David Copperfield. Charles Dickens

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David Copperfield - Charles Dickens Klassiker bei Null Papier

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wie es sein Ge­sicht über­haupt ver­moch­te.

      Peg­got­ty war na­tür­lich sehr be­trübt über ih­ren Ab­schied von dem Orte, wo sie so lan­ge Jah­re mit mei­ner Mut­ter und mir zu­ge­bracht hat­te. Sie war schon in al­ler Frü­he auf dem Kirch­hof ge­we­sen, und als sie im Wa­gen saß, hielt sie sich das Ta­schen­tuch vor die Au­gen.

      So­lan­ge sie so blieb, gab Mr. Bar­kis kein Le­bens­zei­chen von sich. Er saß auf sei­nem ge­wohn­ten Platz und in sei­ner be­kann­ten Hal­tung wie eine große, aus­ge­stopf­te Pup­pe. Aber als sie das Ta­schen­tuch ein­steck­te und mit mir zu spre­chen an­fing, nick­te er meh­re­re Male und grins­te. Ich hat­te nicht den lei­ses­ten Be­griff, was er da­mit sa­gen woll­te.

      »’s ist ein schö­ner Tag, Mr. Bar­kis«, be­gann ich aus pu­rer Höf­lich­keit.

      »Nicht schlecht«, mein­te Mr. Bar­kis, der ge­wöhn­lich sei­ne Wor­te sehr ab­wog und sei­ne Mei­nung nie of­fen her­aus­sag­te.

      »Peg­got­ty hat sich schon wie­der ganz er­holt, Mr. Bar­kis«, be­merk­te ich.

      »So. Hm«, sag­te Mr. Bar­kis.

      Nach­dem er mit schlau­er Mie­ne nach­ge­dacht hat­te, sah er Peg­got­ty an und sag­te:

      »Ists Ih­nen schon hübsch be­hag­lich?«

      Peg­got­ty lach­te be­ja­hend.

      »Aber wirk­lich und wahr­haf­tig? Ver­ste­hen Sie? Wirk­lich?« brumm­te Mr. Bar­kis und rutsch­te auf der Bank nä­her an sie her­an und gab ihr einen Stoß mit dem Ell­bo­gen. »Wirk­lich? Wirk­lich und wahr­haf­tig, ganz be­hag­lich? Wirk­lich? He?« Bei je­der die­ser Fra­gen rutsch­te Mr. Bar­kis nä­her zu ihr und gab ihr je­des Mal einen Stoß mit dem Ell­bo­gen, bis wir zu­letzt alle in der lin­ken Ecke des Wa­gens ein­ge­klemmt sa­ßen und ich kaum mehr at­men konn­te.

      Peg­got­ty mach­te ihn dar­auf auf­merk­sam, wor­auf er so­gleich et­was Platz mach­te und nach und nach wie­der zu­rück­kehr­te. Ich sah ihm an, dass er zu glau­ben schi­en, er sei auf ein präch­ti­ges Mit­tel ver­fal­len, sich ohne viel Wor­te an­ge­nehm, fein und deut­lich aus­zu­drücken. Eine Zeit lang lach­te er vor sich hin. Dann wand­te er sich wie­der lang­sam nach Peg­got­ty um und wie­der­hol­te: »Also wirk­lich be­hag­lich?« und fing das alte Ma­nö­ver wie­der an, bis ich aber­mals kei­nen Atem be­kam. Nicht lan­ge dar­auf wie­der­hol­te sich das­sel­be noch ein­mal mit den­sel­ben Fol­gen. Dann stand ich im­mer auf, wenn ich ihn an­rücken sah, und tat, als ob ich mir die Ge­gend an­sä­he, und kam viel bes­ser da­bei weg.

      Er war so höf­lich, nur un­sert­we­gen an ei­nem Wirts­haus an­zu­hal­ten und uns mit Ham­mel­bra­ten und Bier zu be­wir­ten. Aber selbst ein­mal, als Peg­got­ty ge­ra­de trank, be­kam er einen sei­ner al­ten An­fäl­le und brach­te sie fast zum Er­sti­cken. Je mehr wir uns un­serm Rei­se­ziel nä­her­ten, de­sto mehr muss­te er auf­pas­sen und de­sto we­ni­ger Zeit fand er für Galan­te­ri­en. Und als wir erst auf dem Pflas­ter von Yar­mouth durch­ein­an­der­ge­schüt­telt wur­den, bot sich gar kei­ne Ge­le­gen­heit mehr.

