Gesammelte Beiträge von Max Weber. Max Weber

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Gesammelte Beiträge von Max Weber - Max Weber

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Angelegenheit, mangels berechtigter Verwandter Sache des Magistrats (in Sparta des Königs). Der κλῆρος war, im Interesse der Erhaltung standesgemäßer Kriegerlose, jedenfalls in den dorischen spezifischen Militärstaaten, aber auch außerhalb derselben sehr häufig, weder teilbar noch veräußerlich – so z.B. in der im 7. Jahrh. gegründeten Kolonie Leukas noch bis in späte Zeit – oder doch in beiden Beziehungen beschränkt. Dies militaristische Grundbesitzrecht steht durchaus im Gegensatz zu dem gemeinhellenischen Bodenrecht. Denn in der homerischen und hesiodeischen Zeit ist gleiche Teilung in natura die Regel. Ein Vorzug des Aeltesten war nicht bekannt. [Dunkle Erinnerungen an älteste Zustände: – hauspriesterlich bedingte patriarchale Stellung des Aeltesten – könnten darin liegen, daß Iris den Poseidon, der sich gegen Zeus auf eben jenen gemeinhellenischen Grundsatz beruft, darauf verweist, daß die Erinnyen auf Seite des älteren Bruders stehen]. Jedenfalls mußte die Gebundenheit des κλῆρος praktisch wie eine gesetzliche Anerbenfolge wirken und den Zusammenhalt großer Hausgemeinschaften fördern, andererseits soll sie wenigstens in Sparta Kinderbeschränkung und selbst Vielmännerei (d.h. gemeinsamen Besitz eines Weibes – schwerlich ein »Rest ältester Zustände«, wie E. Meyer glaubt) im Gefolge gehabt haben. Das Testament besteht in Athen erst seit Solon, in Sparta erst seit dem peloponnesischen Kriege und diente ursprünglich wohl wesentlich dem Zwecke der Adoption um der Erhaltung des wehrhaften Geschlechts und des Grabkultus willen. – Ob jene Gebundenheit der Kriegerlose jemals überall als rechtliche Bindung bestanden hat, muß dahingestellt bleiben: die Standessitte, deren Nachwirkungen wir in der späteren ethischen Mißbilligung des Verkaufs ererbter Güter sehen, konnte genügen. Immerhin wird beschränkte Veräußerlichkeit des κλῆρος z.B. für Elis und Theben (Philolaos), Gleichheit der Lose für Argos (Pheidon) erwähnt.

      Die ökonomische Unterlage der Kriegerzunft konnte im einzelnen sehr verschiedenartig aussehen. Sie ist am konsequentesten unter rein militärischen Interessen durchgeführt, wo sie naturalwirtschaftlich gestaltet ist, wie in manchen dorischen Militärstaaten, speziell auf den liparischen Inseln, auf Kreta und vor allem: in Sparta. Die beherrschte Bevölkerung wird hier als in Staatssklaverei bzw. -Hörigkeit befindlich behandelt, aus ihren Naturalbeiträgen wird der Unterhalt der Krieger bestritten, teils in gleich zu erwähnender Art gemeinwirtschaftlich, teils so, daß der Einzelne auf den Ertrag bestimmter, von Sklaven bewirtschafteter Landflächen angewiesen ist, die ihm in verschiedenem Maße, später zunehmend erblich, appropriiert sind. Neuzuweisungen von Losen und anderweite Verteilung derselben galten auch in historischer Zeit als praktikabel und scheinen vorzukommen. Sie sind natürlich keine Ackerumteilungen, sondern gewissermaßen Rentenfondsumteilungen. Militärische Gesichtspunkte, besonders eine militaristische Bevölkerungspolitik, entscheiden über alle Einzelheiten: bei Erblosigkeit besteht teilweise Adoptions-, auch direkt Ehezwang oder das Recht und die Pflicht, sich von Dritten »Nachkommen erwecken« zu lassen, wie in Israel. Die Organisation des Bürgerheeres gipfelt bei voller Durchführung in dem kasinoartigen gemeinsamen Mittagstisch der Krieger, den »Syssitien« oder »Hetairien«, und der kadettenartigen gemeinsamen Erziehung der Kinder von Staats wegen zu Kriegern. Hier sind also die Wehrverbände (Phratrien) militaristisch zu vollen Lebensgemeinschaften gesteigert, auf Kosten der Familiengemeinschaft. Dem entspricht auch hier die Beteiligung der Heeresabteilungen an der Entscheidung über das Schicksal der neugeborenen oder der in das wehrhafte Alter kommenden Kinder, die durchaus nichts »Ursprüngliches« ist (»ursprünglich« ist die Willkür des Vaters). Sparta hat jene naturalwirtschaftliche Unterlage des Stadtmilitarismus und seine Kriegerzunft mit ihrer kameradschaftlichen Gleichheit der privilegierten Genossen, welche von Jugend an ausschließlich dem Drill für den Hoplitenkampf sich zu widmen hatten, in bewußtem Kampf behauptet. Dieser Zunftgeist schuf aber dem Staat seine Schranken. Gegen die bis in die späteste Zeit gelegentlich immer wieder auftauchenden Bestrebungen des Königtums, durch Demokratisierung des Wehrrechts die politische Stoßkraft des Staats zu steigern, richtet sich die Schaffung des Ephorats. Gegen den geldwirtschaftlichen Zersetzungsprozeß kämpfte man durch künstliche Konservierung der Naturalwirtschaft und des Bedürfnisstandes der Kriegerbevölkerung: deshalb Ausschluß des Geldverkehrs, Immobilisierung der Spartiatenlose und Erhaltung der Kasinogemeinschaft. Dies hinderte die Vermehrung der Zahl der Kriegerlose, nicht aber ihre Verminderung durch Zusammenerben (in den Händen der Frauen) und Verarmung, auch nicht die geheime Beteiligung an auswärtigem Geldgewinn, während sie dagegen jede große politische Aktion des Staatswesens hemmte und zu der bekannten ängstlichen Schonung des Spartiatenbestandes führte. Schließlich war sie doch nicht zu halten, als die Herrscherstellung nach dem peloponnesischen Krieg mit ihrer Notwendigkeit, zur geldwirtschaftlichen Deckung der Staatsbedürfnisse überzugehen, die Geldwirtschaft in das Innere des geschlossenen Kriegerstaats trug, Geldvermögen schuf, den Bedürfnisstand der herrschenden Kaste revolutionierte, und damit in kürzester Zeit die ökonomischen Unterlagen des ganzen Systems vernichtete. Die demokratische Restauration des Kleomenes mit ihrer Neuumteilung brach (222) bei Sellasia zusammen.

