Das Tal des Grauens. Arthur Conan Doyle

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Das Tal des Grauens - Arthur Conan Doyle

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rief ich.

      »Brillant, Watson. Sie sprühen heute früh vor Geist. Ich müßte mich sehr täuschen, wenn es nicht Kolumne bedeutet. Wie Sie sehen, beginnt vor unserem geistigen Auge nun ein dickes Buch zu erstehen, zweispaltig, wobei die Spalten eine beträchtliche Länge aufweisen müssen, da eines der Wörter in dem Schriftstück als das zweihundertdreiundneunzigste bezeichnet wird. Haben wir damit die Grenzen dessen, was uns vernünftige Überlegung liefert, schon erreicht?«

      »Ich fürchte, ja.«

      »Sie tun sich bestimmt Unrecht. Lassen Sie es noch einmal sprühen, mein lieber Watson. Noch ein Geistesblitz. Wenn es ein seltenes Buch wäre, dann hätte er es mir geschickt. Er hätte aber – bevor seine Pläne durchkreuzt wurden – die Absicht, mir den Schlüssel in diesem Umschlag zu übersenden. So schreibt er jedenfalls in seinem Brief Dies scheint darauf zu deuten, daß er angenommen hat, ich würde es mir ohne Schwierigkeiten beschaffen können. Er besitzt es und stellt sich vor, daß auch ich es besitze. Kurz gesagt, Watson, es handelt sich um ein sehr verbreitetes Buch.«

      »Was Sie da sagen, klingt allerdings einleuchtend.«

      »Somit haben wir das Feld unserer Suche auf ein dickes, zweispaltiges und weitverbreitetes Buch eingeengt.«

      »Die Bibel!« rief ich triumphierend.

      »Gut, Watson, gut! Aber, wenn ich so sagen darf, noch nicht gut genug. Auch wenn ich das als Kompliment für mich selbst gelten ließe, könnte ich Ihnen schwerlich ein Buch nennen, das mit geringerer Wahrscheinlichkeit bei einem von Moriartys Helfershelfern in Griffnähe läge. Überdies gibt es die Heilige Schrift in so zahlreichen Ausgaben, daß er kaum annehmen kann, daß auch nur zwei Exemplare die gleiche Paginierung aufweisen. Hier dagegen handelt es sich zweifellos um ein Standardwerk. Er weiß ganz genau, daß seine Seite 534 mit meiner Seite 534 vollkommen übereinstimmt.«

      »Das würde aber nur auf wenige Bücher zutreffen.«

      »Genau. Darin liegt unsere Rettung. Unsere Suche beschränkt sich auf Standardwerke, die jedermann zu besitzen pflegt.«

      »Das Kursbuch!«

      »Da gibt es ein paar Schwierigkeiten, Watson. Der Wortschatz des Kursbuches ist zwar kräftig und knapp, aber beschränkt. Sein Wortvorrat wäre zur Übermittlung einer allgemeinen Nachricht kaum ausreichend. Das Kursbuch können wir also streichen. Ich fürchte, aus dem gleichen Grund ist auch ein Wörterbuch nicht zulässig. Was bleibt dann noch übrig?«

      »Ein Almanach.«

      »Hervorragend, Watson! Ich müßte mich sehr irren, wenn Sie damit nicht den Punkt getroffen hätten. Ein Almanach! Prüfen wir nach, ob Whitaker's Almanack4 unseren Ansprüchen genügt. Er ist weitverbreitet. Er hat die erforderliche Seitenzahl. Er ist zweispaltig gedruckt. Sein Wortschatz ist zwar anfangs etwas zurückhaltend, wird aber, wenn ich mich recht entsinne, gegen Ende ziemlich verschwatzt.« Er nahm den betreffenden Band vom Schreibtisch. »Hier haben wir Seite 534, Spalte zwei, ein ansehnlicher Block Gedrucktes; er schildert, wie ich feststelle, Handelswesen und Rohstoffbestände von Britisch-Indien. Notieren Sie kurz die Wörter, Watson. Nummer dreizehn lautet ›Mahratta‹5. Kein besonders verheißungsvoller Anfang, fürchte ich. Nummer hundertsiebenundzwanzig ist ›Regierung‹, was immerhin einen Sinn ergibt, wenn auch wenig in bezug auf uns und Professor Moriarty. Nun, probieren wir weiter. Was macht die Mahratta-Regierung? O weh! Das nächste Wort lautet ›Schweinsborsten‹. Wir sind erledigt, mein guter Watson! Es ist aus.«

      Er hatte in scherzhaftem Ton gesprochen, aber das Zucken seiner buschigen Augenbrauen verriet seine Enttäuschung und Verärgerung. Ich saß hilflos und betrübt da und starrte ins Kaminfeuer. Die lange Stille wurde durch einen plötzlichen Ausruf von Holmes unterbrochen, der zu einem Schrank stürzte, von dem er mit einem weiteren Band in gelbem Leinen zurückkehrte.