      Mr. Peg­got­ty und Ham er­war­te­ten uns auf dem al­ten Plat­ze. Sie emp­fin­gen mich und Peg­got­ty in herz­li­cher­wei­se und schüt­tel­ten Mr. Bar­kis die Hand, der mit weit zu­rück­ge­scho­be­nem Hut, ein ver­schäm­tes Lä­cheln auf den Zü­gen und weit aus­ge­spreiz­ten Bei­nen einen mög­lichst dum­men Ein­druck zu er­we­cken be­müht war. Je­der von den bei­den Fi­schern nahm einen von Peg­got­tys Kof­fern, und wir woll­ten eben fort­ge­hen, als mir Mr. Bar­kis fei­er­lich mit dem Zei­ge­fin­ger wink­te, mit ihm un­ter einen Tor­weg zu tre­ten.

      »Also«, brumm­te er dann, »al­les in Ord­nung.«

      Ich sah ihn an und ant­wor­te­te mit ei­nem Ver­such, ein mög­lichst ge­schei­tes Ge­sicht zu ma­chen: »O! o!«

      »Da­mals wars noch nicht ab­ge­macht«, fuhr er mit ver­trau­li­chem Ni­cken fort. »Al­les in Ord­nung.«

      Wie­der ant­wor­te­te ich: »O!«

      »Sie wis­sen, wer woll­te! Er! Bar­kis! aber nur Bar­kis!«

      Ich nick­te zu­stim­mend.

      »Al­les in Ord­nung«, sag­te Mr. Bar­kis wie­der und schüt­tel­te mir die Hand. »Wir sind Freun­de. Sie ha­bens in Ord­nung ge­bracht. Al­les in Ord­nung.«

      In sei­nem Be­stre­ben be­son­ders klar zu sein, wur­de mir Mr. Bar­kis im­mer rät­sel­haf­ter. Ich hät­te ihm eine Stun­de ins Ge­sicht se­hen kön­nen, ohne von ihm mehr zu er­fah­ren als von dem Zif­fer­blatt ei­ner Uhr, die still­steht. End­lich rief mich Peg­got­ty weg. Un­ter­wegs frag­te sie mich, was er ge­sagt habe, und ich wie­der­hol­te sei­ne Wor­te: »Al­les in Ord­nung.«

      »Ist das eine Un­ver­schämt­heit«, sag­te sie, »aber es macht nichts. Lie­ber Davy, was meinst du wohl, wenn ich mich ver­hei­ra­te­te?«

      »Nun, du wür­dest mich doch eben­so lieb ha­ben wie jetzt, Peg­got­ty?« er­wi­der­te ich nach ei­ni­gem Nach­den­ken.

      Zum größ­ten Er­stau­nen der Vor­über­ge­hen­den und der bei­den Peg­got­tys vor uns blieb die gute See­le ste­hen und um­arm­te mich un­ter vie­len Be­teue­run­gen ih­rer un­wan­del­ba­ren Lie­be.

      »Sag mir also, was du meinst, Lieb­ling?« frag­te sie, als sie da­mit fer­tig war und wir un­sern Weg fort­setz­ten.

      »Wenn du dich mit Mr. Bar­kis ver­hei­ra­test, Peg­got­ty?«

      »Ja.«

      »Ich glau­be, es wäre sehr gut, dann hät­test du im­mer das Pferd und den Wa­gen um­sonst und könn­test mich im­mer be­su­chen kom­men.«

      »Was das Kind ge­scheit ist!« rief Peg­got­ty. »Das hab ich doch auch im­mer den gan­zen Mo­nat lang ge­dacht. Ja, mein Gold­kind, ich wäre viel un­ab­hän­gi­ger, siehst du. Und es wür­de sich mir in mei­nem eig­nen Haus viel leich­ter ar­bei­ten als sonst­wo. Ich weiß gar nicht, ob ich mich zum Dienst­mäd­chen bei Frem­den jetzt noch eig­ne, und ich wäre im­mer in der Nähe der Ru­he­stät­te mei­nes schö­nen Lieb­lings«, füg­te sie nach­denk­lich hin­zu. »Ich könn­te sie se­hen, wann ich woll­te, und wenn ich mich ein­mal zur Ruhe lege, wärs nicht weit von mei­nem lie­ben Mä­del.«

      Wir schwie­gen bei­de eine Wei­le.

      »Aber ich wür­de nicht ein ein­zi­ges Mal wie­der dran den­ken«, sag­te Peg­got­ty fröh­lich, »wenn mein Davy ir­gen­det­was da­ge­gen hät­te, und wenn ich auch drei­ßig­mal drei­mal in der Kir­che ge­fragt wür­de und den Ring mein Leb­tag in der Ta­sche her­um­tra­gen müss­te.«

      »Schau mich an, Peg­got­ty«, er­wi­der­te ich, »und sieh selbst, ob ich mich nicht wirk­lich von gan­zer See­le dar­über freue!«

      »Lie­bes Herz«,

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