waren (s.o.) Pfandschuldner, deren Grundstück der Gläubiger im Besitz hatte, auf dem er sie als Teilpächter arbeiten ließ. Die generelle Herrschaft des »Sechstels« könnte dann ein Punkt sein, der auf gesetzlicher Regelung beruht: einer Regelung, die eine Beschränkung der Gläubigerrechte bedeutete. Solon hat die Institution allerdings beseitigt: indem er die ganze Schuldgesetzgebung reformierte und die bestehenden Pfandschulden (damit also auch die bestehenden Hektemorier-Verhältnisse) kassierte. Denn allerdings: mit ihm hört das Bestehen des Verhältnisses auf. Auch die einzige Stelle, welche Solon mit dem Teilbauverhältnis in Beziehung bringt (Pollux VII, 151), stimmt dazu: das Land, die »γῆ ἐπίμορτος«, war es, mit dessen Schicksal (d.h. Entpfändung) Solons Gesetz sich befaßt, nicht: ein Stand von ἑκτημόριοι. Welche Form die schon früher erwähnte solonische Bodenakkumulationsbeschränkung hatte, ist nicht überliefert. Ein direktes Verbot war sie nach dem Wortlaut der betreffenden Aristoteles-Stelle (Polit. II, 4, 4) kaum. Das (von ihm als vorkommend erwähnte) allgemeine Verbot des Verkaufs von Land in weiterer Entfernung von der Stadt an Stadtbewohner (d.h.: Adel) wäre in Athen in der Zeit der Parteikämpfe zwischen den Pedianen und Diakriern recht wohl denkbar, aber dann eher dem Peisistratos zuzutrauen. Sehr möglich erscheint dagegen, daß Erwerbsschranken für Land außerhalb des eigenen Demos bei der Begründung der attischen Verwaltungsorganisation auf die Demen durch Kleisthenes, wahrscheinlich seit Peisistratos, während dessen Regiment eine Parzellierung des zu Solons Zeit »δι᾽ ὀλίγων« befindlich gewesenen Landbesitzes sich vollzogen haben muß, bestanden. Denn noch im 4. Jahrhundert erhoben die attischen Demen, welche den Kataster führten, von dem Landbesitz eines jeden, der nicht zum Demos gehörte, eine Abgabe. Dies »ἐγκτητικὸν« war naturgemäß eine fühlbare Schranke für die Kapitalanlage auch in Landhypotheken. Im übrigen zeigt es das Bestehen kräftiger lokaler Gemeindeverbände auf dem platten Land. Während des ganzen 5. und, trotz der furchtbaren Verwüstungen des peloponnesischen Krieges, auch des 4. Jahrhunderts ist denn auch die attische Landgemeinde eine lebendige Einheit, wie die Inschriften zeigen (obschon die Frage ihrer Finanzlage durch die Plotheia-Inschrift nicht geklärt ist, da nicht sicher feststeht, ob die rund 22000 Drachmen derselben Kapital oder Jahresausgabe sind). Der »Demos« besitzt, verwaltet, verpachtet (der Demos Aixone auf 40 Jahre) eigenes Land (auch Felder, Weinberge, und je nachdem Theater und sicher auch Tabernen aller Art); er ist der Aushebungsbezirk: der Erkrankte darf aus seinem Demos einen Ersatzmann zum Heer stellen; er ist unterster Steuereinhebungsbezirk, bestimmt daher die Persönlichkeit des zur Proeisphora Verpflichteten; er ist endlich an der Bildung der Bule (durch das Los) beteiligt. Die Prytanenurkunden ergeben die Beteiligung je aller Demen der betreffenden Phyle, und zwar scheint es, daß das Prinzip der Proportionalvertretung zugrunde lag. Dabei wirkte allerdings gerade das Prinzip der erblichen Zugehörigkeit zum Demos der Absicht der peisistrateischen wie der kleisthenischen Politik schließlich entgegen. Der Zweck war ja: politische Herrschaft der hoplitenfähigen Mittelbesitzer, Zerbrechung der großen Geschlechtsverbände. Zu diesem Zweck wurde, wie jeder Nobili in den demokratischen Gemeinden Italiens einer Zunft, so hier jeder Adelige einem Dorf zugeschrieben, sein auswärts liegender Grundbesitz einer Sondersteuer unterworfen. Des weiteren wurden (unbekannt, wann?) die Phratrien genötigt, sowohl ὁμογάλακτες (Altadel) als ὀργεῶνες (die künstlich geschaffenen Quasigentes der Neubürger) in sich aufzunehmen, später auch: θίασοι: die freigebildeten Bürgervereine der nichtansässigen, jeglicher Gentilorganisation entbehrenden Bevölkerung10. Und während in der ersten Demotionideninschrift (Anfang des 4. Jahrh.) in der Phratrie noch der alte »οἶκος« (Eupatridengeschlecht) der Dekeleier als Rest älterer Rechte eine Art Offizialanwaltsstellung bei der wichtigsten Funktion der Phratrie: Einschreibung in die Bürgerlisten, behauptet hat, ist in der zweiten (Mitte des 4. Jahrh.) die erstinstanzliche Entscheidung ganz in die Hand des θιασος gelegt und fehlt das Eingreifen des Adels. Phratrie und Demos sind demokratisiert. Die Demen haben das starke Hoplitenheer Athens in der Zeit seiner größten Machtstellung (480-460) gestellt, und zwar die Bauernschaft in erster Linie. Von etwa 