Corona Magazine #355: Dezember 2020. Uwe Anton

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Corona Magazine #355: Dezember 2020 - Uwe Anton Corona Magazine

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er an Stelle des bereits toten Lagerleiters für dessen Verbrechen büßen.

      Hier bedarf es wohl keines weiteren Kommentares, höchstens jenem, dass jeder »andersdenkende« Trekkie die Folge dringend nachholen sollte, falls er sie noch nicht kennt, oder einfach wieder einmal die DVD hervorholen.

       Der »Spaß« am Krieg

      Das Tötungsspiel ist erneut eine Doppelfolge; sie beinhaltet die Episoden Nr. 18 und 19 der vierten Staffel von Star Trek: Raumschiff Voyager (1995–2001). In diesen haben die kriegerischen Hirogen die Crew der Voyager gefangengenommen und lassen die Mitglieder mit gelöschtem Gedächtnis unter anderem in einer Holodeck-Simulation des von den Nazis besetzten Frankreich agieren. Selbst die hartgesottenen Hirogen müssen dabei schließlich erkennen, dass Krieg alles andere als nur ein Spiel ist.

      Obwohl der Actionfaktor in Das Tötungsspiel natürlich eine Rolle spielt, behandelt die Folge auch einen anderen Aspekt: den Fehler, Krieg, Faschismus und auch Extremismus nicht ernst genug zu nehmen, nur weil der letzte Ausbruch möglicherweise schon eine relativ lange Zeit zurückliegt. Man mag aus seinen Fehlern lernen können, zu jeder Zeit. Ob man das allerdings auch wirklich getan hat, ist und bleibt eine andere Frage; ebenso, ob dergleichen in den Augen mancher wirklich eine Glorifizierung verdient.

       Keine Unterschiede

      Natürlich widmete man sich der schwierigen Thematik auch in der fünften Star Trek-Serie Star Trek: Enterprise (2001–2005). In In sicherem Gewahrsam, Folge 21 der ersten Staffel, treffen Captain Jonathan Archer (Scott Bakula) und seine Crew auf das menschenähnliche und äußerst totalitäre Volk der Tandaraner, das sämtliche Angehörige der Suliban in Internierungslager steckt, unabhängig davon, ob diese zur gefährlichen Terrororganisation Cabal gehören oder lediglich harmlose Zivilisten sind.

      In dieser Episode geht es im Großen und Ganzen um das Thema »Verallgemeinerung«. Sind alle Angehörigen einer Minderheit, einer Gruppe, eines Volkes, einer Ethnie Feinde, weil es eine gewalttätige Fraktion unter ihnen gibt? Gibt eine derartige Fraktion irgendjemandem das Recht dazu, Generalverdacht auszusprechen und sämtliche Zugehörige zu hassen, zu bekämpfen und auszugrenzen oder, schlimmer noch, auslöschen zu wollen?

      Wie allein schon die Bezeichnung »Suliban« verheißt, stellte man hier eine Metapher zu den damaligen Taliban her – und packte damit ein heißes Eisen an.

       Schlachtvieh

      Wie Negativität in beide Richtungen vonstattengehen kann, ist in Star Trek: Discovery (seit 2017) gut an der Figur des Kelpianers Saru (Anthony Rapp) zu erkennen. Die Kelpianer sind ein Volk mit naturgegebener Dauerangst. Dies rührt daher, dass sie auf ihrer Heimatwelt Kaminar als Nahrungsquelle für die ihnen überlegenen Ba’ul quasi gezüchtet und ab einem bestimmten Alter »geerntet« werden. Saru ist diesem Schicksal nur durch seinen Weggang zur Sternenflotte entkommen.

