Gesammelte Beiträge von Max Weber. Max Weber

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von Rhodos im Jahre 408 (militärisch, durch die Furcht vor Athen, motiviert), bedeutete die Vereinigung und (teilweise) Zusammensiedelung der drei dorischen Heeresphylen, welche hier bei der ersten Besiedelung der Insel sich lokal gesonderte Bezirke zuweisen und je eine eigene Polis gegründet hatten, in einem einzigen dorischen Phylenstaat. Die Entstehung der Kleinstädte in den mittelgriechischen Bergtälern ist wohl meist jenes Zusammensiedeln der Bauern als Ackerbürger in die Festung gewesen, wie es, in seinen Nachwirkungen, noch heute die Physiognomie z.B. Siziliens, dessen Inneres einen außerhalb der »Stadt« dauernd lebenden Menschen gar nicht kennt, bestimmt. Wo auf diese Art, – durch effektive Zusammensiedelung – größere Gebiete als Polis organisiert wurden, mußte die Folge auf die Dauer immer Absentismus und Kolonenwirtschaft sein. Und die effektive Zusammensiedelung galt eben, wenigstens in der klassischen Zeit, als die einzige Methode, eine militärische Erziehung nach dem Prinzip des Hoplitentums durchzuführen. Militärische und ökonomische Gesichtspunkte stießen dabei oft scharf zusammen und nötigten zuweilen zu Kompromissen, namentlich in den bergigen Gebieten des Peloponnes (wo die gleichen Schwierigkeiten wie, offenbar, seinerzeit in Athen im Gebiet der Diakrier entstanden). Indessen: die militärischen Gesichtspunkte entschieden meist. Die arkadischen Synoikismen (Mantineia, Megalopolis) waren, ebenso wie der Synoikismos von Elis (471), und der von Kos, Schöpfungen von »demokratischen« Hoplitenpoleis. Nur in Elis blieben die Squires meist auf dem (reichen und gut bebauten) Lande wohnen, während in Arkadien, wegen der Gefahr von Sparta her, Zwangsdomizil für die Synoikisierten bestand. In Kos wie in Elis befanden die Demen (wie in Athen die allmählich demokratisierten Phratrien) über Wehr- und Grundbesitzfähigkeit. Zweck des Synoikismos war in allen Fällen: militärische Organisation. In Elis war die Folge: Wiedererwachen der Eroberungspolitik. Die militärische Schätzung der Eleier scheint aber charakteristischerweise – trotz ihrer zeitweisen politischen Erfolge – immer ziemlich niedrig gewesen zu sein: wohl eine Folge des Fehlens der straffen Polisorganisation. Das Land blieb eben auch jetzt stets ein agrarisches Gebiet, Großhandel fehlte. – Dagegen waren die Arkader als die Haupt-Reisläufer von Hellas militärisch von jeher sehr tüchtig.

      War in Elis und ebenso in Arkadien die Hoplitenorganisation teils faktisch, teils nur rechtlich, noch in die althellenische Form des Synoikismos gekleidet, so fehlte dies bei der spätesten althellenischen, auf einem Volksheer ruhenden Großmacht: den Aitolern, gänzlich. Sie wohnten in Komen und blieben in Komen wohnen: – Thermon war ein befestigter Ort, wo der ungeheure Raub zusammengehäuft war, die Jahrmärkte stattfanden, die Bundesbehörden und Landesversammlungen des Heerbanns tagten, aber keine Polis, – auch als sie die militärische Organisation und Hoplitenschulung, die ihnen in der klassischen Zeit völlig fehlt, – damals waren sie leichtbewaffnete Bauern – schufen. Der Adel fehlte, weil die Differenzierung durch Handelgefehlt hatte. Diese militärische Organisation, welche, in der makedonischen Zeit, alsbald zur Eroberungspolitik führte, gliederte die Nachbargebiete teils durch Aufnahme in den Heerbannverband ein, teils behandelt sie dieselben, wie die Eleier ihre Eroberungen und wie die Schweizer den Thurgau, als tributpflichtige Unterworfene und legte Besatzungen in die Städte. Doch scheint dies überwiegend nur Uebergangszustand. Die Aufnahme in den Bund war in der Zeit seiner größten Machtstellung offenbar ziemlich leicht zu erlangen, sehr im Gegensatz zu dem Verhalten der demokratischen Bürgerzünfte der Poleis, speziell Athens. Hier ist also die Hoplitentechnik und der Hoplitenstaat, der ja überall eine Art capitis deminutio der alten Geschlechtspoleis, eine Beherrschung der Städte durch das Land, sein wollte, ohne Synoikismos durchgeführt, weil der Geschlechteradel und deshalb die Geschlechterpolis fehlten. Man hat geflissentlich das Entstehen der Polis mit ihren differenzierenden Konsequenzen zu vermeiden gesucht und auf dieser Basis ein kulturloses, aber machtvolles Staatswesen geschaffen. Aber mit dem Eindringen der Geldwirtschaft im Gefolge der Eroberungen ist die Differenzierung dennoch gekommen. Schon zu Perseus Zeit wird von dem schroffen Kontrast zwischen Besitzenden und Verschuldeten in Aitolien ganz ebenso gesprochen (Livius 32, 38), wie ein halbes Jahrtausend zuvor in Athen. Thessalien ist das zweite große Gebiet, welches von der Polisorganisation nur an den Rändern erfaßt wurde. Hier blieb der Burgenadel in seiner Machtstellung bis in späte Zeiten unerschüttert. – Das gewaltigste Glied in der Kette der nationalhellenischen Staatenbildungen endlich – Makedonien – ist bis in die Zeit des Philippos ein Burgenkönigtum fast von dem Typus der homerischen Zeit: die Hetairoi des Königs spielen dort dieselbe Rolle wie hier. Die »Städte«, auch Residenzen, wie Pella, sind schwerlich etwas anderes gewesen als Persepolis auch war. Die Einführung der Hopliten technik (vgl. die angebliche Rede Alexanders in Opis an die Veteranen), die »Seßhaftmachung«, d.h.: die feste militärische Organisation des Hoplitenheeres auf der Basis des Grundbesitzes, massenhafte Polisgründungen mit rücksichtsloser Verpflanzung und Zusammensiedelung der Kolonisten bereiteten die Expansion vor. Die Eroberung schuf hier auch jene alte Beziehung zwischen Heerkönig und Heer wieder, welche (s.o.) das Entstehen des alten Geschlechterstaates an Stelle des Königtums vorbereitete: das Heer ist, wie unter Chlodovech, ebenso souverän wie der König. Vor ihm nimmt die Familie des Königs – so die Königin Olympias – Recht und sucht der König Recht im Fall des Hochverrats eines Generals. Nur sind die Dimensionen viel gewaltiger geworden und stellte der Erfolg der Eroberung den König und seine Nachfolger faktisch auf die Basis des orientalischen Monarchen. Aber daß die hellenische Polis Basis der politischen Organisation sein müsse und allein sein könne, hielten die siegreichen Makedonen auch im Orient fest und führten so die letzte große Expansion dieser hellenischen Grundinstitution herbei.

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