Der Bergpfarrer Paket 4 – Heimatroman. Toni Waidacher
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Читать онлайн книгу Der Bergpfarrer Paket 4 – Heimatroman - Toni Waidacher страница 8
»Ich schlaf’ ohnehin net lang«, erwiderte Sophie schmunzelnd. »Außerdem hab’ ich schon das Frühstück für die Silke gemacht.«
»Gestern abend hab’ ich net weiter gefragt«, meinte Maria, die ganz schnell wieder dazu übergegangen war, in dem heimatlichen Dialekt zu sprechen, den sie sich in München abgewöhnt hatte. »Aber ist es net ungewöhnlich, daß eine junge Frau hier ständig im Pfarrhaus wohnt?«
»Ja, das mag sein«, lachte die Haushälterin. »Aber das ist auch eine sehr ungewöhnliche Geschichte.«
Silke Brandner stammte aus Regensburg. Nach langer Arbeitslosigkeit hatte sie die Stelle der Gemeindeschwester in Engelsbach angetreten. Doch leider stand ihr Umzug unter keinem guten Stern, denn es war völlig unmöglich, eine Unterkunft zu finden. Das Wohnen in einem Hotel war alleine schon wegen der Kosten unmöglich, und so quartierte Sebastian, dem sehr daran gelegen war, daß im Nachbarort endlich wieder eine Gemeindeschwester arbeitete, die junge Frau kurzerhand im Pfarrhaus ein.
Freilich geschah das nicht, ohne daß dadurch ein handfester Skandal ausgelöst wurde. In dem, neben einer Journalistin, auch Blasius Eggensteiner verwickelt war, Sebastians Amtsbruder aus Engelsbach.
»Na ja, die Sache kochte zwar hoch«, erzählte die Haushälterin, »aber schließlich war ja an den Vorwürfen nix dran, und inzwischen haben sich die Leut’ daran gewöhnt, daß die Silke hier bei uns wohnt.«
Kurz darauf kam Sebastian Trenker in die Küche.
»Guten Morgen zusammen. Na, Maria, hast gut geschlafen?«
»Ach, ganz wunderbar«, lächelte sie.
»Das freut mich. Hast’ nachher Lust, ein bissel spazieren zu gehen? Es hat sich zwar net viel verändert in den Jahren, in denen du fort warst. Aber so einiges gibt es doch zu bestaunen.«
Maria biß sich auf die Unterlippe. Auf der Fahrt gestern hatte sie sich vorgestellt, wie es sein würde, die alte Heimat wiederzusehen. Aber sie hatte auch an die Leute gedacht. Wahrscheinlich hatten viele sie im Laufe der Jahre vergessen, aber nachdem ihr Foto in allen Zeitungen abgedruckt war, würden sie sie bestimmt sofort wiedererkennen.
»Ich weiß net«, antwortete sie. »Wär’ das net so was wie ein Spießrutenlauf?«
»Je eher du die Menschen mit dir konfrontierst, um so eher werden sie akzeptieren, daß du wieder hier bist«, entgegnete der Bergpfarrer. »Und du hast keinen Grund, dich zu verstecken. Schließlich bist du unschuldig!«
Dieser Satz gab den Ausschlag.
»Ja, Hochwürden«, nickte Maria, »Sie haben recht, es gibt keinen Grund, warum ich mich hier verstecken sollte.«
*
»Chef, halten Sie das wirklich für eine gute Idee, die Berger einfach wegfahren zu lassen?« fragte Jochen Brandner während der morgendlichen Dienstbesprechung. »Was, wenn Gebhard sich mit ihr in Verbindung setzt, und die beiden die Flucht der Frau ins Ausland organisieren?«
Der Kriminalhauptkommissar sah auf das Papier, das vor ihm auf dem Tisch lag. An der Besprechung nahmen auch Klaus Schober und Martin Ernst teil. Zusammen bildeten sie die Sonderkommission, die mit der Aufklärung des Falles beschäftigt war.
Vier Leute – eigentlich viel zu wenig. Aber mehr konnte der Münchener Polizeipräsident beim besten Willen nicht zur Verfügung stellen. Gerade wurde in der bayerischen Landeshauptstadt der Besuch eines hochrangigen ausländischen Staatsgastes vorbereitet, und die Sicherheitsmaßnahmen erforderten eine große Anzahl Beamter.
