Die Piraten des indischen Meeres. Karl May

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Die Piraten des indischen Meeres - Karl May

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Pshaw, das ist noch zu wenig; wie ein Hummer wollt Ihr sagen! Es ist Kaladi, mein früherer Diener, der beste Taucher im ganzen Bereich dieser langweiligen Insel, was aber der brave Mudellier, der ihn verurteilt hat, nicht zu wissen scheint.“

      „Der Mann war Euer Diener? Darum kennt er Euern Pfiff?“

      „So ist’s. Er muss übrigens etwas verteufelt Schlimmes begangen haben, denn diese Bezirksverwalter lassen jeden Eingeborenen durchschlüpfen, wenn es nur irgend möglich ist; sie sind ja selbst ausschließlich Singhalesen. Seht, die gebundenen Arme hindern ihn nicht im Geringsten, weil er auf dem Rücken schwimmt. Er kommt gerade auf den Leuchtturm zu.“

      Der sonst so wortkarge Mann war mit einem Mal außerordentlich lebendig geworden. Er verfolgte jede Bewegung des Schwimmenden mit Spannung, focht mit den Händen hin und her, als könnte er ihm dadurch behilflich sein, und machte mir dabei die notwendig scheinenden Erklärungen.

      „Wie er stößt, wie schnell er vorwärts kommt! Er wird vom Volk verfolgt, der Teufel hol’s! Aber ehe die Soldaten den Umweg von der Klippe nach dem Leuchtturm gemacht haben, ist er längst hier. Ich kenne ihn. Wir sind im vorigen Frühjahr miteinander über den Kalina-Ganga, über den Kalu-Ganga und sogar über den reißenden, hoch angeschwollenen Mahavelli geschwommen.“

      „Was war er denn, bevor er in Eure Dienste trat?“

      „Er war der geschickteste Perlfischer auf den Bänken von Negombo und ist nur mir zuliebe mit ins Innere des Landes gegangen. Ich erkannte ihn gleich und werde ihn retten.“

      „Auf welche Weise? Wenn er wirklich ein schweres Verbrechen begangen hat, wird das unmöglich sein.“

      „Unmöglich? Ihr kennt dieses verrückte Land und dieses noch viel verrücktere Volk nicht, Charley. Ich bin Sir John Raffley aus Raffley-Castle in Altengland und will den Mudellier sehen, der es wagt, mit mir zu rechten! Da, jetzt hat er das Ufer erreicht. Es ist ein Glück, dass kein Haifisch mehr in der Nähe war, sonst hätte er wegen der gefesselten Arme einen schweren Stand gehabt. Kommt, Charley, wir gehen ihm entgegen! Er hat mich erkannt und kommt herbeigelaufen.“

      Es war so. Kaladi war an Land gestiegen und kam zu der Plattform, auf der sich die schlanke Säule des eisernen Turmes erhob, eiligen Laufs heraufgesprungen. Wir stiegen schnell die Treppe hinab und stießen unten an der Tür mit ihm zusammen.

      „Wischnu segne Euch, Sahib“, grüßte er atemlos. „Ich war dem Tod nahe. Sie wollten mir noch die Beine fesseln und die Augen verbinden. Ihr aber seid ein Radscha, ein Herr, ein Maharadscha, ein großer und gewaltiger Herr, und werdet Kaladi, Euern treuen Diener, retten.“

      „Well, das werde ich tun“, antwortete Raffley, indem er sein Messer hervorzog und die Baststricke, mit denen der Singhalese gebunden war, durchschnitt. „Was hast du verbrochen?“

      „O nichts, Sahib, fast gar nichts. Mein Kris war scharf und spitz und ist einem ein wenig zu tief ins Herz gefahren.“

      „Murderer! Alle Wetter, Mensch, das ist schon etwas mehr als nichts. Hast du ihn getötet?“

      „Ja, ein wenig.“

      „Was war er?“

      „Ein Chinese.“

      „Ein Chinese nur? Das ist gut! Was hat er dir getan, dass du nach dem Dolch griffst?“

