Deutscher Herbst 2015. Alexander Meschnig

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Deutscher Herbst 2015 - Alexander Meschnig

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da er längst ahnt, dass »das Weltgewissen« von ihm verlangt, die ausbeuterische und rassistische Kultur Europas zu verurteilen und die neue, bunte Welt zu begrüßen. Am Ostersonntag, als die Flotte Frankreich erreicht, wird endgültig klar, dass niemand mehr bereit ist, für seine Werte einzustehen. Angesichts der »Armada der letzten Chance« hat die Grande Nation nichts mehr entgegenzusetzen:

      »Ihre Waffen sind die Schwäche, die Armut und das Mitleid, das sie erwecken, sowie das ungeheure moralische Gewicht, das ihnen in den Augen der Weltmeinung zukommt. (…) Wer vermag in einer solchen Lage in seinem Herzen noch einen letzten Rest jenes geächteten Mutes aufzubringen, der ihn vor dem Ansturm des Mitleids schützen könnte? Wo soll er im Labyrinth der vorgekauten Gedanken und der vorgefertigten Gefühle noch nach Widerstandskräften suchen?«

      Die Armada strandet schließlich auf dem Sand und den Felsen der Cote d’Azur. Nach ihrem Vorbild schiffen sich auch an anderen Orten der Dritten Welt Millionen nach Norden ein …

      II.

      Raspails Roman hat in vielen seiner Facetten im Deutschland des Jahres 2015 eine fast schon unheimliche Entsprechung gefunden. Seine Dystopie beschreibt den aktuellen Zustand in zum Teil harten, zynischen, aber auch satirischen Sequenzen. Fernsehen, Radio und Printmedien überbieten sich zur Zeit in Deutschland gegenseitig in der täglichen Berichterstattung über all die »Schätze« (wörtlich!), die zu uns kommen, preisen die endlose Bereicherung an, die großartige Vielfalt, die unglaublichen Chancen, unser unverhofftes Glück, und stimmen uns auf die Veränderungen unser aller langweiligen und grauen Leben ein. Man fragt sich unwillkürlich, so wie Raspails Erzähler, wie man so lange auf diese Menschen hatte verzichten können!

      Die Diskrepanz zwischen der harten Realität und der medialen Dauerpropaganda (gibt es ein anderes Wort dafür?) wirkt bereits mehr als absurd. Applaudierende Bürger stehen an Bahnsteigen und begrüßen illegale Migranten, die mit »Zügen der Hoffnung« (SPIEGEL) ankommen, wie siegreiche Fußballspieler. Die eigene Hilfsbereitschaft, mittels Handy und Smartphone gut dokumentiert, übernimmt wohl nur in den wenigsten Fällen Verantwortung für das eigene Tun, das über kurzfristige moralische Erbauung hinausgeht. Die mittel- und langfristigen Folgen des Zuzugs Hunderttausender, in den nächsten Jahren über Familiennachzug und weitere »Flüchtlingswellen« wahrscheinlich von Millionen, sollen dann wieder andere übernehmen, in der Regel diejenigen, die an den Schnittpunkten sozialer Verwerfungen leben müssen. Die Bilder der jubelnden Deutschen, von den Ankommenden sofort in die Heimat gesendet, werden weitere Signalwirkung haben. Sie setzen Anreize für noch mehr Migration, für noch mehr Schilder mit Angela Merkels Konterfei und der lauten Forderung, unverzüglich nach Germany geführt zu werden, denn hier, so suggerieren es die Bilder, ist jeder willkommen. Wohnung, Arbeit, Geldleistungen eingeschlossen. Der Versuch, in Zukunft über verbindliche Quoten Flüchtlinge, die – wie deutlich zu sehen – überwiegend nach Deutschland wollen, auf Bulgarien, Polen oder Estland zu verteilen, ohne deren massiven Widerstand dagegen mitzubedenken, ist nur ein weiterer Beweis für die Hilflosigkeit der politischen Klasse. Wer die Quotenlösung durchsetzen will, muss bereit sein, schwer bewachte Transporte quer durch Europa zu begleiten, mit zehntausenden von Menschen die um keinen Preis in Länder wie Litauen oder die Slowakei wollen.

      Die Fallhöhe der Willkommenskultur in Deutschland wird in den nächsten Monaten enorm sein. Die staatlichen Medien, allen voran ARD und ZDF, aber auch SPIEGEL, ZEIT und andere Blätter, die nur noch Erziehungskuren für die Uneinsichtigen verordnen, wären gut beraten, die deutsche Gesellschaft auf die Zeit nach der verpflichtenden Willkommenskultur vorzubereiten. Doch das wird strikt verweigert. Man kann zwar insgeheim auf die Macht des Faktischen vertrauen, aber es ist zu befürchten, dass es zu spät sein wird, die Folgen der hybriden Politik Deutschlands noch in irgendeiner politisch vertretbaren Weise handhaben zu können. Kein demokratisch regiertes Land kann etwa Massenabschiebungen durchsetzen. Zudem hat Deutschlands faktische Aufgabe aller europäischen Asylgesetze Folgen für die europäische Gemeinschaft als Ganzes. In diesem Punkt ist den Ungarn Recht zu geben.

