai sah ihn verwirrt an.

      »Na … küssen.« Arthurs Herzschlag drohte, seinen Brustkorb zu sprengen. Aber die Worte purzelten ihm aus dem Mund, ob er wollte oder nicht. »Meinst du, man kann das üben?«

      »Äh … bestimmt.« Kai runzelte die Stirn. »Kann man nicht alles lernen?«

      Verdammt, warum war der so schwer von Begriff?

      »Ja, also … magst du?«, fragte Arthur und hielt den Atem an. Betete zu allem, was er kannte, dass das nicht der peinlichste Moment seines Lebens werden würde.

      Kai blinzelte. Von einem Moment zum nächsten war sein Gesicht dunkelrot, bis zum Ausschnitt des fadenscheinigen Shirts. Mist, Mist, Mist, das …

      »Ja«, krächzte er. »Ja, ich … Wir können das ja mal probieren. So als Übung.«

      »Schaden kann es nicht, oder?«, murmelte Arthur, der innerlich schmolz. Kai zuckte lässig mit den Achseln und wäre fast rückwärts von der Mauer gefallen. Gut, dass sie sich immer noch an den Händen hielten.

      »Äh.« Kai machte einen Schritt auf ihn zu. Mit einem Mal waren sie sich sehr nah. »Wie …«

      Arthur küsste ihn, bevor er weiterreden konnte. Er musste. Wenn das jetzt nicht … Oh, Mann. Kais Lippen waren weich, viel weicher, als sie aussahen. Und sie schmeckten nach … Vanille? Zimt? Irgendetwas Süßes, Gutes. Etwas, das im Mund prickelte.

      Er löste sich von Kai. Wackelig sank er auf die moosbedeckten Steine. Oh Mann. So war das also. Er starrte in die dunklen Baumkronen und spürte Kais Anwesenheit neben sich. Sein erster Kuss. Mit Kai.

      Der ließ sich neben ihm nieder. Seine langen Beine baumelten über die Mauer. Er saß näher am Abgrund, als Arthur sich das je getraut hätte.

      Die Vögel beruhigten sich. Langsam verschwanden sie in den Baumwipfeln, einer nach dem anderen. Die Stille kehrte zurück. Arthurs Herz schrie weiter. Er wollte gerade fragen, als Kai es aussprach.

      »Nochmal?«

      Arthur nickte.

      Sie küssten sich auf den grün überwucherten Steinen, hoch über dem Boden. Lange. Bis die Sonne sank und Arthur zu frösteln begann. Die Schatten übernahmen den Wald und ihm wurde bewusst, dass sie eine Stunde von der Villa entfernt waren.

      Doch der Rückweg war nicht so schlimm wie befürchtet. Klar sah der düsterblaue Wald aus wie eine Szene aus einem Horrorfilm. Klar war es widerlich kühl und feucht. Aber Kais Hand lag in seiner und, na ja, sie lenkten sich ab. Mit Küssen. Immer wieder trafen ihre Lippen sich. Immer wieder hielten sie an, um es nochmal zu probieren. Jedes Mal schmeckte Kai besser.

      Als die Lichter der Villa durch die Baumstämme glühten, waren sie schon halbe Profis. Aber das hielt sie nicht davon ab, weiter zu üben, sobald Kais Vater abgefahren war. Am nächsten Morgen waren ihre Lippen fast wund.

      Frau Montag brachte das Frühstück und sah Kai dabei an, als wäre er eine eiternde Pestbeule. Er schien es kaum zu bemerken. Sobald sie wussten, dass niemand sie beobachtete, probierten sie aus, wie es sich anfühlte, nachdem sie heißen Kaffee getrunken hatten. Nachdem sie kalten Orangensaft getrunken hatten. Nach Marmelade und nach Honig und nach luftgetrockneter Salami. Ja, es waren die besten Tage, die Arthur je gekannt hatte.

      Sie endeten schnell.

      9. Kai

      Ende, las Kai und schlug das Buch zu. Er sah zu Arthur, der konzentriert in einem Notizbuch kritzelte, zwei Bücher auf den Knien balancierend, in denen er abwechselnd blätterte. Er versuchte, einen französischen Krimi ins Deutsche zu übersetzen. Er wollte Übersetzer werden, aber seine Eltern waren dagegen. Das hatte er Kai erzählt. Heimlich wünschte Kai sich, dass er es niemandem sonst erzählt hatte. Er wollte ein Geheimnis von Arthur kennen, von dem kein anderer wusste.

      Arthur bemerkte seinen Blick und lächelte. Die Schokoladenaugen wurden sanft. Er kam Kai entgegen und küsste ihn. Zart und vertraut.

      Unter ihrem Balkon rauschte die Poolpumpe. Es war der erste richtig heiße Tag und die Sonne brannte unbarmherzig auf sie herunter.

      »Meine Eltern haben gestern angerufen«, sagte Arthur, sobald der Kuss endete. »Ich habe ihnen gesagt, dass sie ruhig noch länger auf der Jacht bleiben können. Sie können mich einfach am Ende der Ferien hier abholen.«

      »Gut.« Fantastisch.

      Das bedeutete, dass Arthur mehr Zeit mit ihm verbringen wollte, richtig? Bestimmt. Das musste es. Kai hätte ihn wirklich gern danach gefragt, aber er traute sich nicht. Er traute sich eine ganze Menge nicht. Eigentlich hätte er gern mal etwas ausprobiert, das über Küssen hinausging. Küssen mit Umarmen zum Beispiel. Doch wie sollte er das erklären? Galt das noch als Übung oder würde Arthur dann etwas merken? Sie sprachen noch von Mädchen, ab und zu. Log Arthur genauso wie er? Meinte er es ernst?

      »Willst du jetzt schwimmen gehen?«, fragte Kai vorsichtig, aber sofort schüttelte Arthur den Kopf. Wie immer. Dabei wäre das perfekt gewesen, um … etwas mehr zu probieren. Kais Finger trommelten auf den Boden. »Warum nicht? Es ist heiß. Abartig heiß.«

      »Will halt nicht«, murmelte Arthur. Seine Lippen, sonst so voll, waren ein weißer Strich.

      »Hast du eine furchtbare Narbe?«, fragte Kai und legte den Kopf schief. »Oder ist es, weil du ein Moppel bist?«

      »Hey.« Arthur schaute traurig und Kai hätte sich selbst ins Gesicht treten können.

      »Ich hab das nicht so gemeint. Ich wollte nicht …«

      »Weiß ich doch.« Arthur lächelte schwach. »Ich bin nur …« Er seufzte.

      »Ich mag, wie du aussiehst«,

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