      Der hellenischen Tradition ist nun dieser naturalwirtschaftlich fundamentierte Militarismus Spartas in seiner den Zeitgenossen bekannten Form Produkt einer ganz einzigartigen Gesetzgebung. Das ist so natürlich unzutreffend. Sparta ist nur eine extreme Fortbildung der alten Stadtherrschaft in ihre äußersten Konsequenzen. Das in der Tat »Einzigartige« liegt nur darin, daß der feudale Unterbau hier nicht einer durch Geschlecht, sondern lediglich durch Erziehung ausgelesenen Klasse diente, und daß das so geschaffene Virtuosentum des Hoplitenkampfs, infolge der Eigenart des letzteren, auch seinem Lebenszuschnitt nach das gerade Gegenteil irgendeines »Adels« war. –

      Die Zugehörigkeit zur Vollbürgerkaste setzte aber, wie die Zugehörigkeit zum Ritterstand im Mittelalter, überall die fortgesetzte berufsmäßige Waffenübung (welche demgemäß überall Gegenstand staatlicher Vorsorge war) und diese das Zusammenwohnen in der Stadt wenigstens für den Kern des Heeres – mochten dies Ritter oder Hopliten sein – voraus: die »Unüberwindlichkeit« der Spartiaten und ebenso des »heiligen Lochos« im späteren Theben war Produkt ihres kontinuierlichen »Training«. Wer also in den strikt militaristischen Gemeinden den städtischen Wohnsitz und damit die Waffenübung aufgibt, »ἄγροικος«, »περίοικος« wird, ist politisch deklassiert; Teilnahme am Gymnasion und politisches Vollbürgerrecht gehen parallel. Daß wir nun aber berechtigt seien, das in Sparta und Kreta in historischer Zeit vorfindliche System des naturalwirtschaftlichen Militarismus als auch nur in seinen Grundzügen allgemein vorhanden gewesenes Durchgangsstadium anzusehen, ist auf der andern Seite gänzlich unwahrscheinlich, da eine so weitgehende Demokratisierung des griechischen Stadtfeudalismus, daß die Mitglieder der herrschenden Kriegerklasse nur aus dem Ertrage eines Besitzes von je etwa 8-12 Hektar, den Heloten für sie bewirtschafteten, hätten existieren können, sonst nicht gefunden wird, und da ferner die Strenge in der Durchführung der charakteristischen militärischen Institutionen in Sparta selbst in historischer Zeit nicht etwa ab-, sondern offenbar zunimmt, weil mit Zunahme des Gebietes und relativer Abnahme der Bürgerzahl die militärische Machtstellung immer gefährdeter wurde. Institutionen wie die athenische Staatstafel im Prytaneion – der Ersatz für die alte königliche Tafel – beweisen natürlich nicht, daß die spartanischen Syssitien in ihrer spezifisch militärischen Bedeutung (oder auch nur etwas irgendwie Aehnliches) dort je bestanden haben. Wir finden bei Hesiod keine Spur einer feudalen Einschnürung des freien Bauern, der mit wenig Knechten und Erntetaglöhnern selbst arbeitet. Nur die Mißbräuche der Rechtspflege, die Unvermeidlichkeit zeitweiser oder dauernder Begebung in die Klientel der Reichen, um vor Gericht auftreten zu können, und das Schuldrecht bilden überall den Gegenstand der Klage. Dieser letztere Punkt ist der entscheidende. Im Gegensatz zum spartanischen und kretischen und anderen auf Eroberung ruhenden Feudalstaaten ist die Verknechtung der Landbevölkerungen, wo sie sonst vorkommt, regelmäßig: Schuldverknechtung, neben der die in der Frühzeit überall selbstverständliche Klientel der Besitzlosen (so der πελάται in Athen) zunehmend zurücktritt.

      Der Besitz der politischen Macht durch stadtsässige Kriegerschaften mußte an sich ebensowenig zur Entstehung einer ausgedehnten ländlichen Helotenklasse führen, wie die Herrschaft des

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