Reise zum Mittelpunkt der Erde. Jules Verne

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Reise zum Mittelpunkt der Erde - Jules Verne Jules Verne bei Null Papier

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warum nicht? Kön­nen wir nicht auf elek­tri­sche Er­schei­nun­gen rech­nen, die uns Licht ge­wäh­ren, und selbst auf die At­mo­sphä­re, wel­che bei An­nä­he­rung an das Zen­trum durch ih­ren Druck leuch­tend wer­den kann?«

      »Ja«, sag­te ich, »ja! Das ist mög­lich nach al­lem.«

      »Das ist ge­wiss«, er­wi­der­te mein On­kel tri­um­phie­rend; »aber nur stil­le, ver­stehst du? Kein Wort von alle die­sem; kein Mensch soll die Idee be­kom­men, vor uns das Zen­trum der Erde zu ent­de­cken.«

      So schloss die­se merk­wür­di­ge Un­ter­re­dung. Ich war fie­ber­haft an­ge­regt. Ich ver­ließ ganz ver­blüfft das Ka­bi­nett mei­nes On­kels, und die Luft Ham­burgs reich­te nicht aus, um mich dar­in zu er­ho­len. Ich eil­te da­her an das El­bu­fer nach der Dampf­fäh­re hin, wel­che zur Ver­bin­dung der Stadt mit der Ham­bur­ger Ei­sen­bahn dient.

      War ich von dem, was man mich eben ge­lehrt hat­te, über­zeugt? War ich nicht viel­mehr dem Pro­fes­sor Li­den­b­rock er­le­gen? Soll­te ich im Ernst neh­men, dass er ent­schlos­sen sei, zum Zen­trum des Erd­kör­pers zu drin­gen? Hör­te ich so­eben die tol­len Spe­ku­la­tio­nen ei­nes Nar­ren, oder die wis­sen­schaft­li­che Dar­le­gung ei­nes großen Ge­nies? Bei al­lem, wo hör­te die Wahr­heit auf, be­gann der Irr­tum?

      Ich schwank­te zwi­schen tau­send sich wi­der­spre­chen­den Hy­po­the­sen, ohne mich an ei­ner fest­hal­ten zu kön­nen.

      Doch er­in­ner­te ich mich, dass ich über­zeugt war, ob­wohl mein En­thu­si­as­mus an­fing mä­ßi­ger zu wer­den; aber ich hat­te un­ver­züg­lich ab­rei­sen wol­len, ohne mir Zeit zum Über­le­gen zu las­sen. Ja, es hät­te mir nicht an Mut ge­fehlt, au­gen­blick­lich mei­nen Ran­zen zu schnal­len.

      Doch muss ich ge­ste­hen, eine Stun­de her­nach war die­se Über­rei­zung schon ge­sun­ken, die Span­nung mei­ner Ner­ven ließ nach, und kam wie­der aus den Ab­grün­den der Erde zur Ober­flä­che em­por.

      »Das ist ja lä­cher­lich!« sag­te ich mir; »es hat kei­nen rech­ten Ver­stand! Solch einen Vor­schlag kann man ei­nem ver­stän­di­gen Jun­gen nicht im Ernst ma­chen. Das al­les ist ei­tel nichts. Ich habe übel ge­schla­fen, einen schlim­men Traum ge­habt.«

      In­zwi­schen war ich längs dem Ufer der Elbe um die Stadt her­um­ge­kom­men und auf die Stra­ße nach Al­to­na. Es hat­te mich eine rich­ti­ge Ah­nung die­sen Weg ge­führt, denn ich be­merk­te bald mein lie­bes Gret­chen, das ra­schen Schrit­tes tap­fer nach Ham­burg heim­ging.

      So erreichte ich das Ufer der Elbe. So erreichte ich das Ufer der Elbe.

      »Gret­chen!« rief ich ihr von wei­tem zu.

      Das Mäd­chen stand stil­le, et­was be­trof­fen, schi­en es, auf of­fe­ner Stra­ße so an­ge­ru­fen zu wer­den. Mit zehn Schrit­ten war ich bei ihr.

      »Axel!« sag­te sie über­rascht. »Du bist mir ent­ge­gen ge­gan­gen, das ist ja recht hübsch.«

      Als nun aber Gret­chen mich an­sah, ent­ging ihr mein un­ru­hi­ges, ver­stör­tes Aus­se­hen nicht.

