Ruf der Wildnis. Jack London

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Ruf der Wildnis - Jack London

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war. »Ich bring’ ihn im Auftrag seines Herrn nach Frisco. Der Narr von einem Hundedoktor dort glaubt, er könne ihn kurieren. Lumpige fünfzig kriege ich dafür neben der Fahrt. Ich würd’s kein zweites Mal machen, nicht für fünfhundert!«

      Er umwickelte seine Hand mit einem schmutzigen Taschentuch und sah mit Bedauern auf seine bis zu den Knien aufgeschlitzte Hose hinab.

      »Wenn nur keine Tollwut daraus wird!« meinte er ängstlich.

      »Wird schon nicht«, lachte der Wagenmeister, »aber nun los, wir können den Hund hier nicht liegen lassen.«

      Halb betäubt durch den unerträglichen würgenden Schmerz in der Kehle versuchte Buck trotzdem, sich seinen Peinigern entgegenzustellen, aber er wurde niedergeworfen und in einen käfigähnlichen Verschlag gestoßen, nachdem man den Strick von seinem Hals gelöst hatte.

      Hier lag er nun für den Rest der Nacht, geladen mit Groll und verletztem Stolz. Er konnte nicht verstehen, was das alles bedeuten sollte. Was hatten sie mit ihm vor, diese fremden Männer? Warum hielten sie ihn in diesem Käfig eingeschlossen? Er fühlte dumpf, daß ihm ein großes Unglück bevorstand. Jedesmal wenn die große Schiebetür in ihren Angeln kreischte, glaubte er, daß sein Herr oder dessen Kinder hereintreten würden. Aber stets war es nur das aufgedunsene Gesicht des Wagenmeisters, der ihn im flackernden Schein der Laterne anstarrte, und sein freudiges Bellen verwandelte sich jedesmal in ein wildes Knurren.

      Erst bei Morgengrauen hielt der Zug, und vier Männer stiegen ein, zerrissene und ungepflegte Kerle. Noch mehr Quälgeister, dachte Buck und sprang wütend gegen die Latten des Verschlages, aber sie lachten nur, steckten ihre Stöcke in den Käfig und stießen nach ihm. Er schnappte nach ihren Prügeln, bis er daraufkam, daß es gerade das war, worauf sie warteten, und daß sie daran ihren Spaß hatten.

      Da legte er sich trotzig nieder, und als die Männer den Käfig aufhoben und forttrugen, wehrte er sich nicht mehr. Nach vielen Stunden, es war schon Abend, brachte man ihn auf ein Fährboot, das einen Fluß übersetzte, von dort verlud man ihn wieder in den Gepäckwagen eines Schnellzuges, wo er zwischen vielen Kisten und Koffern verstaut wurde. Zwei Tage und zwei Nächte dauerte die Fahrt im Schnellzug, und zwei Tage und zwei Nächte erhielt Buck weder zu fressen noch zu trinken. In seiner Verzweiflung hatte er die ersten Annäherungsversuche der Bahnangestellten mit bösem Knurren beantwortet, und sie vergalten es ihm mit Spott und schlechter Pflege. Wenn er sich bebend und schäumend vor Wut gegen die Stangen warf, lachten sie ihn aus und reizten ihn. Sie bellten wie elende Hunde oder miauten wie Katzen, schlugen mit den Armen und krähten. Buck wußte, daß sie ihn mit diesen Albernheiten nur reizen wollten, aber gerade deshalb fühlte er sich in seiner Ehre gekränkt, und sein hilfloser Zorn wuchs und wuchs. Der Hunger wäre noch zu ertragen gewesen, aber er litt unter dem quälenden Durst. Seine geschundene, aufgeschwollene Zunge entzündete sich, und Fieber schüttelte ihn.

      Eines aber tröstete ihn: Der Strick von seinem Nacken war weg! Der Strick hatte seinen Feinden einen unfairen Vorteil verschafft, jetzt aber, da er weg war, würde er es ihnen allen zeigen!

      In diesen zwei Tagen und Nächten, in denen er nichts zu fressen und nichts zu trinken erhielt, sammelte sich ein dumpfer, wilder Zorn in ihm an, der zum Ausbruch kommen mußte und jenem, der ihm als erster gegenübertrat, Unheil verhieß. Seine Augen wurden blutunterlaufen, und er verwandelte sich in einen rasenden Bösewicht. So sehr verändert sah er aus, daß selbst sein Herr ihn nicht wiedererkannt hätte.

      Die Bediensteten waren froh und atmeten erleichtert auf, als er am Morgen des dritten Tages in Seattle ausgeladen wurde. Vier Männer trugen den Holzverschlag behutsam in einen von hohen Mauern umgebenen Hinterhof. Ein kräftiger, untersetzter Mann in einem roten, am Hals etwas zu weiten Sweater kam ihnen entgegen, nahm den Leuten den Frachtschein ab und bestätigte den Empfang. Und Buck fühlte, daß dieser Mann der nächste Peiniger war. Mit gesträubten Rückenhaaren warf er sich gegen die Latten seines Gefängnisses. Der Mann lächelte nur höhnisch und holte ein Beil und einen starken Stock.

