Das Geheimnis der gelben Narzissen. Edgar Wallace

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Das Geheimnis der gelben Narzissen - Edgar  Wallace

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elf Uhr in meiner Wohnung aufsuchen? Odette Rider

      Diese neue, unerwartete Tatsache brachte ihn ganz außer Fassung. Er sagte sich immer wieder, daß es unmöglich sei, daß dieses Mädchen Lyne getötet haben könnte. Aber wenn sie es nun doch getan hatte? Wo war es geschehen? War sie in seinen Wagen eingestiegen und hatte ihn während einer Rundfahrt durch den Hydepark erschossen? Aber warum trug er dann dicke Filzschuhe? Und warum hatte er keinen Rock an? Und wie kam es, daß dieses seidene Nachthemd um seine Brust geschlungen war? Er beschäftigte sich in Gedanken mit allen erdenklichen Möglichkeiten. Aber je mehr er sich in die Sache vertiefte, desto rätselhafter schien sie ihm. Niedergeschlagen ging er am Abend zur Polizeidirektion und besorgte sich einen Befehl zur Durchsuchung der Wohnung.

      Dann begab er sich in Whitesides Begleitung zu Odettes Wohnung in der Edgware Road, wies seine Vollmacht vor und erhielt von dem Portier einen Nachschlüssel zu der Wohnung. Tarling erinnerte sich an den Besuch, den er Odette kürzlich gemacht hatte. Er fühlte sich unendlich elend und hatte großes Mitleid mit dem Mädchen, als er die Tür aufschloß, in den kleinen Vorraum trat und das Licht andrehte.

      Hier war nichts Außergewöhnliches zu bemerken. Es schlug ihnen nur der dumpfe Geruch einer Wohnung entgegen, die einige Tage lang nicht gelüftet worden war.

      Aber als sie kurze Zeit in dem Raum waren, rochen sie noch etwas anderes, das an verbranntes Schießpulver erinnerte.

      Sie traten in das kleine Wohnzimmer. Hier war alles sehr sauber und aufgeräumt, und jedes Ding stand an der richtigen Stelle.

      »Das ist aber sehr merkwürdig!« sagte Whiteside und zeigte auf einen kleinen Tisch.

      Tarling folgte seinem Blick und sah dort eine Blumenvase, die halb mit gelben Narzissen gefüllt war. Zwei oder drei Blumen waren herausgefallen oder herausgezogen worden und lagen vertrocknet auf der polierten Tischplatte.

      Tarling wandte sich schweigend um, ging wieder in den Vorraum und öffnete eine andere Tür, die nur angelehnt war. Wieder drehte er das Licht an. Er stand im Schlafzimmer des jungen Mädchens und blieb einen Augenblick starr und unbeweglich stehen, als er den Raum überschaut hatte. Die Kommode war vollständig in Unordnung, alle Schubladen waren herausgezogen, Kleidungsstücke und Toilettengegenstände lagen durcheinander auf dem Fußboden. Alles zeugte von einem hastigen und übereilten Aufbruch. Dann entdeckten sie eine kleine Handtasche auf dem Bett, die halb gepackt im Stich gelassen worden war.

      Tarling ging in die Mitte des Raumes, und selbst wenn er halb blind gewesen wäre, hätte er die belastendste Tatsache nicht übersehen können, denn auf dem sandfarbenen Teppich, mit dem der ganze Raum ausgelegt war, zeigte sich vor dem Kamin ein großer dunkelroter, unregelmäßiger Fleck.

      Tarlings Züge verdüsterten sich.

      »An dieser Stelle ist Lyne erschossen worden«, sagte er.

      »Und sehen Sie einmal dort«, rief Whiteside erregt und zeigte auf eine Schublade der Kommode.

      Tarling zog schnell ein Kleidungsstück heraus, das über dem Rand des Fachs hing. Es war ein seidenes Nachthemd - und auf den Ärmeln waren Vergißmeinnichtzweige eingestickt. Es war von derselben Art wie jenes, das urn Lynes Brust geschlungen war, als man ihn fand. Das Herausnehmen des Kleidungsstücks aus der Schublade brachte eine neue Entdeckung.

      Auf der weißemaillierten Außenseite des Möbels fnden sie einen blutigen Daumenabdruck! Tarling sah seinen Assistenten an. Seine Gesichtszüge wurden hart und verschlossen.

      »Whiteside«, sagte er ruhig, »lassen Sie einen Haftbefehl für Odette Rider ausstellen wegen dringenden Verdachtes, vorsätzlichen Mord begangen zu haben. Telegrafieren Sie an alle Polizeistationen, das Mädchen anzuhalten, und melden Sie mir den Erfolg!«

      Ohne ein weiteres Wort verließ er das Haus und kehrte in seine Wohnung zurück.

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