Federn lassen. Regina Dürig
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Federn lassen - Regina Dürig страница 1
Regina Dürig
Federn lassen
Novelle
Literaturverlag Droschl
für Patricia, Patrizia & Pat
für Sandra, Danny, Liliane & Alex
und alle anderen Sanften
Dieses Buch wurde aus der Überzeugung geschrieben, dass unser Miteinander weitaus menschlicher sein könnte. Um die Gesellschaft zu verändern, müssen uns ihre strukturellen Schwächen bewusst sein. Einige der folgenden Geschichten schildern daher auch physische Gewalt – diese Kapitel sind mit einem Stern gekennzeichnet.
»Your silence will not protect you.«
Audre Lorde
»In fact, proximity to the other and closeness between us can be reached when engendering a common world together, a world that will not destroy the world which is proper to each one.«
Luce Irigaray
Nachtblind
Lass uns zurück diesen Weg
nehmen sagt Nino und zeigt
auf den Pfad der dämmrig vom
Waldweg abzweigt und
geht voran ihr wohnt
nicht weit von hier du kennst
den Wald oder Park oder wie
das zu nennen ist halb
dichte Grünheit an der
Baumgrenze zur
Zivilisation du gehst
Nino hinterher und die
Nacht zieht sich an
den Halmen herauf es
knackt es ginstert jetzt
hab dich nicht so denkst
du ihr seid schließlich
erwachsen zu
zweit gut Nino ist
schmächtig und hat in jedem
Handgelenk eine frisch
eingeschraubte Metallplatine
der darf nicht mal
Milch hochheben oder
Zucker oder Brot aber hier kann
nichts passieren denkst
du und Nino sagt hab ich
dir schon mal von meiner
Nachtblindheit erzählt
er sagt es nach vorn
du hörst es trotzdem gut
ist nicht lustig sagst du
und er sagt im Ernst
ich kann bei so Licht
wie jetzt fast gar
nichts mehr sehen und
gerade als du fragen willst
wie in aller Welt er dann auf die
Idee gekommen ist durchs
Unterholz zu pirschen
siehst du links von euch
am Boden einen Mann
sich aufsetzen als habe
er im Laub geschlafen und
als habet ihr ihn geweckt
eine langsame Bewegung
eine Drehung des Torsos
in die Wachheit dir
rennt ein Schatten in
den Brustkorb
einfach weitergehen
denkst du einfach nur
weiter du sagst nichts
nichts
immer noch nichts erst
als ihr aus dem Wald
fast schon raus seid fragst
du Nino leise ob er
den Mann auch gesehen habe
der da gelegen habe
das ist nicht lustig sagt
Nino im Ernst sagst du
ich glaub da war jemand und
Nino weiß seine Hände
sind zusammengenäht
aus Einzelteilen
und du kannst nicht
sagen ob es eine optische Täuschung
ob es nicht der Schlaf
selbst war der da gelegen
hat bereit sich zu erheben
und ihr sagt
nichts nichts immer
noch nichts ihr steht im
Hof beim großen Baum
und erst jetzt stellt sich
die Frage die einzige in
deinen Kopf was ist wenn
der Hilfe gebraucht hätte weil
warum sonst würde da einer
auf trockenem Laub liegen und
du fragst Nino ob ihr zurückgehen
solltet und Nino fragt bist du
sicher dass da jemand war
und du sagst nein da war
wahrscheinlich gar niemand