      »Ihr wollt ihn doch nicht etwa herauslassen?« fragte einer der Männer.

      »Gewiß!« entgegnete der Rote und trieb das Beil in die Kiste, um eine Öffnung zu schaffen.

      Im Nu war der Platz wie leergefegt. Von einer hohen Mauer aus warteten die Zuschauer neugierig auf das kommende Schauspiel.

      Buck stürzte sich auf das splitternde Holz und verbiß sich darin. Sooft die Axt eine Latte losgelöst hatte, versuchte er den Mann anzugehen, der ruhig weiterarbeitete, bis die Öffnung groß genug war.

      »Heraus mit dir, du rotäugiger Teufel!« rief er, ließ das Beil fallen und faßte den Stock mit der rechten Hand.

      Wahrhaftig, Buck sah wie ein Teufel aus, als er, die Haare gesträubt, Schaum vor dem Mund und ein irres Leuchten in seinen blutunterlaufenen Augen, zum Sprung ansetzte. Pfeilgerade schnellte er seine mit Haß und Leidenschaft vollgestopften hundertvierzig Pfund gegen seinen Widersacher. Mitten im Sprung, gerade als er seine gewaltigen Zähne in den Hals des Mannes verbeißen wollte, erhielt er einen Schlag, wie er ihn noch nie gefühlt hatte. Seine Kiefer schlossen sich knirschend, er taumelte und fiel auf den Rücken. Noch nie in seinem Leben hatte ihn jemand mit einem Knüppel niedergeschlagen, er verstand nicht, was mit ihm geschehen war. Mit einem Aufheulen, das eher dem Fauchen eines Raubtieres als dem Bellen eines Hundes glich, sprang er auf und griff wieder an. Noch einmal traf ihn dieser entsetzliche Schlag, der ihn niederwarf, und er wußte nun, daß es der Knüppel war, aber seine Raserei ließ ihn jede Vorsicht vergessen. Ein dutzendmal noch setzte er zum Angriff an, und ebensooft schmetterte ihn der Stock zu Boden.

      Nach einem besonders kräftigen Schlag erhob er sich mühsam, zu betäubt, um nochmals zu springen. Er taumelte kraftlos umher, Blut floß aus Nase, Maul und Ohren, und sein schönes Fell wurde mit blutigem Geifer besudelt. Der Rote kam näher und versetzte ihm wohlüberlegt einen furchtbaren Hieb auf die Schnauze. Alles, was Buck bisher erduldet hatte, war nichts im Vergleich zu der ausgesuchten Pein dieses Schlages. Mit einem fast löwenähnlichen Aufbrüllen warf er sich wieder auf den Mann. Der Rote ließ den Stock fallen, packte den Hund mit beiden Händen kaltblütig am Unterkiefer und schleuderte ihn hin und her und warf ihn mit solcher Gewalt auf die Erde, daß Buck bewußtlos liegenblieb.

      Von der Mauer her ertönte Beifall.

      »Zum Donnerwetter, der versteht sein Geschäft!« schrie einer der Männer enthusiastisch.

      Buck kam bald wieder zu sich, aber er hatte keine Kraft mehr. Er blieb liegen, wo er niedergefallen war, und belauerte den Mann mit dem roten Sweater, der nun einen Brief in der Hand hielt und ihn aufmerksam durchlas.

      »Hört auf den Namen Buck«, murmelte er halblaut vor sich hin, faltete das Schreiben zusammen und ließ es in seiner Tasche verschwinden.

      »Also Buck heißt du, alter Knabe«, fuhr er mit freundlicher Stimme fort, »wir haben unseren kleinen Auftritt gehabt, und das beste, was wir tun können, ist, es dabei zu belassen. Du kennst nun deinen Platz, und ich kenne meinen. Sei ein braver Hund, dann ist alles in Ordnung. Bist du ein böser Hund, dann räum’ ich dir das Wilde ’runter. Verstanden?«

      Er tätschelte beim Sprechen furchtlos den Schädel, auf den er so mitleidlos eingehämmert hatte. Bucks Haare sträubten sich zwar bei der Berührung durch seinen Peiniger, er blieb aber still liegen und trank auch das Wasser, das ihm der Mann hinstellte, und verschlang gierig die Fleischstücke, die ihm die Hand reichte, die vordem so erbarmungslos zugeschlagen hatte.

      Er war besiegt, das wußte er, aber sein Stolz war nicht gebrochen. Er hatte gelernt, daß er gegen einen Mann mit einem Stock nichts ausrichten konnte, und er sollte diese Lehre sein ganzes Leben nicht vergessen.

      Die

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