Globaler Klimawandel aus ökonomischer Perspektive. Frank Hubert
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Um die Wirkung verschiedener Gase miteinander vergleichen zu können, müssen diese auf einen einheitlichen Maßstab und einen einheitlichen Zeithorizont, der meist 100 Jahre beträgt, normiert werden. Als Referenzgas wird hierfür CO2 verwendet, sodass man bei dem Vergleichsmaßstab auch von Kohlendioxid-Äquivalenten spricht.10 Insgesamt werden rund zwei Drittel des anthropogenen Treibhauseffekts auf CO2 zurückgeführt, während die Anteile von Methan bzw. Lachgas bei 17 bzw. sechs Prozent liegen. Die Differenz zu 100 Prozent ist durch die anderen Treibhausgase bedingt. Betrachtet man nur die Strahlungsbilanz der letzten Dekade, so liegt der Anteil von CO2 mit 82 Prozent deutlich höher als bei der Gesamtbilanz seit der Industrialisierung.11
Messungen zeigen, dass die Konzentration von CO2, aber auch der anderen Klimagase in der Atmosphäre vor allem in den letzten Jahrzehnten stark angestiegen ist.12 Lag der Wert für CO2 in der vorindustriellen Zeit noch relativ konstant bei 280 parts per million (ppm), so beträgt die Konzentration aktuell über 415 ppm. Die atmosphärischen Konzentrationen von CO2, Methan und Lachgas sind durch die menschlichen Aktivitäten auf Werte angestiegen, die in den letzten 800.000 Jahren noch nie erreicht wurden.13 Welche Auswirkungen hat nun dieser Anstieg auf die Oberflächentemperatur auf der Erde? Hierfür muss die Klimasensivität bestimmt werden. Sowohl aus physikalischen Berechnungen als auch unter Verwendung statistischer und mathematischer Methoden ergibt sich hierbei folgende Faustregel: Verdoppelt sich die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre, so führt dies zu einem Temperaturanstieg von rund 3 ± 1 Grad Celsius.14
Der IPCC schreibt Ende 2018 in seinem Sonderbericht, dass menschliche Aktivitäten eine globale Erwärmung von rund einem Grad Celsius (bei einer Bandbreite von 0,8 bis 1,2 Grad) gegenüber den vorindustriellen Werten verursacht haben.15 In Deutschland ist das Jahresmittel der Lufttemperatur zwischen 1881 und 2018 sogar um 1,5 Grad angestiegen. Die Zahl der heißen Tage mit Temperaturen über 30 Grad hat signifikant zugenommen.16 Als Hauptursachen dieses Umweltproblems lassen sich drei zentrale Faktoren benennen (
• Starkes weltweites Bevölkerungswachstum
• Stetiges ungebremstes Wirtschaftswachstum
• Umweltbelastender Lebensstil in vielen Gesellschaften.
Abb. 1.1: Wirkungskette des anthropogenen Klimawandels
Während zur Zeitenwende noch etwa 300 Millionen Menschen die Erde bevölkerten, wurde um 1800 die Milliardengrenze überschritten. Inzwischen nähern wir uns der Acht-Milliarden-Marke. Mehr Erdbewohner bedeuten aber auch mehr Konsum und damit eine verstärkte Nutzung der natürlichen Ressourcen. Gleichzeitig ist seit der Industriellen Revolution in nahezu allen Volkswirtschaften die Steigerung der Wirtschaftsleistung ein zentrales Ziel. In der Praxis bedeutet dies eine Erhöhung des Bruttoinlandsprodukts. Dabei wird allerdings häufig verkannt, dass ein Anstieg dieser ökonomischen Messgröße nicht automatisch für eine höhere Wohlfahrt steht. So würde ein Öltankerunglück in der deutschen Nordsee wegen der damit verbundenen Aufräum- und Renaturierungsarbeiten zu einer Steigerung des Bruttoinlandsprodukts führen, gleichzeitig aber negative Wohlfahrtseffekte für die Gesellschaft auslösen. Eine ähnliche Argumentation gilt auch für die Folgen des Klimawandels. Schließlich führt auch der aktuelle Lebensstil zu mehr Umweltbelastung. Der ökologische Fußabdruck des Menschen wird durch einen wachsenden Verbrauch an natürlichen Ressourcen immer größer. Problematisch sind dabei nicht nur die oft diskutierten Verhaltensweisen in den Bereichen Mobilität und Ernährung. All diese Faktoren zusammen führen zu einem immer größeren Ressourcen- und Energieverbrauch. Dabei wird verkannt, dass es in einer endlichen Welt kein unendliches materielles Wachstum geben kann.17
1.3 Entwicklung der Treibhausgasemissionen: Daten und Trends
Für eine ökonomische Analyse des Klimawandels ist es notwendig, die empirischen Hintergründe zu kennen. Dabei ist neben der globalen Entwicklung der Treibhausgasemissionen und ihrer Folgen auch von Interesse, welche Länder vor allem für den Ausstoß der Klimagase verantwortlich sind. Zudem muss geklärt werden, in welchen Bereichen besonders hohe CO2-Emissionen zu verzeichnen sind. Diese Daten liefern die Grundlage für mögliche Lösungsvorschläge. Sie zeigen auf, in welchen Regionen und Sektoren potenziell besonders große Einsparmöglichkeiten vorliegen.
