Der Abt vom Petersberg. Alice Frontzek

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Der Abt vom Petersberg - Alice Frontzek

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Ich respektiere ihren Glauben. Lest doch in dem Koran, den ich auszugsweise ins Lateinische übersetzen ließ. Ihr findet die Handschrift in der Bibliothek!«

      Nikolaus liebte Bücher und merkte sich dieses Angebot vor. Nach dem üppigen Mahl dankten sich alle gegenseitig für das anregende, gute Gespräch sowie die hervorragende Gesellschaft und freuten sich auf eine Wiederholung. Der Kaiser zog sich zurück. Die vier Gesandten, deren Helfer fast unsichtbar nie weit entfernt waren, gingen in den Park des Palastes, setzten sich in den Schatten einer Zypresse auf den Rand eines Wasserspiels und überlegten ihr weiteres Vorgehen.

      »Es wird heiß. Ich gehe später noch einmal Schwimmen. Ich werde mir auch die Bibliothek anschauen. Vielleicht ist es eine gute Idee, wenn wir uns zum Abendgebet in der Kapelle treffen. Sehen wir uns das Messzeug an. Vielleicht gibt es auch einen Priester«, ordnete Nikolaus seine Gedanken.

      »Das klingt gut. Lasst uns noch ein bisschen im Garten spazieren, dann will ich mich ausruhen. Morgen sehe ich zuversichtlich und mit Freude dem Treffen mit der byzantinischen Geistlichkeit entgegen«, ergänzte Basilius.

      Eine Stunde später ging jeder von ihnen zunächst auf sein Zimmer. Nikolaus nur, um in den Spiegel zu schauen, seine halblangen Haare zu ordnen und sich den Mund auszuspülen. Fasern des Fasanenfleischs klemmten noch zwischen seinen Zähnen. Dann flanierte er alleine im Park des Palastes unter gleißender Sonne und steuerte das Badehaus an. Außer ihm hatte offensichtlich keiner der anderen die Idee. Er sah das kleine Glöckchen auf einer halben Säule gleich neben der Tür, nachdem er eingetreten war. Er läutete vorsichtig. Eine der Damen erschien. Es war zu seiner Enttäuschung nicht die, die sich zuvor um ihn gekümmert hatte. Die, deren kleine zarte Hände so kraftvoll seine Muskeln massiert und gelockert hatten. Ob er nach ihr fragen sollte? Gestikulierend erkundigte er sich nach seiner Badefrau. Die Dame verstand, verschwand in einen Raum am anderen Ende der Badehalle, und tatsächlich: Seine Orientalin, die, die die orangefarbene Tracht trug, kam auf ihn zu. Ihr Lächeln konnte er erkennen. Wieder trug sie ein großes Tuch über dem Arm und deutete an, dass er sich seiner Kleidung entledigen sollte. Das tat er. Diesmal schüttelte er den Kopf, als sie ihn zu einem Badezuber leiten wollte. Er ging zum Schwimmbeckenrand, setzte sich, ließ das Tuch fallen und rutschte schnell in das angenehm kühle Wasser. Er schwamm ein paar Runden und dachte, sie schaue ihm zu. Als er jedoch am Beckenrand kurz verschnaufte und sich umsah, war die Türkin nirgends zu sehen. Er schwamm weiter. Er wollte sich etwas verausgaben, um die unzüchtigen Gedanken loszuwerden, die sich ihm erneut aufdrängten. Dann verließ er über die Treppe das Wasser und ging zurück zu seinem Badetuch. So, wie Gott ihn schuf – er fühlte sich unbeobachtet –, kreiste er seine Arme, um seine Schultern zu lockern, dann seinen Kopf, um den Nacken zu entspannen, und machte ein paar Liegestütze, bevor er sich das Handtuch umlegte und zum Umkleideschirm ging. Er erschrak, als er die junge Frau auf einer Steinbank sitzen sah, von der aus sie ihn die ganze Zeit beobachtet zu haben schien. Ihm stieg die Schamesröte ins Gesicht und er beeilte sich, hinter den Schirm zu gelangen. Als er angezogen wieder hervorkam, stand sie vor ihm, ergriff seine geöffnete Hand und malte mit einem dünnen Stöckchen, an dem schwarzes Pulver zum Schminken der Augen haftete, eine Mondsichel und eine Bank mit einer Zypresse und einem Brunnen daneben auf die Innenfläche. Nikolaus überlegte und zeigte auf sich und anschließend auf sie. Er wiederholte diese Handbewegung und machte ein fragendes Gesicht.

      Sie nickte.

      »Wie heißt du? Ich heiße Nikolaus. NIKOLAUS.« Er zeigte auf sich, dann auf sie. »Und wie heißt du?«

      »Melechsala. Mein Name ist Melechsala.«

      Dann klingelte das Glöckchen am Eingang. Tommaso stand in der Tür.

      »Ah, Tommaso! Gerade bin ich fertig. Du hast das Becken für dich!« Noch bevor der ihn in ein Gespräch verwickeln konnte, kam die gelb gekleidete Badefrau, die ihn heute früh massiert hatte, und überreichte ihm ein Badetuch. Nikolaus lächelte ihn an, zwinkerte unbemerkt Melechsala zu und verließ die Badehalle. Er fühlte sich glücklich und leicht. Was ist da gerade passiert?, fragte er sich. Mal sehen, ob ich im Koran schlauer werde, wie das Verhalten dieser jungen Schönheit zu werten ist, überlegte er und schlug den Weg zur Bibliothek ein.

