Die Abenteuer des Sherlock Holmes. Arthur Conan Doyle

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Die Abenteuer des Sherlock Holmes - Arthur Conan Doyle

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mit einem Schnauzbart und einem Paar buschiger Backenbärte unkenntlich, läßt seine helle Stimme zu einem einschmeichelnden Flüstern absinken; daß das Mädchen kurzsichtig ist, gibt ihm doppelte Sicherheit, und so tritt er als Mr. Hosmer Angel auf und scheidet andere mögliche Liebhaber dadurch aus, daß er selbst dem Mädchen den Hof macht.«

      »Zuerst war es nur ein Scherz«, ächzte unser Besucher. »Wir haben nie geglaubt, daß sie sich so weit hinreißen lassen würde.«

      »Das mag schon sein. Wie auch immer, jedenfalls hat sich die junge Dame ganz entschieden hinreißen lassen, und weil sie davon überzeugt war, daß sich ihr Stiefvater in Frankreich aufhielt, kam ihr der Verdacht, es könnte sich um üble Maschenschaften handeln, nie auch nur einen Moment in den Sinn. Sie fühlte sich durch die Aufmerksamkeiten des Gentlemans geschmeichelt, und diese Wirkung wurde dadurch noch verstärkt, daß ihre Mutter lauthals Zustimmung äußerte. Dann hat Mr. Angel begonnen, sie zu Hause zu besuchen, denn offenbar sollte die Sache so weit getrieben werden wie möglich, um eine dauerhafte Wirkung zu erzielen. Es kam zu Verabredungen und einer Verlobung, die endgültig dafür sorgen sollte, daß das Mädchen seine Neigungen nicht einem anderen zuwandte. Aber die Täuschung konnte nicht ewig aufrechterhalten bleiben. Diese angeblichen Reisen nach Frankreich waren ziemlich lästig. Es lag auf der Hand, daß man die Sache auf eine so dramatische Weise zu einem Ende bringen mußte, daß sie einen dauerhaften Eindruck im Gemüt der jungen Dame zurücklassen und sie für lange Zeit davon abhalten würde, nach einem anderen Freier Ausschau zu halten. Daher die geforderten Treueschwüre auf eine Bibel, und daher auch die Andeutungen, daß sich am Hochzeitsmorgen selbst irgend etwas würde ereignen können. James Windibank wollte, daß sich Miss Sutherland so eng an Hosmer Angel bindet und so sehr im Ungewissen über sein Geschick ist, daß sie wenigstens die nächsten zehn Jahre keinen anderen Mann erhört. Bis zur Kirchentür hat er sie gebracht, und weil er nicht weitergehen konnte, ist er in einer für ihn sehr bequemen Weise mit Hilfe eines alten Tricks verschwunden, indem er auf der einen Seite einer Droschke einsteigt und auf der anderen Seite sofort wieder aussteigt. Ich glaube, so haben sich die Dinge abgespielt, Mr. Windibank!«

      Unser Besucher hatte sich wieder ein wenig gefaßt, während Holmes sprach, und nun erhob er sich aus seinem Sessel mit eisigem Hohn in seinem bleichen Gesicht.

      »Vielleicht ist es so, vielleicht ist es nicht so, Mr. Holmes«, sagte er, »aber wenn Sie schon so scharfsinnig sind, dann sollten Sie auch scharfsinnig genug sein, um zu wissen, daß Sie derjenige sind, der im Moment das Gesetz bricht, nicht ich. Ich habe von Anfang an nichts getan, dessentwegen man gegen mich Anklage erheben könnte, aber solange Sie diese Tür da verschlossen halten, setzen Sie sich selbst einem Verfahren wegen tätlicher Drohung und ungesetzlicher Nötigung aus.«

