Das Dekameron. Джованни Боккаччо

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Das Dekameron - Джованни Боккаччо

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Damen hatten häufig geseufzt, als sie die mannigfachen Schicksale vernahmen, welche die schöne Alatiel betroffen. Wer weiß aber, was die Ursache jener Seufzer war? Vielleicht war die eine oder andere unter ihnen, die aus Verlangen nach ebenso zahlreichen Hochzeiten nicht minder als aus Mitleid seufzte. Indes, ich will mich für jetzt nicht mit einer solchen Untersuchung aufhalten, sondern sage, daß die Königin nach den letzten Worten des Panfilo sich zu Elisa wendete und dieser auftrug, mit einer neuen Geschichte die Reihe fortzusetzen. Elisa war dazu gern bereit und begann also:

      Wir ergehen uns heute auf einem weiten Plan, auf dem wohl ein jeder von uns nicht nur eine, sondern zehn und mehr Lanzen ohne Mühe zu brechen vermöchte, so reichen Vorrat an unerwarteten und harten Losen bietet uns das Schicksal. Aus dieser ungezählten Menge hebe denn auch ich eine Geschichte heraus:

      Als das römische Kaiserreich von den Franzosen auf die Deutschen übergegangen war, entstanden zwischen den beiden Völkern große Feindschaft und anhaltende, erbitterte Kriege. Infolgedessen stellten einmal der König von Frankreich und sein Sohn mit aller Anstrengung des Reiches und mit aller Unterstützung der Freunde und Verwandten ein großes Heer auf, teils zur Verteidigung des eigenen Landes, teils aber auch um das fremde anzugreifen. Bevor sie aber auszogen, ernannten sie, um das Reich nicht ohne Führung zu lassen, den Grafen Walter von Antwerpen, einen Mann von edlem Hause und großer Einsicht, der ihnen, wie sie wußten, besonders treu ergeben und befreundet war, zum allgemeinen Reichsverweser. Denn obgleich dieser in der Kriegskunst wohlerfahren war, so glaubten sie ihn dennoch mehr zu dem weichen Hofleben als zu den Anstrengungen des Kriegshandwerks geeignet. So fing denn Walter mit Verstand und Umsicht das ihm übertragene Amt auszuüben ah und zog dabei jedesmal die Königin und ihre Schwiegertochter zu Rate, welche er beide, obgleich sie seiner Hut und Lenkung anvertraut waren, immer als seine Oberen und Gebieterinnen behandelte.

      Walter war ein schöner Mann zu nennen. Er mochte etwa vierzig Jahre alt sein und war wohlgesittet und unterhaltend, wie nur ein Edelmann sein kann. Dabei war er der anmutigste und zierlichste Ritter seiner Zeit und zeichnete sich durch reichgeschmückte Kleider vor allen andern aus. Seine Frau war ihm bereits gestorben, und von ihr waren ihm nur ein Sohn und eine Tochter geblieben, die beide klein waren. So geschah es denn, daß, während der König von Frankreich und sein Sohn den erwähnten Krieg verfolgten, und Walter deshalb den Hof der beiden Frauen oft besuchte und über die Angelegenheiten des Reiches mit ihnen sprach, die Gemahlin des Königssohnes ein Auge auf ihn warf, seine Gestalt und seine feinen Sitten mit leidenschaftlicher Vorliebe betrachtete und im verborgenen in glühender Liebe für ihn entbrannte. Da sie sich nun bewußt war, jung und hübsch zu sein, und es ihm an einer Frau fehlte, meinte sie, mit leichter Mühe zur Erfüllung ihres Wunsches zu gelangen. Da nach ihrem Dafürhalten nur ihre Scham im Wege stand, entschloß sie sich, diese völlig abzutun und sich ihm ganz zu offenbaren.