Das Papier, das Hellwig so interessiert in Augenschein nahm, war vor zehn Minuten per Fax eingetroffen. Es kam von den österreichischen Kollegen aus Wien. Danach sei Thorsten Gebhard angeblich in Oberösterreich gesehen worden. In einem Hotel sei man auf den Mann aufmerksam geworden, weil die Personenbeschreibung auf ihn paßte. Leider kam der Hinweis durch den Portier zu spät, denn als die Polizei in dem Hotel eintraf, war der Gast schon wieder abgereist. Natürlich wurden sofort die Kontrollen verschärft und eine großangelegte Suchaktion durchgeführt. Allerdings ohne Ergebnis. Die österreichischen Kollegen wiesen jedoch darauf hin, daß der Gesuchte sich immer noch im Grenzgebiet zu Deutschland aufhalten könne. Wolfgang Hellwig hatte sofort die Polizisten in den grenznahen Orten und Gemeinden in Alarmbereitschaft versetzt und zu erhöhter Wachsamkeit aufgerufen.
»Gestern mochte es vielleicht noch eine schlechte Idee gewesen sein«, antwortete der Kriminalhauptkommissar auf die Frage seines Mitarbeiters und klopfte mit dem Zeigefinger auf das Fax. »Inzwischen sieht die Sache vielleicht schon wieder anders aus.«
Ernst und die anderen nickten.
»Sie meinen, da könnt’ was dran sein, daß der Gebhard sich gar net sehr weit ins Ausland abgesetzt hat?« fragte Klaus Schober.
Hellwig breitete die Arme aus und ließ sie wieder fallen.
»Wir haben jeden internationalen Flughafen auf der Welt überprüfen lassen«, sagte er. »Nirgendwo ist ein Mann gesehen worden, auf den Gebhards Beschreibung paßt.«
»Aber er ist doch von Frankfurt aus nach Südafrika geflogen«, wandte Martin Ernst ein.
»Wenn schon. Er kann genauso gut unterwegs, zum Beispiel in Rom, die Maschine wieder verlassen haben. Ein raffiniertes Ablenkungsmanöver, um uns zu täuschen und auf eine falsche Fährte zu führen.«
Auf dem römischen Flughafen ›Leonardo da Vinci‹ legte das Flugzeug einen Zwischenstop ein, um weitere Passagiere aufzunehmen, hatte Hellwig herausgefunden.
Der Gedanke, Gebhard könne dort ausgestiegen sein, erschien ihm mit einem Male gar nicht mehr so abwegig. Während weltweit nach dem Millionendieb gesucht wurde, könnte der sich nach Südtirol durchgeschlagen haben, um schließlich bis nach Oberösterreich zu gelangen.
Der Beamte stand auf und trat an eine Karte, die an der Wand des Büros hing. Mit dem Finger fuhr er die Strecke entlang, die Thorsten Gebhard genommen haben konnte.
Plötzlich verharrte der Finger auf einem Punkt. Dort stand der Name des Ortes, in den Maria Berger gestern gefahren war.
Und St. Johann war nur einen Katzensprung von Österreich entfernt!
Hatte er so etwas wie eine Eingebung gehabt, als er der Frau erlaubte, München zu verlassen und in ihr Heimatdorf zu fahren?
Hellwig glaubte daran. Gestern hatte er sich den Plan zurechtgelegt, Maria Berger zu folgen und sie in St. Johann zu beobachten. Jetzt gab es noch einen viel gewichtigeren Grund dafür, diesen Plan auch in die Tat umzusetzen.
Er erklärte seinen Mitarbeitern sein Vorhaben.
»Ihr haltet hier also die Stellung«, sagte er abschließend. »Wir bleiben in Verbindung, und sollte sich dort tatsächlich etwas tun, dann muß der Kollege vor Ort, der Bruder dieses Pfarrers, eben aktiv werden.«
»Soll nicht doch einer von
uns mitkommen?« fragte Jochen Brandner.
»Ihr werdet hier gebraucht!« Ihr Vorgesetzter schüttelte den Kopf. »Vielleicht erweist es sich ja als Schuß in den Ofen, und der entscheidende Hinweis kommt von ganz woanders her. Dann will ich, daß hier alles glatt geht. Schober, Sie leiten während meiner Abwesenheit die Soko. Ich gehe jetzt zum Polizeipräsidenten