Der weltweite CO2-Ausstoß hat sich seit den 1960er Jahren verdreifacht und erreichte 2018 mehr als 37 Mrd. Tonnen. Berücksichtigt man auch andere Treibhausgase (THG), so wird sogar ein Wert von fast 52 Mrd. Tonnen CO2-Äquivalenten erreicht. Pro Kopf sind dies Emissionen von rund 4,7 Tonnen CO2 bzw. gut 6,5 Tonnen CO2-Äquivalente. Abbildung 1.2 zeigt, dass neben den beiden größten Klimasündern China und USA auch die EU einen erheblichen Anteil an den Emissionen hat. Während China insgesamt mehr als die doppelte Menge an Treibhausgasen ausstößt wie die USA, ist es bei der Pro-Kopf-Betrachtung genau umgekehrt.
Abb. 1.2: CO2- und gesamte THG-Emissionen nach Ländern in 2018 (Quelle: PBL Netherlands Environmental Assessment Agency (2020), S. 57-65)
Region/LandCO 2 -Emissionen in Mrd. TonnenTHG-Emissionen in Mrd. Tonnen (CO 2 -Äquivalente)CO 2 -Emissionen pro Kopf in TonnenTHG-Emissionen pro Kopf in Tonnen
Die absolute Höhe der Emissionen hängt sehr stark von der Einwohnerzahl und der Wirtschaftsleistung ab. Diese beiden Faktoren erklären auch, weshalb China und die USA mit deutlichem Abstand die ersten beiden Plätze belegen. Außerdem sind auch die Energieintensität des Bruttoinlandsprodukts und die Kohlenstoffintensität der Energie von Bedeutung.18 Die Energieintensität beschreibt das Verhältnis der verbrauchten Energie zur Wirtschaftsleistung. Tendenziell wird in vielen klassischen Industriebereichen für die Erzeugung einer Einheit des Bruttoinlandsprodukts mehr Energie verbraucht als in den meisten Dienstleistungsbranchen. Die Kohlenstoffintensität steht für die Höhe der Kohlendioxidemissionen pro Energieeinheit. Länder, die für die Energiegewinnung sehr stark auf regenerative Energien oder die Atomkraft setzen, schneiden hier deutlich besser ab. Volkswirtschaften, die stattdessen vor allem die Öl und Kohle bevorzugen, haben dagegen sehr hohe Emissionen. Diese Faktoren erklären die hohen Pro-Kopf-Werte von Russland, Saudi-Arabien, Kanada und Australien. Relativ niedrig im Vergleich zu anderen weitentwickelten Volkswirtschaften sind dagegen die Pro-Kopf-Werte von Großbritannien und Frankreich. Großbritannien profitiert vor allem von der geringen Energieintensität durch einen sehr großen Dienstleistungssektor, im Falle Frankreichs sorgen die vielen Atomkraftwerke für eine geringe Kohlenstoffintensität. In den skandinavischen Ländern Schweden und Dänemark, in denen ein Großteil der Energie aus regenerativen Quellen gewonnen wird, werden ebenfalls sehr niedrigere Pro-Kopf-Werte erzielt.
Neben der Kenntnis