30-33000 Zeugiten (neben ca. 2000-2400 Pentakosiomedimnen und Rittern), die Athen (neben ca. 20000 Theten) im Jahre 431 nach E. Meyers Berechnung besaß, mag noch die Mehrzahl auf dem Lande gewohnt haben. Aber nicht mehr das Land war politisch ausschlaggebend. Die Zugehörigkeit zum Demos war jetzt, ähnlich der russischen Zugehörigkeit des Bauern zu seinem Mir, – nur ohne Konsequenzen für die persönliche Freizügigkeit – unverlierbar und unabhängig vom Wohnsitz und Beruf. In seinem Demos wird der Einzelne zur Steuer herangezogen, wo immer er sich auch aufhalte. Die stadtgesessenen Mitglieder der Demen waren aber allein in der Lage, regelmäßig an der Volksversammlung teilzunehmen, in welcher daher unter Umständen der ναυτικὸς ὄχλος seinen aus der Politik der Demokratie bekannten Einfluß üben konnte. Hiergegen spricht es natürlich nicht, daß nachweislich überwiegend Besitzende im Rat, in der Strategie und in der Finanzverwaltung gesessen haben und daß auch die inschriftlich bekannten Antragsteller in der Volksversammlung zum erheblichen Teil Besitzende waren. Der antike Berufspolitiker mußte im allgemeinen ein »besitzender« Mann sein (auch die älteren Führer der Sozialdemokratie sind es ja zum recht erheblichen Teil, obwohl heute Redakteurs- und Sekretärstellen usw. zur Verfügung stehen). Dagegen ist praktisch wichtig und charakteristisch die, wie es scheint, steigende Rolle, welche die Begüterten in der Lokalverwaltung vieler Demen spielten, und natürlich noch wichtiger die damit zusammenhängende Frage nach der Besitzverteilung innerhalb der Demen. Trotz jenes starken Einflusses scheint diese noch im 4. Jahrhundert nicht plutokratisch gewesen zu sein. Im 5. Jahrhundert soll etwa 1/4 der attischen Bürger des Bodenbesitzes entbehrt haben, die Mehrheit aller auf dem Lande ansässig gewesen sein. Authentisches ist darüber nicht bekannt. Aus den vorkommenden Bodendotationen ersehen wir, daß Güter von (nach unseren Begriffen) bäuerlichem Umfang als ansehnliches Präsent galten, Besitzungen von mehr als 50 ha (allerdings im Fall von Oelkultur ein recht bedeutendes Ausmaß) wohl kaum vorkamen. 50 ha könnte der ungefähre Umfang eines dem alten Minimum des Pentakosiomedimnen-Zensus entsprechenden Gutes gewesen sein11. Ein Adliger wie Alkibiades erbte nur ca. 30 ha. Schon Kimon hatte die 50 Talente Strafe für seinen Vater Miltiades natürlich nicht aus Bodenrenten, sondern aus internationalen Kapitalgewinnsten gezahlt. Führende Staatsmänner des peloponnesischen Krieges, einerlei ob konservativ (Nikias) oder radikal (Kleon), sind keine Grund-, sondern Sklavenbesitzer (aber nicht: »Fabrikanten«, s.u.), ebenso später Demosthenes. Die Erbpachtstellen sind ebenfalls im ganzen nur mittlere Bauernstellen, größer nur da, wo es sich um Neulandvergebung (eigentliche »Emphyteuse«) handelte. Man darf eben die – im Gegensatz zum Orient und zu Rom – große Einfachheit der Lebensführung und gerade der »Kulturträger« des Hellenentums in der Zeit seiner höchsten schöpferischen Entfaltung nie vergessen. Die hellenische Kunst speziell ist absolut nicht auf dem Boden des Raffinements materieller Bedürfnisse entstanden.
Die ganz unbezweifelbare Abnahme der Hoplitenwehrkraft Athens, d.h. die Nichtausfüllung der durch die Kriegsverluste gerissenen gewaltigen Lücken, könnte ihre Gründe im wesentlichen in folgenden Umständen haben: 1. Abnahme der Zahl der ökonomisch zur Panhoplie Fähigen durch Parzellierung, oder umgekehrt durch Kommassation, – 2. Abnahme der Qualifikation der ökonomisch Fähigen durch stärkere ökonomische Bindung an die Wirtschaft mit zunehmender Intensität: – abnehmendes »training«. Diese Gründe könnten zusammengewirkt haben, ohne daß sich, für Athen, mit Sicherheit beweisen ließe, welches Moment überwog. Die von Sundwall beobachtete Bewegung der den einzelnen Kategorien von Demen angehörigen Bevölkerung (nach der jeweiligen Prytanenverteilung auf die »Tritthyen«, welche ergibt, daß im 4. Jahrh. die Binnenlanddemen stabil blieben, die Küstendemen zunehmen, die Stadtdemen abnehmen) gibt, interessant wie sie ist, dennoch natürlich ein mehrdeutiges Resultat, soweit Wohnsitz und Beruf, vor allem aber die Frage nach der Dichtigkeit der Landbevölkerung in Frage kommt. Die erblich aus den Städten und ihrer direkten Umgebung stammenden Familien sterben ja überall schneller ab; die Zunahme der Küstendemen, der eigentlichen Träger des Radikalismus, ist vielleicht Folge hoher Ehefrequenz infolge der Verdienstchancen im Seeverkehr: sie ist aber jedenfalls