      Die Bibliothek war nicht sehr groß. Kein Vergleich zu der im Vatikan. Seine private Büchersammlung war nicht viel kleiner. Aber dort auf dem hölzernen Stehpult vor dem Fenster lag zugeklappt, an einer Kette befestigt, die besagte lateinische Übersetzung des Korans.

      Er wusste nicht, wie lange er schon über das Buch gebeugt stand. Die Kernpunkte kannte er: der Glaube an einen Gott. Der Glaube an die Engel. Der Glaube an die Propheten – einschließlich Jesus. Der Glaube an die offenbarten Bücher Gottes. Der Glaube an den Tag des Gerichts. Der Glaube an das Schicksal und den göttlichen Erlass. Aber hier! Koran 9:17: »Und die gläubigen Männer und die gläubigen Frauen sind einer des anderen Beschützer: Sie gebieten das Gute und verbieten das Böse und verrichten das Gebet und entrichten die Zakat, eine Spende für die Armen, und gehorchen Allah und seinem Gesandten. Sie sind es, derer Allah sich erbarmen wird. Allah ist erhaben, allweise.«

      Seinem Gesandten … Das klingt gut, dachte Nikolaus und musste schmunzeln. Wieso kommt mir der Name Melechsala so bekannt vor? Er grübelte. Plötzlich fiel es ihm ein und er staunte: Die Geschichte, die man sich vom Grafen von Gleichen noch immer erzählte, handelte vom Grafengeschlecht aus Thüringen, das sich das Kloster Reinhardsbrunn als Hauskloster erwählt hatte. Kues erinnerte sich, dass einer der Grafenbrüder vor etwas über hundert Jahren in den großen Kreuzzug gegen die Sarazenen gezogen war, wobei er in Gefangenschaft geriet. Er entkam dem Henkersschwert, weil die Tochter des Sultans sich in ihn verliebte. Ihr Name war Melechsala. Sie floh mit ihm in seine Heimat und wurde seine zweite Frau. Ja, den Grabstein hatte er höchstpersönlich vor einigen Jahren in der Peterskirche des Erfurter Benediktinerklosters in Augenschein genommen und mit Verwunderung der Geschichte, die er zunächst für ein Märchen gehalten hatte, gelauscht. Welch ein Zufall! Vielleicht eine Fügung, ein Hinweis. Nun, er war fern der Heimat. Heute Abend würde er zum Treffpunkt gehen.

      Jetzt hörte er ein Glockenläuten. Das musste der Ruf zum Abendgebet in der Kapelle sein. Auf dem Weg dorthin kamen aus verschiedenen Richtungen Basilius, Giuliano, Tommaso und die drei vatikanischen Bediensteten dazu. Nach dem Gebet wurden sie vom Diener des Kaisers zu einer kleinen Abendmahlzeit in den Innenhof eines Nebengelasses gebeten. Sie waren dort unter sich, aßen sich satt, tranken vom besten Wein und beobachteten den Sonnenuntergang. Nikolaus war der Erste, der sich verabschiedete. Basilius erhob sich ebenfalls und letztlich gingen sie alle ein jeder in sein Zimmer.

      Nikolaus wartete, bis der Mond, und tatsächlich war es ein abnehmender Mond in Form einer Sichel, hoch am Himmel stand. Dann ging er zu der Steinbank am Brunnen mit der Zypresse. Melechsala trat hinter der Zypresse hervor, bedeutete ihm mit dem Zeigefinger, ihr zu folgen, und führte Nikolaus in eine kleine Nische, die von Hecken umgeben war. In der Mitte hatte sie eine Decke ausgebreitet und eine kleine Karaffe Wein auf ein Tablett gestellt. Sie bot ihm einen Kelch. Er trank und gab ihr den Kelch zurück. Melechsala nahm ebenfalls einen Schluck. Dann legte sie ihren Schleier ab und öffnete ihr Haar. Sie hatte wunderschöne volle Lippen, weiße Zähne, ein bezauberndes Lächeln, eine kleine Nase und diese wunderbar dunklen Augen. Ihr gewelltes volles Haar umspielte ihre hohen Wangenknochen. Nun öffnete sie ihr Oberteil. Ihre Brüste sprangen weich und voll aus ihrer Halterung. Dann öffnete sie auch ihre Pumphose, setzte sich, lüftete seinen Umhang, zog seine Hose herunter, lehnte sich zurück und spreizte leicht ihre Schenkel. Er vergaß seine Pflichten und dachte an den Satz: »… und gehorcht Gottes Gesandten.« Er drang in sie ein, sog ihren Duft auf, sie liebten sich bis zum Sonnenaufgang, jeder in seiner Sprache. Dann beeilten sie sich, halfen sich gegenseitig, sich ordentlich herzurichten, gaben sich einen Kuss und verließen den Ort der Liebe in entgegengesetzte Richtungen.

      Am nächsten Tag verzichtete Nikolaus auf ein gemeinsames Frühstück und die Gesellschaft seiner Reisegefährten. Stattdessen stand er mit dem Sonnenaufgang auf und meditierte eine gefühlte Ewigkeit. Sein Gewissen

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