Gesammelte Beiträge von Max Weber. Max Weber

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Gesammelte Beiträge von Max Weber - Max Weber

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der freie kündbare Pächter und der Sklave am Ende der »klassischen« Epochen – ersterer von vorwiegender Bedeutung im Osten, letzterer als Landarbeiter im Okzident vorwiegend, – beide übrigens, ohne je die Alleinherrschaft gegenüber dem fast überall, oft in recht kompakten Massen und in der Ueberzahl, sich erhaltenden selbstwirtschaftenden Eigentümer zu gewinnen, – so tritt nun in den Zeiträumen nach der endgültigen Ablösung des Stadtstaates durch die universelle Militärmonarchie eine Erscheinung langsam immer mehr in den Vordergrund, welche anscheinend etwas gänzlich Neues ist: die ländliche Grundherrschaft. An die Scholle – zugunsten, aber (wohlgemerkt) in gewissem Sinn damit auch zulasten – des Herrn gebundene Kolonen mit (mehr oder minder) traditionell gebundenen Pflichten und Ansprüchen; die Grundherren als Ortsobrigkeit; die Staatslasten, speziell Steuern und Rekrutengestellung als Lasten dieser Grundherrschaften; Immunitäten verschiedenen Umfangs zu ihren Gunsten, – das sind Erscheinungen, welche die »Bürgerpolis« (Nr. 6, 7) natürlich nicht kennt, vielmehr normalerweise bewußt ausschließt. Das Entstehen des Gebildes erscheint daher als absolute Neuschöpfung. In Wahrheit hat es zu bestehen sicherlich nie aufgehört. Nur sein Herrschaftsgebiet war zusammengeschmolzen und seine universelle Bedeutung hatte sich seit den Zeiten des Burgenkönigtums für lange außerordentlich vermindert. In den breiten städtelosen kontinentalen Binnengebieten hatte es zweifellos immer Grundherrschaften in mehr oder minder ausgeprägter Entwicklung gegeben, und sobald die orientalischen Stadtkönigtümer und Leiturgiemonarchien sich zu »Weltreichen« erweiterten – zuerst im Assyrerreich –, bildeten sie naturgemäß ein Konglomerat von städtisch und von grundherrlich – als Domänen oder Lehen – organisierten Gebieten. So namentlich auch das Perserreich. Ebenso, mindestens (schwerlich immer: nur) für das Domänenland, wo der Herrscher die privatrechtlichen Befugnisse des Besitzers mit seinen Verwaltungszwangsrechten ungeschieden vereinte, die hellenistischen Monarchien, welche allerdings im ganzen ihrer Struktur nach (außer in Aegypten) die Polis als Organisationsgrundlage entschieden begünstigten und propagierten. Das römische Weltreich als Abschluß der Antike bedeutete schließlich auch im Okzident eine Verschiebung der Kultur und des (militärisch zunehmend relevanten) Bevölkerungsschwerpunktes von den Küsten in das Binnenland, und damit eine weitgehende Verschiebung in den ganzen gesellschaftlichen Grundlagen und in den Organisationsproblemen des Staatswesens. Mit diesen Verschiebungen und mit ihren ökonomischen Konsequenzen für die kaiserliche Politik hing dann die Entwicklung derjenigen sozialen Institutionen zusammen, welche den Uebergang zu unserer mittelalterlichen Gesellschaft bedeuten. Die zentralen agrargeschichtlichen Phänomene dieser Epoche und der spätantiken Grundherrschaft überhaupt werden daher in einem gesonderten Artikel (»Kolonat«) behandelt werden. –

      Daß die vorstehenden »Typen« des »Bauerngemeinwesens«, der »Adelspolis«, des »bureaukratischen Stadtkönigtums«, der »Hopliten«- und »Bürgerpolis«, der »Leiturgiemonarchie«, selten reinlich geschieden neben- oder nacheinander existierten, braucht kaum bemerkt zu werden. Diese »idealtypischen« Begriffe dienen hier nur dazu, den einzelnen Staat danach orientierend zu klassifizieren: ob er sich, im ganzen oder in bestimmten einzelnen Beziehungen, zu einem gegebenen Zeitpunkt dem einen oder dem anderen jener begrifflichen Typen mehr oder minder annähert. Denn die realen Staatswesen spotten naturgemäß in den historisch wichtigsten Bestandteilen ihrer Eigenart meist jeder so einfachen Klassifikation. Vor allem ein historisch wichtiger Typus ist dabei gar nicht zu seinem Recht gekommen: die militärisch, als Hoplitenverband, konstituierte Samtgemeinde von Bauernschaften, wie sie im Altertum mehrfach, allerdings m. E. immer sekundär: unter teilweiser Uebernahme städtischer Institutionen, auftritt (Altisrael, Aitoler, Samniten). –

