Gesammelte Beiträge von Max Weber. Max Weber

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Gesammelte Beiträge von Max Weber - Max Weber

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so wenig wie an mystisch-ekstatischen. Noch die Perserkriege kann man – wie E. Meyer es geistvoll getan hat – als einen Entscheidungskampf zwischen jenen Strömungen (an welche die Perser hier wie anderwärts sicher angeknüpft hätten) und der »Weltlichkeit« der hellenischen Kultur ansehen. Alle Tyrannen und Tyrannis-Kandidaten stehen mit Tempeln oder Propheten in Verbindung (speziell bekanntlich die Alkmäoniden mit Delphoi). Aber: die Macht der Priesterschaft reichte nicht aus, den Usurpatoren die Weihe der Legitimität, wie im Orient, zu geben, und daran scheiterte die Tyrannis. Es ist diese Machtlosigkeit ein Erbe der (mit den Göttern im Epos so respektlos umspringenden) homerischen Epoche: die Militärgeschlechter des Heerkönigtums, die im Orient schließlich überall den Verbündeten: königlicher Bureaukratie und Theokratie, unterlagen, behielten hier über Könige und Priester die Oberhand. Und der Sieg der nunmehr, wo die Priestermacht in den Dienst des Adels gezwungen war, durchweg gegen sie, vor allem gegen jede religiös-traditionalistische Rechtsfindung interessierten bürgerlich-bäuerlichen Hoplitenschaften besiegelte die Niederlage aller theokratischen Strömungen (während umgekehrt im Orient die Theokratie gerade die Masse der »kleinen Leute« auf ihrer Seite hatte, weil sie in ihr immerhin einen Rückhalt gegen die äußersten Konsequenzen der Willkür der Könige und des großen privaten Besitzes erblickten).

      Rechtsgeschichtlich sind die Tempelbesitzungen wahrscheinlich dadurch von Bedeutung gewesen, daß – wie es scheint – das Institut der Erbpacht in seiner antiken Form (der späteren »Emphyteuse«) von ihnen seinen Ausgang genommen hat. Die städtischen und dörflichen Ländereien werden in älterer Zeit kaum Anlaß zur Vererbpachtung gegeben haben: sie dienten der Zuweisung von κλῆροι an den Nachwuchs oder der gemeinsamen Nutzung. Beide Zwecke kamen für die Tempel nicht in Betracht. Nur in Elis scheint ein Teil der unterworfenen Pisatis in Erbpacht vergeben gewesen zu sein. Wie schon für das pharaonische Aegypten die Möglichkeit (aber freilich keinerlei Sicherheit) besteht, daß die Tempelbauern teilweise Erbpächter gewesen sind (s.o.), so ist es sicherlich nicht zufällig, daß in Hellas, wo die Erbpacht zuerst (in einer Inschrift von Olympia) im 5. Jahrh. nachweislich ist, die Tempel in so starkem Maße als Erbverpächter beteiligt sind. Neben ihnen stehen in der klassischen Zeit die Allmenden der Gemeinden. Dagegen fehlen private Besitzer als Erbverpächter (der einzige angebliche Fall ist nicht nur unsicher, sondern ganz unwahrscheinlich). Das Institut wird in zwiefachem ökonomischen Sinn verwendet (wie Mitteis zuerst klar erkannt hat): 1. als Verleihung von Oedland mit einer dem Maße nach genau bestimmten Pflicht der Bebauung (namentlich: Bepflanzung mit Oelbäumen oder Weinstöcken) zu Lasten des Erbpächters: hier ist die Erbpacht lediglich die Erstreckung der im Orient und in Hellas (s.u.) oft vorkommenden langfristigen bis auf ewige Dauer, mit dem Vorbehalt, daß Nichterfüllung der Baupflicht zur Entziehung berechtigt, sonst ein Heimfall nur bei erblosem Tode erfolgen solle. (Wir sahen, in wieviel primitiverer Weise das altbabylonische Recht die Meliorationsvergebung behandelte.) 2. kommt die Erbpacht als »Rentenkauf« (so nennt diesen Fall Mitteis nach germanischer Analogie mit Recht) vor, bei Kulturland, welches vom Tempel (oder für ihn) gekauft und dem Verkäufer gegen Zins zurückgegeben wird. Für den Tempel ist dies eine sichere Kapitalanlage, für den, der ihm das Grundstück zu Rente aufträgt, bedeutet es den Gewinn von Betriebskapital und außerdem der Rechtssicherheit, welche die Qualität des Landes als Tempelland bot. Die Frage der Veräußerlichkeit hing vom Kontraktsinhalt ab, zuweilen ist sie untersagt. Daß sie in einem (sehr späten) Kontrakt aus Thisbe nur an Gemeindebürger gestattet ist, entspricht alten hellenischen Grundsätzen.

      b) »Klassische« Epoche (speziell: Athen).