      Der in diesem Jahr 90 Jahre alt gewordene Jean Raspail kann seine vor fast einem halben Jahrhundert verfasste Vision heute wohl als bestätigt sehen. Aber ich vergaß den entscheidenden Einwand gegen seine Voraussagen: Raspail ist ein »Rechter«.

       1. Oktober 2015

      UNANGENEHME FRAGEN UND ENTSCHEIDUNGEN

      I.

      1982 konnte der SPD-Kommunalexperte Martin Neuffer im SPIEGEL noch einen Beitrag mit dem dramatischen Titel »Die Reichen werden Todeszäune ziehen« veröffentlichen. Mit den darin enthaltenen Aussagen würde der SPD-Politiker heute sicher nicht nur eine Anzeige wegen Volksverhetzung erhalten, sondern auch aus seiner Partei ausgeschlossen werden. Das alleine zeigt, wie eingeengt und tabuisiert alle Themen rund um Einwanderung und Integration geworden sind. Das Eindrucksvollste an Neuffers Text ist aber die prognostische Qualität. So schrieb er in Bezug auf die kommende Entwicklung vor über 30 Jahren:

      »Die Bevölkerung Afrikas wird sich voraussichtlich vervierfachen, ehe das Wachstum zum Stillstand kommt, die Südasiens von heute 1,4 auf über 4 Milliarden ansteigen. Der mit solchen Entwicklungen verbundene ungeheure soziale Druck wird zwangsläufig zur Herausbildung autoritärer bis diktatorischer politischer Regime in zahllosen Ländern dieser – und natürlich auch anderer – Erdregionen führen. Unter Anlegung heutiger Maßstäbe wird sich die Zahl derer, die politisch bedroht oder verfolgt werden, leicht auf Hunderte von Millionen Menschen belaufen. Es ist eine Illusion, zu meinen, die Bundesrepublik könne in dieser Lage ihre Grenzen für alle Asylanten der Erde weit offen halten. Sie könnte es schon nicht annähernd für die unübersehbare Masse der echten politischen Flüchtlinge. Sie wäre aber auch überhaupt nicht in der Lage, zwischen echten und den Fluten der unechten Asylsuchenden zu unterscheiden. Eine solche Unterscheidung verlöre von einem bestimmten Punkt an auch jeden Sinn.«

      Im Herbst 2015 ist diese Situation Wirklichkeit geworden. Selbst die lautesten »Refugees welcome«-Rufer werden angesichts der täglichen Bilder einströmender Massen, überwiegend junge Männer, langsam stiller. Unter dem Druck der Verhältnisse werden nun von der Regierung Gesetze – zumindest auf dem Papier – verabschiedet, die der Zuwanderung Grenzen setzen sollen. Ein mulmiges Gefühl angesichts hunderttausender junger (muslimischer) Männer, die alle nach Deutschland wollen und dies auch, wenn nötig, mit Gewalt durchsetzen, überkommt nun doch viele der allzu Naiven und Gutwilligen. Dass die unbegrenzte Empathie für jeden Ankommenden schwierig werden wird, spätestens da, wo große Gruppen zugewanderter Männer aus patriarchalen, tiefreligiösen und tribalistischen Gesellschaften auf etwa Andersgläubige, Homosexuelle und emanzipierte Frauen der westlichen Welt treffen, war für nüchterne Betrachter vorhersehbar. Die täglichen Berichte von gewalttätigen Auseinandersetzungen in Aufnahmeeinrichtungen zwischen unterschiedlichen Ethnien und Religionen, die Vergewaltigungen und sexuellen Übergriffe auf Frauen durch männliche »Flüchtlinge« in den Unterkünften, die nicht einmal die mehrheitlich politisch links stehenden Frauenorganisationen verschweigen können, zeigen ein immer realistischeres Bild derjenigen, die nach Deutschland strömen. Dass nicht, wie lange suggeriert und in medialer Dauerschleife wiederholt, der syrische Arzt oder afghanische Ingenieur der Normalfall ist, sondern junge, muslimisch sozialisierte Männer, in der Regel ohne Berufsausbildung und mit bloß dürftigen Schulabschlüssen, dafür aber mit gewaltigen Ansprüchen an ihr Gastland, hätte man schon bei einer Betrachtung der ungeschminkten Bilder ausländischer Fernsehsender sehen können. Gezeigt wurden uns in ARD und ZDF, neben sympathischen und gut ausgebildeten Syrern, Frauen mit Kindern oder Familien, auf die die Kameras regelmäßig zoomten. Der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow war der erste, der nach den gewalttätigen Auseinandersetzungen in Suhl eine Trennung der Flüchtlinge nach Ethnien und Religionen verlangte. Für einen Linken eine erstaunliche Forderung. Die Gewerkschaft der Polizei hat vor einigen Tagen, angesichts

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