      „Er kam und wollte mir Molama, die Blume und das Glück meines Lebens, rauben.“

      „Fudge! Das Glück deines Lebens! Dummheit! Unter hundert Albernheiten, die ihr Menschen begeht, sind neunundneunzig von den verwünschten Frauenzimmern verschuldet. Die Liebe ist die ärgste Einbildung, die ich kenne, und hat schon Millionen um den Verstand gebracht. Aber ich hoffe, dass dich das Bad abgekühlt hat. Du kennst das Hotel Madras?“

      „Wie sollte ich nicht, Sahib! Ihr habt ja zweimal dort gewohnt.“

      „Ich wohne jetzt wieder da. Hier kommen schon deine Verfolger. Verbirg dich jetzt! In einer Stunde suchst du mich wieder auf!“

      „O gütiger Herr, wie soll ich Euch danken? Ich habe mein Leben wieder und darf Molama, den Trost meiner Augen, sehen. Wischnu, der Allgütige, möge euch dafür belohnen!“

      „Look out, Schlingel, sonst fangen sie dich noch!“

      Kaladi sprang auf der anderen Seite der Plattform hinab und war im nächsten Augenblick hinter dem dort wuchernden Bambusdickicht verschwunden.

      Es war die höchste Zeit gewesen, denn die Soldaten befanden sich bereits in der Nähe und eine Menge Volks, das auf den ungewöhnlichen Vorgang aufmerksam geworden war, kam herbeigestürmt. Ich war einigermaßen besorgt über den Verlauf, den die Sache nehmen würde. Raffley aber trat den Verfolgern, deren Anführer uns erreicht hatte, mit seinem gewöhnlichen Gleichmut entgegen.

      „Wo ist Kaladi, der uns entlaufen ist?“, fragte der Ceylonese.

      „Was willst du von ihm?“

      Der Mann stutzte bei dem barschen, befehlshaberischen Ton dieser Gegenfrage, die er, der in seinem Recht zu sein glaubte, jedenfalls nicht erwartet hatte.

      „Ich will ihn wiederhaben.“

      „So such ihn!“

      „Ihr wisst, wo er sich befindet.“

      „Ah, meinst du?“

      Der Klemmer ritt wieder vorn auf der Nasenspitze. John Raffley zupfte sich an den beiden Spitzen seines Backenbarts und lachte in einer Weise, aus der sich deutlich ersehen ließ, dass ihm der Vorgang großes Vergnügen bereitete.

      „Ja, Ihr wisst es, denn Ihr habt ihm gepfiffen und gewinkt und ihn zur Flucht verleitet.“

      „Das ist wahr. Hast du etwas dagegen?“

      „Ich muss Euch festnehmen.“

      Der gute John Raffley riss vor Vergnügen den Mund samt den Augen so weit auf, wie es ging.

      „Verhaften? Mich, einen Gentleman aus Altengland? Hier auf Ceylon, in diesem Eidechsennest? Mensch, du bist vollständig übergeschnappt. Mach, dass du fortkommst! Kaladi gehört mir und ich tue mit ihm, was mir beliebt.“

      „Er gehört Euch? Wieso?“

      „Er ist mein Diener und tut alles, was er tut, auf meinen Befehl. Ohne meinen Willen darf ihm kein Mensch auch nur ein Haar krümmen, selbst der Mudellier nicht.“

      „Wenn er Euer Diener ist, warum blieb er nicht bei Euch stehen, warum ging er da fort?“

      „Ich schickte ihn fort, weil es mir so gefiel. Du aber gehst zum Mudellier und sagst ihm, dass ich mit ihm sprechen werde!“

      „Ihr werdet nicht mit ihm sprechen, sondern er mit Euch.“

      „Ah? Inwiefern?“

      „Weil ich Euch verhaften und zu ihm führen werde. Den aber, den Ihr Euern Diener nennt, lasse ich verfolgen und werde ihn sicher fangen. Vorwärts, kommt mit!“

      „Be gone; mach, dass du fortkommst!“

      „Wenn

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