       Die Erbpacht – welche, wie schon hervorgehoben, auch in Hellas nur seitens juristischer und zwar »öffentlicher«, nicht seitens physischer Personen als Verleiher vorkam, im Privatverkehr wohl auch hier (wie in Rom) gar nicht möglich war – ist in Attika in der klassischen Zeit und wohl in allen Gebieten der gleichen radikaldemokratischen Struktur – die einzige Erscheinung eines gebundenen Bodenbesitzes in der klassischen Zeit. Die Entwicklung zur »Bürgerpolis« ist in ihrem Endpunkt generell identisch mit Entwicklung zur vollen Verkehrsfreiheit des Bodens. Nicht nur in Athen und den mit ihm verbündeten Orten (Möglichkeit des Bodenankaufs und der Bodenbelei hung in den Bundesgenossenstädten ist ja ein Hauptvorteil des Bundes für die Athener), sondern auch anderwärts, außerhalb Spartas und der spezifisch grundherrlichen Staaten vom Typus Thessaliens, ist er seiner Beschränkung durch gentile Retraktrechte in klassischer Zeit überall entkleidet. Aber auch die Schranken, welche der Hoplitenstaat in der Zeit seiner Entstehung, im Interesse der Erhaltung der ökonomischen Grundlage der Wehrfähigkeit, geschaffen hatte: gänzliches Verbot des Verkaufs des κλῆρος oder doch Verbot der Bodenakkumulation, Beschränkung der Teilung und Verschuldung usw., hielten auf die Dauer nicht stand (und fielen natürlich gänzlich dahin, wo man später zum Soldheer überging). In dem seit 471 synoikisierten Staat von Elis wurde, als ein Parteikompromiß die exulierten Aristokraten zur Heimkehr veranlassen sollte (350), ad hoc ein Verbot des Verkaufs ihrer Grundstücke erlassen, – der also an sich, und sicherlich schon seit sehr langem, zulässig war. Mit dieser Freiheit des Verkehrs wurde naturgemäß die Möglichkeit der Differenzierung des Bodenbesitzes, der selbst Sparta nicht entging, in der freien Polis erst recht wieder wirksam. Dies um so mehr, als die Sklavereiverbote oder -beschränkungen der alten Hoplitenpolis nirgends aufrechterhalten blieben, und wir demgemäß, fortschreitend bis in die hellenistische Zeit, das Vordringen der Kaufsklaverei als normale Erscheinung in immer weitere Gebiete verfolgen können. So z.B. in Phokis (s.o.) nach dem peloponnesischen Kriege (ein, damals Aufsehen erregender, Import von 1000 Sklaven auf einmal ist bekannt). Ebenso bei den Aitolern in der hellenistischen Zeit, als sie sich als erobernder Herrenstaat militärisch konstituierten, und zweifellos infolge dieser Konstitution, welche sie in die Notwendigkeit versetzte, wirtschaftlich »abkömmlich« zu sein. – Die Frage ist nun, wie wir uns die Wirkung dieser Verkehrsfreiheit in Althellas vorzustellen haben, ob sie insbesondere dem römischen Entwicklungsprozeß zum großen Landbesitz und großen Sklavenbetriebe analog verlaufen ist. Das Quellenmaterial gestattet, selbst für so hell beleuchtete Gebiete wie Attika, nur indirekte Schlüsse. Zunächst muß man sich vergegenwärtigen, daß es, außerhalb der alten Adelsburgen, »Villeggiaturen« auf dem Lande oder überhaupt größere Baulichkeiten, mit Ausnahme der lokalen Kapellen, nicht gab. Nicht nur die Sklaven, Herden, Geräte, sondern auch die Gebäude – d.h. die Bestandteile der Holzhäuser – wurden im Fall eines feindlichen Einfalles in die Stadt gebracht. Ferner brachte die Beteiligung an der Politik die Notwendigkeit des Absentismus mit sich. Also ist, neben einem gewissen Maß von Feldsklavenbesitz, Verwaltung durch Aufseher (ἐπίτροποι) unvermeidlich für den Berufspolitiker. Ebenso war für den Hopliten, wenn er auf die volle Höhe der Technik gelangen sollte, entweder Stadtsässigkeit oder doch häufiger Stadtaufenthalt zum Ueben unentbehrlich, sobald die Stadt begann, »große« Politik zu Lande zu treiben. Als Argos dies zu tun beabsichtigte, war das erste: die Spezialausbildung von 1000 »Auserlesenen«, die es mit den Spartiaten aufnehmen sollten. Ebenso in Theben die Schaffung des »heiligen Lochos«. Auf der anderen Seite zeigen die Verhältnisse, welche die attischen Redner voraussetzen, daß der Grundbesitz der »Kapitalisten« in Küstenstädten, die ihn als Gelegenheitsanlage behandelten, jedenfalls vielfach Streubesitz, nicht Großgrundbesitz war. Dieser Kapitalistengrundbesitz der klassischen Zeit wechselte, im Gegensatz zum Besitz des alten Adels, offenbar leicht die Hand (vgl. Timarchos). Gerade dem Bedürfnis, dies zu ermöglichen, kam die Entwicklung zur Verkehrsfreiheit entgegen. Der Grund und Boden in Attika ist im 5. Jahrh. und später völlig frei veräußerlich und verpfändbar und, wenigstens in Ermangelung legitimer Söhne, unbedingt testamentarisch disponibel, sonst nur in Form von Legaten, gegen die es ein gesetzliches Pflichtteilsrecht nicht gab (anders als in Gortyn). Aus einer Lysiasstelle ist mit Unrecht der Fortbestand eines gesetzlichen Unterschiedes zwischen ererbtem und erworbenem Gut gefolgert worden. Es war damals in Athen lediglich Anstandspflicht, das erstere nicht zu veräußern (anders vielleicht noch im 4. Jahrhundert z.B. in Thera). Allerdings war es offenbar üblich, bei etwaiger Nachlaßteilung zu Lebzeiten das Erbland (im Gegensatz zum gekauften) den Söhnen zu geben. (Diese letzte Sitte

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