Gesammelte Beiträge von Max Weber. Max Weber

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Gesammelte Beiträge von Max Weber - Max Weber

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besonders starke Heranziehung gerade ihrer Mitglieder zu den Kleruchien bedingt gewesen sei, ist doch wenig wahrscheinlich. Eher könnte hier die Verengerung des Nahrungsspielraums der freien Arbeit durch die Sklaverei (s. gleich) in Betracht kommen. Sicher ist nur, daß damals in zahlreichen Landdemen begüterte Geschlechter faktisch erblich das Heft in der Hand hatten, ferner daß das Leben in den Demen seit dem Ende des 4. Jahrh. zu ersterben begann. Verkauf der Demenämter einerseits, Monopolisierung derselben durch die Besitzenden andererseits gehen schon im 4. Jahrh. nebeneinander, und überzeugend kommt die abnehmende politische und soziale Bedeutung des ländlichen Mittelstandes in dem Aufhören der Demeninschriften im 3. Jahrh. zum Ausdruck. Dies ist nun wohl die Folge der Vermögensverschiebungen der hellenistischen Zeit (s.u.). Dagegen läßt sich für die klassische Zeit weder sagen, welchen Umfang die Sklavenarbeit auf dem Lande angenommen hatte, noch, welche Bedeutung der Pacht zukam. Was zunächst die letztere anlangt, so ist, im Gegensatz gegen den Orient (aus Gründen des üblichen Urkundenmaterials), nur eine (verstümmelte) rein private Pachturkunde aus Athen überliefert, sonst nur Pachtverträge mit öffentlichen Körperschaften. Sicher ist nur das entschiedene Ueberwiegen der festen Pacht, nicht nur in Athen, sondern im Gebiet von Althellas überhaupt, gegenüber der, wie es scheint, dort lange Zeit ganz in den Hintergrund getretenen Teilpacht, und die Häufigkeit von Geldpachten (speziell natürlich in Attika) gegenüber Natural- oder gemischten Pachten. Ferner, entsprechend dem hohen Zinsfuß des Altertums, eine für unsere Begriffe ziemlich mäßige Kapitalisationsrate bei Grundstücken (die Pacht eines rein ländlichen Grundstückes in Thria beträgt 8% des Schätzungswertes, in anderen Fällen ist das Verhältnis von Pacht- und Kaufwert nicht feststellbar, weil andere als landwirtschaftliche Objekte inbegriffen sind. Die stets sehr viel niedrigere Rate der Erbpachten: 4% und etwas mehr, ist natürlich nicht vergleichbar). Die Lage des Pächters erscheint, verglichen mit dem orientalischen und dem römischen, relativ günstig, – was allerdings die Folge davon sein dürfte, daß wir wesentlich Verpachtungen öffentlichen Landes als Beispiele kennen. Die Pachtfristen sind, wo sie genannt werden, im Gegensatz zum Orient, relativ lang: 5, oft 10 Jahre. Doch kommen auch Pachten ohne Befristung, also entweder lebenslänglich oder umgekehrt, »at will« vor. Daß der Pächter als anbaupflichtig gilt, daß seine Bodenbestellung nicht nur – wie natürlich – reglementiert, sondern unter Umständen auch regelmäßig beaufsichtigt wird, versteht sich bei öffentlichen Pachten von selbst; wieweit das letztere bei Privatpachten stattfand, steht dahin. – Zweifelhaft ist endlich, wie schon bemerkt, in welchem Maße Sklavenarbeit auf dem Lande verwertet wurde.

