Heißes Blut. Un-su Kim
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Читать онлайн книгу Heißes Blut - Un-su Kim страница 5
Vater Son beobachtete ihn besorgt. »Hast du heute noch nichts gegessen?«
»Ich hatte die Augen noch nicht ganz auf, da haben Sie mich schon hergerufen, wann soll ich denn da gegessen haben?«
»Du solltest mehr schlafen. Jede Nacht versumpfst du im Kasino, und am nächsten Tag torkelst du durch die Gegend wie ein krankes Küken. Du warst doch wieder bei Jiho und hast die ganze Nacht Baccara gespielt, oder?«
»Ich habe nicht Baccara gespielt.«
»Du lügst. Deinetwegen stopft sich Jiho die Taschen immer voller.«
Schweigend schluckte Huisu ein paar Bissen Gemüse. Er schenkte sich noch ein Glas ein, trank es aus und verzog das Gesicht. Der Alkohol brannte ihm im Magen.
»Um wie viel Uhr triffst du heute Abend die Typen vom Zoll?«
»Um sechs.«
»Wenn ihr alles in trockenen Tüchern habt, gehst du aber sofort. Man sollte nie länger als nötig bei der angeheirateten Familie herumsitzen, es bringt nichts, und genauso wenig bringt es, länger als nötig mit Leuten herumzusitzen, die für den Staat arbeiten. Das ist schon seit Menschengedenken so.«
»Chef Gu scheint übrigens auch zu kommen. Wird sicher ein heißer Abend.«
»Was soll denn das heißen? Was will denn der Arsch von Bulle?«
»Na, es hieß doch, wir gehen in eine Go-go-Bar, da will er sicher die Gelegenheit nutzen und umsonst saufen. Und mit den Mädchen hat er’s ja auch immer noch, obwohl er keinen mehr hochkriegt.«
An dieser ebenso überraschenden wie wertvollen Information hatte Vater Son seine Freude. »Chef Gu kriegt keinen mehr hoch?«
»Schon länger nicht. Jede Nutte hasst es, wenn sie ihn abkriegt.«
»Wie kann es sein, dass ein Kerl, der aussieht wie ein Tiger, so ein Weichtier zwischen den Beinen hat?«
»Wenn bei den Kerlen nichts mehr geht, halten sie sich eigentlich von den Mädchen fern und suchen sich was anderes, Pferderennen, Golf oder was weiß ich. Aber Chef Gu ist ein komischer Typ, der kann’s einfach nicht lassen.«
»Da ist er bestimmt nicht der Erste. Genau genommen sind alle Menschen pervers.«
Huisu warf die Stäbchen auf den Tisch und erhob sich mit einem Blick auf die Uhr.
»Gehst du?«
»Muss mich fertig machen. Will mich noch waschen und umziehen.«
»Okay. Viel Spaß bei der Arbeit.«
Doch anstatt zu gehen, blieb Huisu vor Vater Son stehen und sah ihn durchdringend an.
Vater Son reagierte mit einem fragenden Blick. »Was?«
»Ich brauche noch das Geld.«
»Was für Geld? Wenn du das Geld meinst, das die Typen vom Zoll kriegen, das habe ich denen alles schon geschickt.«
»Um Leute in eine Go-go-Bar einzuladen, braucht man Bares. Wollen Sie, dass ich den Ladys Schecks ausstelle, oder was?«
»Also wirklich, wie kleinlich von dir – solche läppischen Ausgaben könntest du wirklich selbst übernehmen.«
Leise schimpfend entnahm Vater Son seiner Brieftasche zwei Geldscheine. Zwei Millionen won. Huisu zog die Mundwinkel herunter, worauf Vater Son noch einen dazulegte und ihm alles hinhielt. Drei Millionen. Missmutig nahm Huisu das Geld und stopfte es sich in die Gesäßtasche. Er deutete eine Verbeugung an und verließ das Büro. Auf der Treppe kam ihm der Entleerte entgegen, der sich, eine Tasse ssanghwacha in jeder Hand, mühsam an den Aufstieg machte. Seine Kleider waren schweißnass.