      Immerhin kann die vorstehende Klassifikation außer dem terminologischen wohl auch den Nutzen haben, uns gegenwärtig zu halten, wie grundverschieden die Entwicklungsstadien sind, in denen uns der Zufall des Beginns historischer Quellen die einzelnen antiken Nationen antreffen läßt. Die mesopotamischen und das ägyptische Staatswesen haben zahlreiche Jahrtausende städtischer oder (Aegypten) stadtartiger Entwicklung schon hinter sich, als die ältesten für uns erreichbaren Quellen zu fließen beginnen. Sie sind bereits »Leiturgiekönigtümer«. Die Römer haben in der Zeit sicher beglaubigter Ueberlieferung das Stadium der »Bürgerpolis« der Sache nach schon überschritten. Für die Hellenen lassen sich manche ziemlich sichere Schlüsse noch für das Stadium der »Adels-polis«, ja selbst des »Burgenkönigtums« machen. Die unsicheren Nachrichten über die Kelten (die hier nicht mit abgehandelt werden) zeigen diese in allen drei ersten »Stadien«. Dabei sind aber, ferner, die Entwicklungsvorgänge von Sparta, der attischen Demokratie in der Hegemoniezeit, und Roms durchaus »einzigartige« in den historisch relevantesten Punkten, und es schließen sich überhaupt oft Einzelzüge aus verschiedenen jener begrifflich geschiedenen »Stadien« zu einem spezifisch gearteten konkreten Ganzen zusammen.

      Schließlich und vor allem kreuzt der offene oder latente Kampf weltlich-politischer mit theokratischen Gewalten, die ganze Struktur des sozialen Lebens beeinflussend, jene nach rein militärischen Konstituenzien geschiedenen »Typen«. Wohl überall besteht ursprünglich eine Kombination von fürstlicher und priesterlicher Funktion. Allein eine Funktionsspezialisierung war mit ausgebildeterer Priestermacht und theologischer Entwicklung unvermeidlich. Die Machtstellung der Priesterschaft beruhte, neben dem materiellen Schwergewicht ihres Besitzes an Stiftungsgut und Einnahmen und der Beherrschung der Massen durch die Angst vor den Folgen von Sakrilegien, auch darauf, daß alle ursprüngliche »Wissenschaft« in ihrer Hand lag. Daraus folgte zweierlei: 1. allgemein: ihre Kenntnis des Rechts, welche, solange dasselbe nicht kodifiziert war, den im Besitz der Priestertümer befindlichen Geschlechtern überall eine unerschütterliche Machtstellung gab, – 2. speziell in den bureaukratisch regierten Königsstaaten: daß alle Bildung, welche Vorbedingung der Verwendung in den königlichen Aemtern war, fast nur durch die Unterweisung der Priester zugänglich wurde. Ueberall hat die orientalische Priesterschaft sich den Unterricht anzueignen gesucht: so ist sie als die Bildungsstätte in Aegypten im »neuen Reich« an die Stelle der profanen »Lehre« beim weltlichen Beamten getreten. – Kämpfe der Tempelpriesterschaften mit dem Militäradel und der Königsgewalt in den bureaukratischen Königsstaaten, und Kämpfe der nichtadligen Bürger gegen das Rechtsmonopol der adligen Priester in den Geschlechterstaaten durchziehen daher – in den verschiedensten Frontstellungen – die Frühzeit der Antike und beeinflussen auch die materielle Kulturentwicklung: Säkularisationen und Restaurationen (durch Usurpatoren, welche die Legitimität erstreben) wechseln ab. Auf die wichtigen Unterschiede orientalischer und okzidentaler Kultur in dieser Hinsicht wird weiter unten einzugehen sein. –

      Es kann hier weder der Versuch einer Klassifikation noch einer Geschichte aller bekannten Agrarverfassungen gemacht, sondern nur eine Skizze des über die Agrargeschichte der historisch wichtigsten Staaten Bekannten versucht werden. Denn das im letzten Jahrzehnt publizierte Material spottet nach Umfang und Anforderungen an die Beherrschung des kulturhistorischen Gesamtmaterials der Kräfte eines jeden nicht spezialistisch (und das heißt: philologisch-archäologisch) geschulten Bearbeiters.

      II. Die Agrargeschichte der Hauptgebiete der alten Kultur.

       Inhaltsverzeichnis

       Inhaltsverzeichnis

      Was den asiatischen Orient anlangt, so liegt das Material, welches die erstaunlichen Leistungen der Keilschriftforschung zutage fördern, bis jetzt, auch nach der Auffindung des »Codex Hammurabi«, nicht in einer solchen Verfassung vor, daß derjenige, welcher auf das Studium der übersetzt vorhandenen Texte und im übrigen auf das Schöpfen aus zweiter Hand angewiesen ist, von definitiven Resultaten für die Analyse des Wirtschaftslebens wird sprechen dürfen. Gerade die für die juristische

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