Das Dekameron. Джованни Боккаччо
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Giannottos Leib war in der Gefangenschaft abgemagert, seine angeborene adelige Gesinnung aber war in nichts geschwächt worden, und ebenso unversehrt hatte sich in ihm auch die Liebe zu seiner Dame erhalten. Obgleich er also auf das lebhafteste das begehrte, was Currado ihm anbot, und obgleich er sich in dessen Gewalt befand, so milderte er doch keineswegs dieWorte, die sein adeliger Stolz ihm eingab. „Currado“, erwiderte er, „ich habe weder deinem Leben noch dem, was dir gehört, aus Ehrgeiz, Geldgier oder irgendeinem anderen Grund verräterisch nachgestellt. Deine Tochter liebte ich, liebe sie und werde sie immerdar lieben, weil ich sie meiner Liebe wert halte. Und wenn ich nach der Meinung der großen Menge die Ehrbarkeit gegen sie verletzt habe, so habe ich eine Sünde begangen, die mit der Jugend untrennbar verbunden ist und die nur dann getilgt werden könnte, wenn man zugleich die Jugend vertilgte. Wollten aber die Alten sich daran erinnern, daß auch sie einmal jung waren, und wollten sie an fremde Fehler den Maßstab der eigenen legen und umgekehrt, so gälte diese Sünde nicht für eine so schwere, wie du und manche andere daraus machen. Was ich übrigens getan habe, habe ich als Freund und nicht als Feind getan. Das, was du dich jetzt zu tun erbietest, habe ich immer gewünscht, und hätte ich glauben können, daß es mir gewährt würde, so hätte ich schon vor langer Zeit darum angehalten. Nun aber soll es mir um so werter sein, je weniger Hoffnung dazu vorhanden war. Solltest du aber nicht so gesinnt sein, wie deine Worte mich glauben machen, so nähre mich nicht mit eitler Hoffnung, sondern lasse mich in das Gefängnis zurückführen und dort nach deinem Belieben plagen; denn so lange ich Spina lieben werde, werde ich um ihretwillen auch dich lieben und dich in Ehren halten, was immer du mir auch antun magst.“
Currado verwunderte sich, als er diese Worte vernahm, denn sie bekundeten eine große Seele und eine glühende Liebe, um derentwillen er ihn nur um so lieber gewann, ihn umarmte und küßte. Darauf ließ er, um weiteren Aufschub zu vermeiden, Spina in der Stille herbeiführen. Das Gefängnis hatte sie mager, bleich und schwach gemacht, und sie hatte sich, ebenso wie Giannotto, völlig verändert. Beide vollzogen alsdann mit herzlicher Übereinstimmung in Currados Gegenwart ihre Verlobung nach der bei uns herrschenden Sitte. Einige Tage lang verschwieg Currado das Geschehene vor jedermann und versorgte indessen die Verlobten mit allem, was sie brauchten oder wünschten. Als es ihm endlich Zeit zu sein schien, die Mütter des jungen Paares an dieser Freude teilnehmen zu lassen, rief er seine Gemahlin und die Cavriuola zu sich und sprach zu der letzten: „Was sagtet Ihr wohl dazu, Madonna, wenn ich Euch Euren ältesten Sohn als Gatten einer meiner Töchter überbrächte?“ Darauf antwortete Cavriuola: „Nur das eine vermöchte ich darauf zu sagen, daß ich, wenn es möglich wäre, Euch noch größeren Dank zu schulden, als ich ohnehin schulde, Euch noch viel dankbarer sein müßte, weil ich von Euch empfänge, was ich mehr liebe als mich selbst. Und wenn Ihr ihn mir so wiedergäbet, wie Ihr sagt, so fachtet Ihr die längst erloschene Hoffnung in mir zu neuem Leben an.“ Und als sie das gesagt hatte, weinte sie und schwieg. Da fragte Currado seine Gemahlin: „Was hieltest du denn davon, Frau, wenn ich dir solch einen Schwiegersohn schenkte?“ „Mir“, entgegnete seine Gattin, „wäre nicht nur einer von ihrem Hause, das ein adeliges ist, recht, sondern der Geringste, sobald es Euer Wille wäre.“ „Nun denn“, sagte Currado, „so denke ich wohl, daß ich Euch in ein paar Tagen diese Freude machen kann.“
