Seelenverkäufer. Karl May

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Seelenverkäufer - Karl May

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rief er, „ist Er denn wirklich so heidenmäßig dumm, dass Er nicht weiß, was links und was eine Tür ist?“

      „Freilich! Ich hielt Sein großes Maul für das Loch, durch das ich kriechen soll. Er reißt es ja sperrangelweit auf.“

      Damit drehte sich der Fremde nach links und trat in das Vorzimmer. Polenz hob schon den Fuß, ihm nachzueilen, um ihn für die Beleidigung zu züchtigen, aber die Gegenwart der Angebeteten veranlasste ihn, seinen Zorn zu beherrschen.

      „Freches Subjekt!“, brummte er. „Solches Volk darf man aber gar nicht beachten! – Also das gnädige Fräulein steht im Begriff, auszugehen? Und doch lässt mich der Dienst keine spätere Stunde erwarten.“

      „Nun, so teilt mir schnell mit, was Ihr von mir wollt!“

      „Was ich will, fragt Ihr? Nichts weiter als eine endgültige Entscheidung. Ihr kennt mich und meine Verhältnisse und wisst auch, dass ich nicht ohne Vorsprache bin.“

      „So wisst Ihr desto weniger, dass die Vorsprache der Liebe nur schadet. Diese lässt sich nicht kommandieren, sie handelt nach eigenem Ermessen und ist nur für den Preis zu haben, den sie selbst bestimmt.“

      „So nennt mir diesen Preis!“, bat der Offizier, indem sein Blick sich mit verlangender Glut an die Sprecherin heftete.

      Mit träumerisch glücklichem Ausdruck suchte ihr Auge die Tür, hinter der vor wenigen Sekunden der Fremde verschwunden war, und leise klang es von ihren Lippen.

      „Ich kann nur einem Mann gehören, der neben Körper- und Geisteskraft auch einen Sinn für die feineren Gefühle des Herzens besitzt. Das gemeine, alltägliche Leben muss mit den Strahlen der Romantik übersponnen werden, wenn die Liebe heimisch werden soll, und ich kann mir nichts Entzückenderes denken, als wenn zum Beispiel ein stolzer Ritter die Zeichen seines Standes von sich legt, um im unscheinbaren Kleid nach dem Besitz der Geliebten zu ringen.“

      In süßer Vergessenheit haftete ihr Auge noch immer an der Tür, als könne sie durch diese das Wesen erblicken, von dem ihre Worte redeten; dann aber richtete sie sich stolz empor, grüßte den Oberleutnant mit einem kurzen Nicken des weißgepuderten Lockenköpfchens und rauschte die Stufen hinab.

      „Die Zeichen seines Standes von sich legt – also inkognito – in unscheinbarem Kleid – stolzer Ritter – Besitz der Geliebten ringen“, murmelte Polenz. „Hm, hab’ noch gar nicht gewusst, dass sie an solchen alten Burg- und Rittergeschichten Wohlgefallen findet. Mir soll’s recht sein – da bin ich mit dabei. Nach Beyersdorf geht sie? Gut, ich komme auch nach Beyersdorf – aber natürlich inkognito. Da gibt’s dann vielleicht Eduard und Kunigunde und nachher zur Abwechslung Kunigunde und Eduard.“

      Unter diesen Gedanken stieg auch er jetzt mit nachdenklicher Miene nach unten.

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