      »Wie Sie sagen, kann das Gesetz Sie nicht belangen«, sagte Holmes; er schloß die Tür auf und öffnete sie. »Aber es hat nie einen Mann gegeben, der eine Strafe mehr verdient hätte als Sie. Wenn die junge Dame einen Bruder oder einen Freund hat, dann sollte er Ihnen die Peitsche über den Rücken ziehen. Beim Zeus!« fuhr er fort, erregt angesichts des grimmigen Hohns auf dem Gesicht des Mannes, »es gehört nicht zu meinen Pflichten gegenüber meiner Klientin, aber da ist eine Jagdpeitsche in Reichweite, und ich schätze, ich werde mir das Vergnügen ...« Er machte zwei schnelle Schritte hin zur Peitsche, aber bevor er sie ergreifen konnte, ächzte die Treppe unter schnellen Tritten, die schwere Haustür fiel krachend ins Schloß, und vom Fenster aus konnten wir Mr. James Windibank sehen, wie er, so schnell es ging, die Straße hinablief.

      »So ein kaltblütiger Schurke!« sagte Holmes lachend, als er sich wieder in seinen Sessel fallen ließ. »Dieser Bursche wird von Verbrechen zu Verbrechen aufsteigen, bis er etwas ganz Übles tut und am Galgen endet. In mancher Hinsicht war dieser Fall keineswegs uninteressant.«

      »Ich kann auch jetzt noch nicht all Ihre Denkschritte nachvollziehen«, bemerkte ich.

      »Nun ja, es war doch von Anfang an klar, daß dieser Mr. Hosmer Angel sehr schwerwiegende Gründe für sein seltsames Benehmen haben mußte, und genauso klar war, daß der einzige Mann, der wirklich Nutzen aus dem Vorfall zog, der Stiefvater war, soweit wir sehen konnten. Dann die Tatsache, daß die beiden Männer nie zusammengekommen sind, sondern der eine immer nur erschien, wenn der andere abwesend war; das war sehr aufschlußreich. Aufschlußreich waren auch die getönten Gläser und die merkwürdige Stimme, die genau wie der buschige Backenbart auf eine Verkleidung hinwies. Mein Verdacht wurde dadurch bekräftigt, daß er seine Unterschrift mit der Maschine schrieb, woraus sich schließen ließ, daß ihr seine Handschrift so vertraut war, daß sie sie sofort wiedererkennen würde. Wie Sie sehen, wiesen alle Tatsachen für sich genommen, zusammen mit vielen kleineren, in dieselbe Richtung.«

      »Und wie haben Sie das alles überprüft?«

      »Nachdem ich den Mann einmal ausfindig gemacht hatte, war es einfach, die Verdachtspunkte zu bestätigen. Ich wußte, für welche Firma dieser Mann arbeitet. Ich habe die gedruckte Beschreibung genommen und daraus alles gestrichen, was das Ergebnis einer Verkleidung sein könnte – Backenbart, Brille, Stimme –, und dann habe ich die Beschreibung an die Firma geschickt, mit der Bitte, mir mitzuteilen, ob diese Beschreibung auf einen ihrer Vertreter zutrifft. Die Eigentümlichkeiten der Schreibmaschine hatte ich bereits bemerkt, und ich habe dem Mann an seine Geschäftsadresse geschrieben und ihn gebeten, herzukommen. Wie erwartet, war seine Antwort mit der Maschine geschrieben und wies die gleichen nebensächlichen, aber charakteristischen Mängel auf. Mit der gleichen Post erhielt ich einen Brief von Westhouse & Marbank auf der Fenchurch Street, des Inhalts, daß die Beschreibung in allen Einzelheiten auf ihren Angestellten James Windibank zutrifft. Voilà tout!«

      »Und Miss Sutherland?«

      »Sie wird mir nicht glauben, wenn ich es ihr erzähle. Sie erinnern sich vielleicht an das alte persische Sprichwort ›Gefahr droht dem, der das Tigerjunge stiehlt, und Gefahr auch dem, der einer Frau ein Trugbild nimmt‹. Bei Hafis findet sich ebenso viel Vernunft wie bei Horaz, und genauso viel Weltklugheit.«

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