ARKADIA. Bernhard Kempen
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Wie soll ich es erklären, ohne Missverständnisse zu provozieren? Greedy versteckt sich nicht in ihrem Körper, wie es viele erdgeborene Menschen tun, sondern sie setzt ihn dazu ein, die Welt zu erleben. Ihre klaren Augen blicken mit wachem Interesse, ihre Nase scheint neugierig meine Witterung aufgenommen zu haben, und ihr Mund ist leicht geöffnet. Dieselbe Offenheit und Neugier drückt sich in ihren runden, straffen Brüsten aus, deren kleine Brustwarzen sich mir wie sensible Sinnesorgane entgegenrecken. Und der haarlose Spalt zwischen ihren leicht gespreizten Beinen ist wie ein zweiter Mund, der dazu da ist, den Kontakt zu anderen Menschen buchstäblich zu vertiefen.
Ich hoffe, Sie haben Verständnis dafür, dass ich ein wenig ins Schwärmen geraten bin. Selbst für jemanden wie mich ist es eine ziemlich überwältigende Erfahrung, plötzlich einer solchen Frau gegenüberzustehen. Aber irgendwann schaffe ich es, mich wieder zusammenzureißen.
»Hallo, Greedy«, erwidere ich endlich ihre Begrüßung. »Ich dachte, Piloten müssten wenigstens eine Mütze tragen.«
»Die wäre mir längst vom Fahrtwind weggepustet worden«, entgegnet sie und streicht sich grinsend über die glatte Schädeldecke. »Willst du wirklich diese albernen Klamotten mit dir herumschleppen?«
»Gib dir keine Mühe«, wirft July ein, »er scheint ein ziemlich verklemmter Bursche zu sein.«
»Ich frage mich nur, was er zu verbergen hat«, sagt diese Greedy mit einem unzweideutigen Blick auf meinen Unterleib.
»Nichts Besonderes«, erwidert July mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Du hast überhaupt nichts verpasst.«
»Bitte etwas mehr Respekt, meine Damen!«, entrüste ich mich.
Sie lachen nur. Verdammte Weiber!
July besteigt den offenen Gleiter und okkupiert beide hinteren Sitzplätze, sodass ich mich notgedrungen neben die Pilotin setzen muss. Zögernd verwickle ich Greedy in ein Gespräch über die technischen Spezifikationen des Gleiters, um mich von den biologischen Details dieser Frau abzulenken. Doch im Grunde gibt es kaum etwas Bemerkenswertes zu ihrem Gefährt zu sagen, da es sich um ein bekanntes Standardmodell handelt, das in millionenfacher Ausfertigung auf der Erde und anderen Planeten im Gebrauch ist.
Greedy lässt das Fahrzeug behutsam emporsteigen, legt sich in eine elegante Kurve und beschleunigt. Im Fahrtwind kühlt sich mein erhitztes Gemüt allmählich ab, während unter uns der Raumhafenkomplex zurückfällt. Dann gleiten wir über hellgrüne Farngraswiesen und dunklere Wälder aus Moos- und Farnbäumen dahin. Nur vereinzelt tauchen weiße Gebäude aus Betonit auf, doch dazwischen keine einzige Straße, die die nette Landschaft verschandelt hätte. Nur ein Fluss, der sich in weiten Mäandern durch das Grün schlängelt und in dem sich der dunkelblaue Himmel von Arkadia spiegelt.
Dann landen wir vor einer größeren Gebäudegruppe an einem idyllischen See. Die Frauen erklären mir, dass es sich gewissermaßen um das Zentrum von Arkadia handelt, wo sich der größte Teil der Bevölkerung des Planeten konzentriert.
»Arkadiapolis!«, prahle ich mit meinem angelesenen Wissen.
Die beiden stutzen für einen kurzen Moment, bis sie leise lachen.
»Ja, das ist die offizielle Bezeichnung«, bestätigt July, »aber im Alltag benutzen wir sie kaum noch.«
»Verstehe«, sage ich. »Da es die einzige nennenswerte Ansiedlung auf diesem Planeten ist, besteht kaum eine Verwechslungsgefahr mit anderen Städten.«
Zumal das Ganze gar nicht wie eine richtige Stadt wirkt, sondern eher wie eine zufällige Ansammlung von Gebäuden, die sich harmonisch in die Landschaft einfügen. Also kein Vergleich mit den über Jahrhunderte gewachsenen, dicht gedrängten Megastädten der Erde.
