Der Bergpfarrer Paket 4 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 4 – Heimatroman - Toni Waidacher Der Bergpfarrer Paket

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können gehen«, sagte er zu ihr. »Aber halten Sie sich zu unserer Verfügung.«

      Mit zitternden Knien stand sie auf und wankte aus dem Raum. Jochen Brandner sah seinen Vorgesetzten erstaunt an.

      »Sie lassen sie gehen?«

      Der Kriminalhauptkommissar biß sich auf die Unterlippe.

      »Entweder sagt sie die Wahrheit und hat tatsächlich mit der ganzen Sache nichts zu tun, oder sie ist so raffiniert, daß sie uns hier das Unschuldslamm nur vorspielt«, erwiderte er nachdenklich. »Jedenfalls werden wir sie net aus den Augen lassen. Observation rund um die Uhr. Vielleicht meldet sich Thorsten Gebhard über kurz oder lang bei ihr…«

      *

      »Und er hat sich net wieder gemeldet?«

      Maria Erbling sah Sebastian Trenker traurig an.

      »Ich versteh’ das gar net«, sagte die Witwe. »Dabei hat er doch so einen zuverlässigen Eindruck gemacht.«

      »Ich verstehe es auch nicht«, entgegnete der Bergpfarrer. »Aber ich denke, daß es etwas mit Ihnen zu tun hat, Frau Erbling. Sagen Sie, hat es irgendwelche Differenzen zwischen Ihnen und Karl gegeben?«

      Der Mann, von dem die beiden sprachen, war Karl Moislinger, ein Obdachloser den der gute Hirte von St. Johann im Pfarrhaus aufgenommen hatte, nachdem Karl vom Heuboden eines Bauern gefallen war, bei dem er als Erntehelfer gearbeitet hatte. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus bedurfte er noch Hilfe und Pflege. Während Sophie Tappert für das leibliche Wohl sorgte, kümmerte sich Dr. Wiesinger um die Genesung des Patienten.

      Karl gefiel es im Pfarrhaus, auch wenn er immer wieder den Drang nach Freiheit verspürte, der ihn schon seit vielen Jahren auf die Straße zog. Aber er wußte, daß es noch viel zu früh war, die Wanderschaft wieder aufzunehmen. Um so mehr verwunderte es Sebastian, daß der Moislinger-Karl an einem Samstag mittag verschwand und nichts wieder von sich hören ließ.

      Kurz zuvor hatte Maria Erbling, Witwe des letzten Poststellenhalters von St. Johann und gefürchtete Klatschtante des Dorfes, im Pfarrhaus angerufen und wollte den Obdachlosen sprechen. Was bei diesem Telefonat geredet wurde, entzog sich Sebastians Kenntnis. Aus diesem Grund war er heute bei Maria zu Besuch, um etwas darüber zu erfahren.

      »Sie haben doch öfter mit ihm gesprochen«, sagte der Geistliche. »Und am Tag seines Verschwindens haben S’ mit ihm telefoniert. Verstehen Sie, Frau Erbling, ich mach’ mir schon ein bissel Sorgen um den Karl und möchte herausfinden, was geschehen ist, das ihn zu diesem Schritt veranlaßt hat.«

      Die Witwe druckste herum, als sei es ihr peinlich, darüber zu sprechen.

      »Sie mochten ihn, den Karl, net wahr?« hakte der Bergpfarrer nach.

      Maria zuckte die Schultern und nickte gleichzeitig.

      »Schon«, gab sie zu. »Er war ja auch so hilfsbereit, als ich ihn gebeten hab’, hier im Haus mal nach dem Rechten zu schauen. Es gab da ein paar kleinere Arbeiten, und ich hab’ gedacht, ich mach’ ihm eine Freud’ damit, wenn ich ihn frag’.«

      »Er hat also hier bei Ihnen ein paar kleinere Reparaturen ausgeführt.«

      »Ja, und dann haben wir Kaffee getrunken und uns unterhalten…«

      »Worüber, wenn ich fragen darf?«

      Die Witwe zuckte die Schultern.

      »Na ja, über das Leben und so. Was man eben spricht, wenn man zusammensitzt und sich unterhält.«

      Sebastian schmunzelte. Eigentlich hatte er nicht erwartet, daß er diese Informationen so schnell aus Maria Erbling herauskitzeln würde. Zwar war ihre Lästerei im ganzen Ort gefürchtet, aber wenn es um sie selbst ging, dann konnte Maria verschlossen wie eine Auster sein.