      In der Folge Donnerhall aus der sechsten Episode der zweiten Staffel kehrt Saru nach vielen Jahren »offworld« auf seinen Heimatplaneten zurück und muss erkennen, dass sein Volk den jetzigen Aggressoren und Unterdrückern einmal haushoch überlegen gewesen ist und durch dessen schnelleren technischen Fortschritt nun gewissermaßen die Quittung für sein früheres Verhalten erhält.

      Haben einstige Unterdrückte das Recht dazu, bei passender Gelegenheit ihrerseits ihre früheren Unterdrücker zu unterdrücken? Schaut man genauer hin, erkennt man auch hier ziemlich viele Parallelen zur Wirklichkeit und kann, wenn man dazu geneigt ist, lernen, dass auch bei ungleichmäßiger Verteilung von Kräften eine gesunde Mitte entstehen kann, wenn man sich entsprechend bemüht.

       Aufstand der Sklaven

      Offene Sklaverei ist glücklicherweise bis auf wenige schlimme Ausnahmen in den meisten Ländern dieser Welt in der heutigen Zeit kein Thema mehr. Doch bedeutet das Ende der Sklaverei nicht automatisch auch das Ende von Ausbeutung, auch nicht in der vermeintlich positiven Star Trek-Zukunftswelt.

      Bereits in den beiden ersten Folgen der bislang noch neuesten, diesjährigen Star Trek-Serie Star Trek: Picard, Gedenken und Karten und Legenden wird dies thematisiert. Nach einem Aufstand der Androiden nach dem Vorbild des verstorbenen Lt. Commander Data (Brent Spiner) ist die Erschaffung jeglicher künstlicher Lebensformen in der Sternenflotte verboten. Nur ungenügend stellt man sich dabei die Frage, ob der verheerende Aufstand der Androiden nicht auch durch die Unterschätzung von deren Fähigkeit zu empfinden und durch ihre Ausbeutung mitverursacht worden sein kann.

      Die Parallelen liegen auch hier auf der Hand: Zwar gibt es in der realen Welt (noch) keine Androiden, dafür aber Ausbeutung. Und insbesondere die Verfechter von Ideologien, denen mitunter auch genannte andersdenkenden Trekkies zugetan sind, setzen sich mehr oder weniger offen für eine Fortsetzung von Ausbeutung ein, auch wenn das Ganze meist andere und weit klangvollere Namen als »moderne Sklaverei« trägt.

       Andersdenkende Trekkies

      Dies waren nur ein paar Beispiele dafür, wie Star Trek in all seinen Inkarnationen Stellung zum Thema Extremismus und auch Faschismus bezieht. Verständnis für derartige Ideologien findet sich nirgends, es sei denn, jemand möchte sich etwa die Vorgehensweise der Cardassianer mit aller Macht schönreden.

      In Star Trek geht es seit jeher um ein friedvolles Miteinander. Dass dieses selbst unter den besten Voraussetzungen niemals ohne Konflikte stattfinden kann, war auch Roddenberry, King und all ihren Nachfolgern klar.

      Die Frage lautet stets: »Wie dann?« Durch die Unterdrückung derjenigen, die diese Konflikte real oder auch nur vermeintlich verursachen? Oder nicht viel eher durch eine sinnvolle Auseinandersetzung mit den Problemen, die mit diesen Konflikten einhergehen? Die Fähigkeit, Kritik zu üben ist wertvoll und sollte auch bei passenden Gelegenheiten angewendet werden. Doch die Kunst des Kritisierens besteht in der Sachlichkeit, nicht in Ausführungen, die unpassende Vergleiche anstellen.

      Nein, nicht alle Menschen denken so. Aber zumindest Trekkies sollten es tun, denn diese Fan-Bezeichnung beinhaltet vieles, was auch in der realen Welt außerhalb der Fernsehbildschirme, Kinoleinwände oder Buchseiten Relevanz besitzt. Toleranz und Sympathie für Ideologien der Ausgrenzung und Unterdrückung jedoch ganz sicherlich nicht.

      In diesem Sinn: Live Long And Prosper!

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