      In dieser Absicht schickte sie eines Tages nach ihm, als sie eben allein war und die Zeit ihr zu ihrem Vorhaben gelegen schien, als ob sie über andere Dinge mit ihm zu reden habe. Der Graf, dessen Gesinnung von den Wünschen der Dame weit entfernt war, gehorchte diesem Befehle augenblicklich. Schon hatte er sich auf ihr Geheiß in einem Gemache, in welchem er mit ihr allein war, neben sie auf ein Ruhebett gesetzt und sie zweimal, ohne Antwort zu erhalten, nach der Ursache gefragt, um derentwillen sie ihn habe kommen lassen, alls sie endlich, von der Liebe überwältigt, purpurrot vor Scham, zitternd und stammelnd also zu reden begann: „Teurer und geliebter Freund dem ich angehöre! Euch als einem so verständigten Manne ist die Schwachheit sicherlich nicht unbekannt, der Männer sowohl als auch Frauen unterliegen, obgleich ihr unter den Frauen aus verschiedenen Gründen die eine mehr als die andere unterworfen ist. Mit Rücksicht darauf wird ein gerechter Richter dieselbe Sünde nach Verschiedenheit der Personen nicht mit derselben Strafe belegen. Wer könnte wohl leugnen, daß ein armer Mann oder ein armes Weib, die sich ihren Lebensunterhalt durch eigenen Schweiß verdienen müssen, weit mehr zu tadeln sind, wenn sie sich von der Liebe verlocken lassen und ihren Reizen folgen, als eine Frau, die in Reichtum und Muße sich nichts von dem zu versagen gewohnt ist, wonach sie ein Verlangen empfindet? Gewiß niemand. So glaube ich denn, daß die erwähnten Umstände sehr ins Gewicht fallen und jene Frau hinreichend entschuldigen, die sich so weit vergißt, der Liebe Gehör zu geben. Hat aber die Liebende sich außerdem einen verständigen und ehrenwerten Geliebten erkoren, so meine ich, vollendet dies ihre Entschuldigung. Nun trifft, wie mich dünkt, nicht allein beides in mir zusammen, sondern mich verleiten überdies noch manche andere Ursachen zur Liebe, so zum Beispiel meine Jugend und die Abwesenheit meines Gemahls. All dies möge also jetzt verbunden auftreten, um mich in Euren Augen wegen meiner glühenden Liebe zu entschuldigen, und gelingt mir dies Bestreben, wie es bei einem verständigen Manne gelingen muß, so bitte ich Euch, mir Euren Rat und Eure Hilfe zu gewähren. Ich gestehe Euch nämlich, daß ich unfähig bin, während der Abwesenheit meines Gemahls dem Stachel des Fleisches und der Gewalt der Liebe Widerstand zu leisten, welche beide so mächtig sind, daß die stärksten Männer, geschweige denn zarte Frauen von ihnen oftmals überwältigt wurden und noch täglich werden. Im Wohlleben und in der Muße, denen ich, wie Ihr seht, ausgeliefert bin, habe ich die Schwäche besessen, dem Verlangen der Liebe nachzuhängen und in verliebter Glut mich zu entzünden. Obwohlich weiß, daß meine Schwachheit, wenn sie bekannt würde, als unziemlich gelten müßte, finde ich nichts Unehrenhaftes dabei, solange sie verborgen ist und bleibt. Ist mir doch Amor insoweit günstig gewesen, daß er mir bei der Wahl des Geliebten nicht etwa die Einsicht geraubt, sondern vielmehr sie mir in reichem Maße verliehen hat, indem er mir in Eurer Person den gezeigt hat, der die Liebe verdient, die ihm eine Dame wie ich entgegenbringt. Täuscht mich kein Blendwerk, so seid Ihr der schönste, liebenswürdigste, anmutigste und verständigste Ritter, der im Königreich Frankreich gefunden werden kann. Außerdem fehlt Euch die Frau, wie mir jetzt der Gemahl fehlt. So bitte ich Euch denn bei der heißen Liebe, die ich für Euch im Herzen trage, mir die Eure nicht vorzuenthalten und mit meiner Jugend Mitleid zu haben, die sich in Wahrheit um Euretwillen wie das Eis am Feuer völlig verzehrt.“

      Diesen Worten folgte ein solches Übermaß von Tränen, daß die Dame, die noch weitere Bitten hinzufügen wollte, nicht imstande war, weiterzureden, sondern das Haupt niederbeugte und, wie vom Gefühl überwältigt, damit weinend an die Brust des Grafen sank. Der Graf dagegen schalt als ein durchaus rechtlicher Ritter so törichte Liebe, stieß die Dame zurück, die ihm schon um den Hals fallen wollte, und versicherte mit den heiligsten Schwüren, lieber ließe er sich vierteilen, als von sich selbst oder von anderen solch ein Vergehen gegen die Ehre seines Herrn zu dulden.

      Jedoch kaum hatte die Dame das vernommen, so war ihre Liebe vergessen und in wütenden Haß verwandelt. „Plumper Ritter“, rief sie, „soll ich denn auf solche Weise wegen meines Antrags von Euch verhöhnt werden? Da sei doch Gott vor, daß ich, weil Ihr mich töten wollt, nicht Euch statt dessen ums Leben bringen oder aus der ganzen Welt vertreiben sollte!“Und während sie noch sprach, fuhr sie mit den Händen in die Haare, zerraufte und verwirrte sich ganz, riß sich die Kleider auf, zerschlug sich den Busen und schrie, so laut sie konnte: „Zu Hilfe, zu Hilfe, der Graf von Antwerpen will mir Gewalt antun!“

      Als der Graf dieses Benehmen sah, sprang er auf, so rasch er nur konnte, weniger um der Reinheit seines Gewissens willen als aus Furcht vor dem höfischen Neide, der, wie er ahnte, der Bosheit der Fürstin mehr Glauben schenkte als seiner Unschuld. Er verließ das Zimmer und den Palast und floh in seine Wohnung. Hier hob er, ohne sich weiter zu besinnen, seine beiden Kinder aufs Pferd, stieg selber auf und ritt, so schnell er nur konnte, nach Calais. Inzwischen liefen auf das Geschrei der Dame viele Leute herbei, und als sie diese im beschriebenen Zustand antrafen, glaubten sie nicht allein dem von ihr vorgegebenen Grund ihres Schreiens, sie behaupteten noch außerdem, die Artigkeit und das zierliche Wesen des Grafen hätten nur zur Erreichung dieses Zieles dienen sollen. So lief denn alles wütend nach dem Hause des Grafen, um ihn festzunehmen, und als er nicht mehr gefunden ward, plünderte und zerstörte man es, bis es dem Erdboden gleichgemacht war. Auch gelangte die Neuigkeit, entstellt wie sie zu Paris erzählt wurde, in das Heer des Königs und seines Sohnes, Diese verurteilten, hocherzürnt über solchen Frevel, den Grafen und seine Nachkommen zu ewiger Verbannung und versprachen jedem, der sie lebend oder tot einbrachte, die größte Belohnung.

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