»Sie gehen schon, Herr Huisu?«
»Ja, ich habe zu tun.«
»Trinken Sie doch noch einen Tee, bevor Sie gehen. Er sieht vielleicht nicht so aus, aber er ist wirklich sehr gesund.«
»Ist schon gut. Trink du doch einfach meinen, wenn er so gesund ist.«
Um fünfzehn Uhr erreichte Huisu wieder den Parkplatz des Hotels Mallijang. Noch drei Stunden bis zu seinem Treffen. Sein Mund war wie ausgetrocknet, wahrscheinlich von den vielen zu kurzen Nächten in Folge. Außer den paar Bissen im Kuckucksdepot hatte er den ganzen Tag noch nichts gegessen. Sein Magen knurrte, und er war müde. In ein paar Stunden würde er den spendablen Gastgeber spielen müssen. Besser, er aß vorher noch was, duschte, zog sich frische Unterwäsche an und gönnte sich noch eine Mütze Schlaf, denn mit Typen wie Chef Gu drohte die Abendveranstaltung eine nervtötende Sache zu werden.
Huisu warf einen kurzen Blick auf die Uhr. Nachdenklich trommelte er mit den Fingern auf das Lenkrad. Fürs Essen, Duschen und Schlafen war die Zeit zu knapp. Er ließ den Motor wieder an und fuhr Richtung Kasino.
Auf dem Stuhl neben dem Eingang saß dösend ein Trumm von einem Mann. Auch als Huisi sich direkt vor ihm aufbaute, wachte der Typ nicht auf. Da rüttelte er ihn kurzerhand an der Schulter.
Der Fettwanst schlug die Augen auf und begrüßte Huisu hastig. »Guten Tag, Großer Bruder Huisu.«
»Lass mich rein.«
Der Typ nuschelte etwas in die Sprechanlage; sofort schwang mit einem durchdringenden Piepen eine der schweren Eisentüren auf, die sich am oberen und am unteren Ende der Treppe befanden, die zum Kasino hinunterführten. Sie waren eingebaut worden, damit im Fall einer Polizeirazzia genügend Zeit blieb, das Kasino durch eine Geheimtür zu räumen. Diese Eisentüren waren so massiv, dass man selbst mit einem Schweißbrenner zwanzig Minuten gebraucht hätte, um nur eine von ihnen zu überwinden. Jedes Mal, wenn Huisu die dunkle, feuchte Treppe hinunterging, hatte er das Gefühl, in eine Katakombe hinabzusteigen. Am Fuß der Treppe angelangt, klingelte er. Durch den Spion checkte ein Mann sein Gesicht und machte auf.
Es war Nachmittag und das Kasino trotzdem brechend voll. Huisu ließ den Blick wandern. Alle Tische waren besetzt.
Jiho kam aus seinem Büro geschossen und verbeugte sich vor Huisu. »Großer Bruder Huisu, was verschafft mir zu dieser ungewöhnlichen Tageszeit die Ehre Ihres Besuchs?«
»Nichts, ich hatte gerade ein bisschen Zeit.«
»Soll ich Ihnen einen Tisch frei machen?« Mit forschendem Gesicht versuchte er, Huisus Wünsche am Gesicht abzulesen.
Wie gern wäre Huisu an einen der Tische gegangen, an denen mit hohem Einsatz gespielt wurde, aber dafür hatte er nicht genug Geld dabei. Also zeigte er auf einen, an dem bei einer Million Schluss war. Jiho ging hin und gab einem der dort sitzenden Männer einen leichten Klaps auf die Schulter. Der Typ drehte sich verärgert um. Als er Huisu sah, erhob er sich schicksalsergeben. Mit einer Hand wischte Jiho beflissen über die Sitzfläche des Stuhls, dann bot er ihn Huisu an.
Bei Jiho gab es nur ein einziges Spiel. Kein Poker, kein Roulette, kein Blackjack, bei Jiho wurde ausschließlich Baccara gespielt. Die Regeln dieses