Als er nach einiger Zeit sah, daß die jungen Leute ihr früheres Aussehen wiedergewonnen hatten, hieß Gurrado sie kostbare Kleider anlegen und fragte Giuffredi: „Könnte es wohl deine Freude noch erhöhen, wenn du deine Mutter hier sähest?“ „Es ist wenig glaubhaft“, entgegnete Giuffredi, „daß der Schmerz über ihr Unglück sie am Leben gelassen haben sollte. Wäre es aber dennoch der Fall, so wäre meine Freude groß, zumal ich hauptsächlich durch ihren Rat hoffen könnte, mein Ansehen in Sizilien wiederzugewinnen.“ Darauf ließ Currado die beiden Frauen hereinrufen, und diese bezeugten den Neuvermählten die herzlichste Freude, ohne sich jedoch die plötzliche Milde erklären zu können, mit der jener der Spina den Giannotto zum Manne gegeben hatte. Frau Beritola faßte indes, der früheren Reden Currados eingedenk, den Jüngling schnell ins Auge, und eine geheime Kraft weckte in ihr die Erinnerung an die kindlichen Züge des Sohnes, so daß sie ihn wiedererkannte und — ohne weiteren Aufschluß zu erwarten — ihm mit offenen Armen um den Hals fiel. So groß war das Übermaß mütterlicher Liebe und Freude, daß sie kein Wort zu sprechen vermochte, sondern aller Lebenskraft beraubt wie eine Tote an die Brust ihres Sohnes sank. Wohl wunderte sich dieser, daß er sie früher im selben Schlosse oftmals gesehen und nie erkannt haben sollte, doch regte sich schnell in ihm das Blut, das er von ihr empfangen, er schalt sich selbst wegen seiner früheren Sorglosigkeit, umfaßte sie weihend mit seinen Armen und küßte sie auf das zärtlichste. Als Frau Beritola unter dem liebevollen Beistand der Gemahlin Currados und der Spina durch kaltes Wasser und andere Mittel ihre verlorenen Kräfte wiedergefunden hatte, umfaßte sie ihren Sohn unter vielen Tränen und zärtlichen Worten voll mütterlicher Liebe aufs neue und küßte ihn wohl tausendmal. Er aber zeigte ihr in allem die kindlichste Ehrerbietung.
Nachdem sie einander drei- oder viermal voller Zärtlichkeit und Anstand umfangen hatten, nicht ohne teilnehmende Rührung der Umstehenden, erzählten sie sich alles, was ihnen zugestoßen war. Dann aber sagte Giuffredi zu Currado, der einige seiner Freunde schon zu deren großer Befriedigung von dem neuen Bunde benachrichtigt hatte und ein großes, glänzendes Fest veranstaltete: „Currado, Ihr habt mir schon manche Freude gewährt und lange Zeit meine Mutter ehrenvoll beherbergt. Ich bitte Euch nun, daß Ihr, um nichts ungeschehen zu lassen, was Ihr für uns tun könnt, durch die Gegenwart meines Bruders, den, wie ich Euch schon sagte, Herr Gasparrin d’Oria als Diener in seinem Hause hält, nachdem er ihn und mich zur See geraubt hat, meine Mutter und mich erfreuen und mein Hochzeitsfest verherrlichen wollt. Dann aber bitte ich Euch noch, jemand nach Sizilien zu schicken, damit er sich dort genau nach den Verhältnissen und dem Zustand des Landes erkundigt, nachforscht, ob mein Vater Arrighetto tot oder noch am Leben ist, und wenn er noch leben sollte, in was für einer Lage er sich befindet. Über dies alles soll er uns vollständigen Bescheid bringen.“ Dem Currado gefiel das Begehren des Giuffredi, und er schickte auf der Stelle zuverlässige Leute nach Genua und nach Sizilien.
Der erste Bote, der nach Genua gesandt war, suchte Herrn Gasparrin auf und bat ihn im Namen Currados inständig, diesem den Scacciato und dessen Amme zuzuschicken, und erzählte dabei der Reihe nach, was Currado für Giuffredi und dessen Mutter bereits getan hatte. Herr Gasparrin war über diese Nachrichten sehr verwundert und sagte darauf: „Gewiß will ich für Currado alles tun, was ihm angenehm sein kann, auch habe ich vor vierzehn Jahren den Knaben, nach dem du fragst, mit seiner Mutter ins Haus bekommen und bin gern bereit, ihm beide zu schicken. Doch sage deinem Herrn in meinem Namen, er möge sich in acht nehmen, daß er den Erzählungen des Giannotto, der sich jetzt Giuffredi nennt, nicht zu viel Glauben beigemessen habe oder noch beimesse, denn der ist viel durchtriebener, als Currado ahnt.“ Nach diesen Worten ließ er den Abgesandten ehrenvoll bewirten, zugleich aber berief er heimlich die Amme zu sich und befragte diese sorgfältig über die ganze Angelegenheit. Als jene von dem Aufstand in Sizilien hörte und vernahm, daß Arrighetto noch am Leben sei, entsagte sie der Furcht, die sie bisher gehegt hatte, und erzählte ihm, wie alles zugegangen war und welche Gründe sie so zu handeln bewogen hatten.
Die genaue Übereinstimmung zwischen den Reden der Amme und dem Bericht des Boten machte, daß Herr Gasparrin anfing, der Sache einigen Glauben beizumessen. So prüfte er denn als schlauer Mann die Angelegenheit von allen Seiten,