      »Das ist der Preis dafür, Watson, daß wir zu sehr auf dem neuesten Stand der Dinge sein wollen«, rief er. »Wir sind unserer Zeit voraus und müssen dafür wie üblich büßen. Da heute der siebte Januar ist, haben wir uns schon den neuen Almanach zugelegt. Es ist aber mehr als wahrscheinlich, daß Porlock seine Nachricht der alten Ausgabe entnommen hat. Das hätte er uns zweifellos mitgeteilt, wenn der Brief mit der Erklärung geschrieben worden wäre. Sehen wir einmal nach, was die Seite 534 für uns hat. Nummer dreizehn lautet ›Dort‹, das klingt schon vielversprechender. Nummer einhundertsiebenundzwanzig heißt ›ist‹ – ›Dort ist‹« – Holmes' Augen glänzten vor Erregung, und seine dünnen, nervösen Finger zuckten, als er die Wörter auszählte – »›Gefahr‹. Ha! Ha! Ausgezeichnet! Schreiben Sie das auf, Watson. ›Dort ist Gefahr – kann – sehr – bald – geschehen – gewisser‹. Dann haben wir ja den Namen ›Douglas‹ – ›reich – Landgut – Birlstone – Überzeugung – ist – dringend‹. Na also, Watson! Was halten Sie nun von der reinen Vernunft und ihren Früchten? Wenn unser Gemüsehändler so etwas wie Lorbeerkränze hätte, würde ich Billy danach schicken.«

      Ich starrte auf die seltsame Nachricht, die ich, während er sie entschlüsselte, über dem Knie auf einen Bogen Kanzleipapier gekritzelt hatte.

      »Was für eine sonderbare und ungereimte Art, sich mitzuteilen!« sagte ich.

      »Im Gegenteil, er hat seine Sache bemerkenswert gut gemacht«, sagte Holmes. »Wenn man eine einzelne Druckspalte nach Wörtern absucht, mit deren Hilfe man das ausdrücken will, was man zu sagen hat, kann man kaum erwarten, auch jedes gewünschte Wort zu finden. Zwangsläufig muß man dann einiges der Intelligenz des Empfängers überlassen. Der Sinn ist doch vollkommen klar. Irgendeine Teufelei ist im Gange gegen einen gewissen Douglas, wer immer das sein mag, der, soweit hier steht, als reicher Gutsherr auf dem Lande lebt. Außerdem ist er sicher – ›Überzeugung‹ kommt dem beabsichtigten ›überzeugt‹ so nahe wie möglich –, daß es dringend ist. Womit wir unser Ergebnis hätten – nach einem kleinen Musterstück fachmännischer Analyse.«

      Bei seinen guten Leistungen empfand Holmes die unpersönliche Freude des echten Künstlers; ebenso grämte er sich finster, wenn er unter dem hohen Niveau blieb, das er anstrebte. Er schmunzelte noch immer über seinen Erfolg, als Billy mit Schwung die Tür öffnete und Inspektor MacDonald von Scotland Yard in den Raum geleitete.

      In jenen frühen Tagen gegen Ende der achtziger Jahre hatte Alec MacDonald noch längst nicht den landesweiten Ruhm errungen, den er heute genießt. Er war ein junges, aber schon angesehenes Mitglied der Kriminalpolizei und hatte sich in verschiedenen Fällen, die ihm anvertraut worden waren, bereits ausgezeichnet. Seine hochgewachsene, starkknochige Gestalt ließ auf außerordentliche Körperkräfte schließen, während der große Schädel und die tiefliegenden, glänzenden Augen nicht weniger deutlich auf seinen schneidenden Verstand hinwiesen, der unter den buschigen Augenbrauen hervorblitzte. Der Mann war schweigsam, akkurat, ein wenig stur und sprach mit hartem Aberdeen-Akzent. Schon zweimal in seiner Laufbahn hatte ihm Holmes zu Erfolgen verholfen, wobei sein eigener Lohn einzig in der intellektuellen Freude am jeweiligen Problem bestanden hatte. Aus diesem Grund waren Zuneigung und Respekt des Schotten gegenüber seinem Amateurkollegen tiefempfunden, und das ließ er auch offen erkennen durch die Freimütigkeit, mit der er Holmes in jeder schwierigen Lage konsultierte. Mittelmaß kennt nichts Erhabeneres als sich selbst, Talent jedoch erkennt Genie sofort, und MacDonald hatte genügend Talent zu seinem Beruf, daß er keine Demütigung erblickte in der Bitte um die Hilfe eines Mannes, der in Hinsicht auf seine Gaben und Erfahrungen in Europa bereits einzig dastand. Holmes neigte nicht zu Freundschaften, aber dem großgewachsenen Schotten gegenüber war er duldsam, und er lächelte jetzt, als er ihn sah.

      »Sie

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