Schließlich bringen wir mein Gepäck in ein freies Apartment, das man mir für die Dauer meines Aufenthalts zur Verfügung gestellt hat.
Greedy verabschiedet sich von uns, da sie noch einige Aufträge zu erledigen hat, und lässt mich mit July allein. Ich muss zugeben, dass ich darüber gar nicht so sehr enttäuscht bin, obwohl die kesse Pilotin viel eher meinen Vorstellungen von einer atemberaubenden Traumfrau entspricht. Aber schließlich kann man nicht pausenlos den Atem anhalten und träumen.
Dann unternehmen July und ich einen kleinen Bummel durch Arkadiapolis – oder kürzer gesagt, die »Stadt«. Die Architektur bietet eine nette, weitläufige Anlage mit Apartments auf verschiedenen Ebenen, die an schattigen Säulengängen liegen, sozusagen die Arkaden von Arkadia, dazwischen freie Plätze mit Gärten, Springbrunnen und gemütlichen Bänken. Und natürlich tummeln sich überall splitterfasernackte Arkadier und Arkadierinnen, die bestenfalls einen unauffälligen Armbandcom oder einen schmalen Gürtel um die Taille tragen, wenn sie kleinere Dinge zu transportieren haben. Und von beinahe allen werde ich auf geradezu unverschämte Weise angegafft. Am schlimmsten sind die Kinder, die mit dem ausgestreckten Finger auf mich zeigen und die Erwachsenen in ihrer Nähe offenbar in Erklärungsnotstand bringen.
Während des Spaziergangs stellt sich ein merkwürdiger Effekt bei mir ein, denn schon nach kurzer Zeit hat es für mich kaum noch etwas Besonderes oder Aufregendes, überall nackte Brüste, Schwänze und Hintern zu sehen. Und noch etwas anderes Seltsames geschieht, das ich niemals für möglich gehalten hätte: Nach einer Weile fühle ich mich in meinen Klamotten unwohl. Ich habe das dumme Gefühl, mich zum Clown zu machen, wenn ich mich weiterhin bekleidet über die Oberfläche dieses Planeten bewege. Aber ich reiße mich zusammen und warte jedes Mal tapfer ab, bis sich diese Anwandlungen wieder gelegt haben.
Am meisten verblüfft es mich, wie selbstverständlich die Arkadier miteinander umgehen. Sie arbeiten, plaudern, lachen und scheinen nicht die geringste Scheu vor Berührungen zu haben. Im Gegenteil, überall sehe ich, wie sie Händchen halten, sich umarmen und ständig die körperliche Nähe ihrer Mitmenschen suchen. Obwohl ich zugegebenermaßen Schlimmeres befürchtet habe, muss ich feststellen, dass es insgesamt verhältnismäßig gesittet zugeht. Das höchste der Gefühle sind ein junger Mann, der auf einer Wiese liegt und gedankenverloren den Hintern seines offensichtlichen Liebhabers streichelt, und eine Frau mittleren Alters, deren Hand auf den Weichteilen ihres Gesprächspartners liegt. Doch diese Berührungen wirken genauso unverfänglich wie ein alltägliches Schulterklopfen oder Händeschütteln. Obwohl ich jede potenziell verdächtige Bewegung registriere, erkenne ich keinerlei Anzeichen, dass irgendwo tatsächliche Schweinereien stattfinden. Dass die Arkadier bei jeder sich bietenden Gelegenheit in der Öffentlichkeit herumvögeln, scheint zumindest meinem ersten Eindruck zufolge ein Gerücht zu sein, das der ausufernden Fantasie eines Erdenmenschen mit sexuellen Defiziten entsprungen sein muss.
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Dann lässt July mich gnädigerweise eine Weile in meinem Apartment allein, damit ich mich etwas erfrischen und meine ersten Eindrücke verarbeiten kann. Anschließend mache ich mich auf den Weg zum Besucherzentrum. July hat mir nahegelegt, diese Einrichtung unbedingt aufzusuchen, in der die Funktionen eines Fremdenverkehrsamts und einer Einwanderungsbehörde vereint sind.
Hier treffe ich Thela wieder, die noch verschiedene Formalitäten erledigen muss, bevor sie sich offiziell als Arkadierin fühlen