      »Was ist dir?« sag­te sie, mir die Hand rei­chend.

      »Was mir ist, Gret­chen!« rief ich.

      Und in zwei Se­kun­den, in drei Sät­zen hat­te ich mei­ne hüb­sche Vier­län­de­rin über die Lage der Din­ge in Kennt­nis ge­setzt. Ei­ni­ge Au­gen­bli­cke schwieg sie. Ob ihr Herz gleich dem mei­ni­gen klopf­te, weiß ich nicht, aber ihre Hand in der mei­ni­gen zit­ter­te nicht. Hun­dert Schrit­te gin­gen wir stumm ne­ben­ein­an­der her.

      »Axel!« sag­te sie end­lich.

      »Lie­bes Gret­chen!«

      »Das wird eine schö­ne Rei­se sein.«

      Ich sprang auf bei die­sen Wor­ten.

      »Ja, Axel, eine Rei­se, des Nef­fen ei­nes Ge­lehr­ten wür­dig. Ein Mann muss sich durch ein großes Un­ter­neh­men aus­zeich­nen!«

      »Wie? Gret­chen, du rätst mir nicht von solch ei­nem Un­ter­neh­men ab?«

      »Nein, lie­ber Axel, und ich wür­de euch ger­ne be­glei­ten, wenn nicht ein ar­mes Mäd­chen ein Hin­der­nis für euch wäre.«

      »Ist das wirk­lich dein Ernst?«

      »Wirk­lich.«

      Ach. Wie sind doch Frau­en, jun­ge Mäd­chen, weib­li­che Her­zen stets un­be­greif­lich! Seid ihr nicht die schüch­t­erns­ten We­sen, so seid ihr die tap­fers­ten! Ver­nunft hat bei euch kei­ne Gel­tung. Wie? die­ses Kind er­mun­ter­te mich, die Rei­se mitz­u­ma­chen! Sie hat­te kei­ne Furcht vor ei­ner aben­teu­er­li­chen Fahrt! Sie dräng­te mich dazu, den sie doch lieb­te.

      Ich war ver­le­gen und, of­fen zu sa­gen, schäm­te ich mich.

      »Gret­chen«, fuhr ich fort, »wir wol­len se­hen, ob du mor­gen noch eben­so sprichst.«

      »Mor­gen, lie­ber Axel, werd’ ich re­den, wie heu­te.«

      Wir gin­gen Hand in Hand, aber in tie­fem Schwei­gen un­se­res We­ges wei­ter. Die Gem­müts­be­we­gun­gen des Ta­ges hat­ten mich klein­laut ge­macht.

      »Im­mer­hin«, dach­te ich, »ist der ers­te Juli noch weit ent­fernt, und bis da­hin kann noch man­ches vor­ge­hen, was mei­nen On­kel von der tol­len Lust, eine Rei­se un­ter die Erde zu ma­chen, hei­len mag.«

      Es war schon Nacht ge­wor­den, als wir bei dem Hau­se der Kö­nigs­tra­ße an­lang­ten. Ich hat­te ver­mu­tet, wir trä­fen die Woh­nung ru­hig, mei­nen On­kel, wie ge­wöhn­lich, schon zu Bet­te und Mar­tha mit Ab­stau­ben des Spei­se­zim­mers be­schäf­tigt.

      Aber ich hat­te die Un­ge­duld des Pro­fes­sors nicht in An­schlag ge­bracht. Ich fand ihn un­ter ei­ner Trup­pe Last­trä­ger, wel­che al­ler­hand Wa­ren in die Al­lee brach­ten, mit lau­tem Ge­schrei hin und her ren­nend; die alte Die­ne­rin wuss­te nicht, wo ihr der Kopf stand.

      »Aber, so komm doch, Axel; eile doch, Un­glück­se­li­ger!« rief mein On­kel schon von wei­tem, wie er mich er­blick­te. »Und dein Kof­fer ist noch nicht ge­packt, und mei­ne Pa­pie­re noch nicht ge­ord­net, und der Schlüs­sel mei­nes Rei­se­sacks nicht zu fin­den, und mei­ne Ga­ma­schen blei­ben aus!«

      Ich fand meinen Onkel schreiend und zeternd. Ich fand meinen Onkel schreiend und zeternd.

      Ich war wie vom Don­ner ge­rührt, die Stim­me ver­sag­te mir. Kaum ver­moch­ten mei­ne Lip­pen

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