      »Aha«, nickte er, »und haben S’ vielleicht ein paar Andeutungen gemacht…? Ich mein’, daß das Haus für Sie allein viel zu groß wär’ oder so ähnlich.«

      Maria errötete bis unter die Haarwurzeln.

      »Na ja, ich hab’ halt gedacht, ich würd’ ihm eine Freud’ machen«, sagte sie verlegen. »Es ist doch auch kein Leben, immer nur auf der Straße, wo er doch so krank ist, der Herr Moislinger.«

      »Ich glaub’, ich weiß jetzt, welche Absicht dahintersteckte, Frau Erbling«, lächelte Sebastian. »Und ich kann verstehen, daß Sie sich da gewisse Hoffnungen gemacht haben. Aber der Karl ist kein Mensch, der sich bindet. Er liebt seine Freiheit über alles, und wahrscheinlich hat er sich von Ihnen zu bedrängt gefühlt und hat daraus die Konsequenz gezogen, daß es besser wär’, wenn er weiterzieht.«

      »Dann hab’ ich ihn also vertrieben, ja? Wollen S’ das damit sagen?«

      Sebastian schüttelte den Kopf.

      »Nein, früher oder später wäre Karl ohnehin gegangen«, erwiderte er. »Ich hab’ Sie auch nur deshalb aufgesucht, um letzte Gewißheit zu haben. Sehen S’, ich selbst hab’ mich natürlich auch gefragt, warum er so Hals über Kopf auf und davon ist, und ob ich vielleicht der Grund bin. Aber jetzt sollten S’ sich deswegen keine Vorwürfe machen. Niemand hätt’ ihn aufhalten können.«

      Er verabschiedete sich von Maria Erbling und ging zum Pfarrhaus zurück.

      Geahnt hatte er schon, was dahinterstecken könne, zumal Alois Kammeier, der Mesner, ihm angedeutet hatte, die Witwe sei in Karl Moislinger verliebt. Zuerst wollte der Geistliche es nicht so recht glauben, doch dann erschien ihm dieser Gedanke gar nicht mehr so abwegig.

      Nun, wie auch immer, er hoffte, daß es dem Alten gutging, und Karl auf seine Gesundheit aufpaßte – wo immer er jetzt auch stecken mochte.

      Bis zum Mittagessen war es noch ein bißchen Zeit, und Sebastian warf einen Blick in die Tageszeitung. Die Schlagzeile war nicht zu übersehen.

      Dreiste Unterschlagung in Computerkonzern, stand in dicken Lettern auf der Titelseite. Wohin sind die dreißig Millionen Euro verschwunden? Weltweite Fahndung nach Finanzdirektor. War seine Geliebte Mittäterin?

      Der Geistliche las den Artikel ungläubig. Es war ihm ein Rätsel, wie ein einzelner Mensch in der Lage war, so eine Unterschlagung zu begehen, aber der vermutliche Täter war gerissen vorgegangen und hatte seit Wochen größere Summen auf ein Konto überwiesen, das augenscheinlich einer Partnerfirma der »Hillmann AG« gehörte. Erst durch eine Finanzprüfung innerhalb des Konzerns war der Betrug ans Licht gekommen.

      Neben Dr. Thorsten Gebhard wurde auch der Name einer Frau genannt, die verdächtigt wurde, in die Unterschlagung verwickelt zu sein. Zwar war der Nachname abgekürzt, doch das verschwommene Foto, das neben dem Artikel abgedruckt war, ließ den Geistlichen aufmerken. Er betrachtete es genau, schaute noch einmal auf den Namen. Maria B. – kein Zweifel, es mußte sich bei der Frau um ­Maria Berger handeln, die vor Jahren aus St. Johann fortgegangen war.

      Max kam und unterbrach seinen Bruder bei der Lektüre.

      »Dolles Ding, was?« sagte der Polizist, als er sah, was Sebastian las. »Unglaublich, mit was für einer Dreistigkeit manche Leute vorgehen.«

      Er rieb sich die Hände.

      »Ich glaub’, das Essen ist fertig.«

      Der

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