      Es muß hier wohl oder übel die Frage nach der Art und Bedeutung der Sklavenarbeit in der »klassischen« Zeit (5./4. Jahrh.) überhaupt berührt werden. Gegenüber den ungeheuren Uebertreibungen der früheren Schätzungen ist, namentlich unter E. Meyers Einfluß, eine starke Reaktion eingetreten, und auch, soweit Althellas in Betracht kommt, quantitativ sicher im wesentlichen mit Recht. Sie ist jedoch qualitativ, in bezug auf die industrielle Sklavenarbeit, noch nicht konsequent genug (insofern der Begriff der Sklaven-»Fabrik« festgehalten wird), andererseits aber auch zu weitgehend, indem, jetzt namentlich im Anschluß an Francottes Buch, die Rückwirkung der Sklaverei auf die Lage der freien Arbeit zuweilen bedeutend unterschätzt wird. Dem oben schon darüber Gesagten sei daher noch einiges hinzugefügt: – Der sichtlich anschwellende Sklavenbesitz hat auch in Althellas nicht in solchem Maße, wie ich es früher annahm, durch Selbstherstellung des Bedarfs die geldwirtschaftliche Bedarfsdeckung des »Oikos« und damit die Kaufkraft des Markts geschwächt. Aber gefehlt hat diese Wirkung keineswegs, und sie war von erheblicher Bedeutung: 1. Es wird von Perikles erzählt, daß er (aus politischen Gründen) sich tunlichst »aushäusig«, also durch Kauf bzw. Beschäftigung freier Handwerker, versorgte: ein deutlicher Hinweis auf die verdiensteinschränkende Wirkung der seigneurialen Haussklaverei, welche, je größer der Sklavenbesitz eines Haushalts war, eine desto größere Anzahl spezialisierter Funktionäre im Hause züchtete und, in wenigstens annähernd entsprechendem Maße, freies »Lohnwerk« ausschaltete. 2. Kleidung und, in der Stadt, Speise des Sklaven wird im Altertum allerdings in erheblichem Umfang gekauft (wie s.Z. in den Südstaaten von Nordamerika). Allein die Konkurrenz der Sklaven, welche ihrerseits naturgemäß in der Lebenshaltung auf das Allernotwendigste beschränkt blieben, mußte auf die Lebenshaltung und Kaufkraft der besitzlosen Arbeiter überhaupt und damit auf die Entwicklung des Gütermarktes wirken. Wie prekär die Nachfrage nach Industrieprodukten bei dem Bedürfnisstand der Massen im Altertum sein mußte, läßt sich wohl u.a. aus der Notiz schließen, daß die Athener bundesgenössischen Städten infolge einer Mißernte im Pontosgebiet den Tribut stunden mußten: so sehr hing alles an den jeweiligen Preisen allein des Brotes. Die große Bauinschrift des Erechtheion ergibt für die gemieteten freien Arbeiter und für die Sklaven den gleichen Satz von 1 Drachme pro Tag, im 4. Jahrh. kommen sogar Lohnsätze (für gelernte Arbeiter allerdings) bis zu 2 Drachmen pro Tag vor, während in Eleusis (4. Jahrh.) die von dem Tempel an seine eigenen Sklaven für Nahrung berechneten Gelder nur 3 Obolen betrugen, in Delphoi 338 dem Unternehmer ebenfalls 3 Obolen σιτήριον berechnet werden, endlich für Delos, noch später, die Selbstkosten der Nahrung nur 2 Obolen betragen. Allein es ist zu bedenken, daß es in Athen die Demokratie ist, welche im 5. Jahrh. jene anständigen Löhne bei öffentlichen Arbeiten zahlen läßt, – Löhne, die dem Besitzer der Sklaven, der sie für den Bau hergab, freilich einen erheblichen Gewinn abwerfen konnten, sei es, daß er ἀποφορά von ihnen bezog, sei es daß er sie gegen Lohn vermietete, – für die freien Arbeiter aber, falls sie Familien gehabt hätten, trotz allem vielleicht nur eben ausgereicht hätten. Auch beweisen jene Zahlen schon an sich durchaus nicht (nähere Ausführung ist hier unmöglich), daß die Konkurrenz der Sklavenarbeit – soweit sie stattfand – nichtdrückend gewesen sei, wie Francotte glaubt. Die Beschränkung der Löhne (nichtländlicher!) freier Arbeiter auf die bloße Gewährung des einfachen physischen Unterhalts (in anderen Fällen: der Nahrung) in Naturalien, wie sie, nach ägyptisch-orientalischer Art, auch in Griechenland (so 282 – also in einer Zeit wesentlich entwickelterer Geldwirtschaft – in Delos) vorkommt, illustriert die Tendenz zur Beschränkung der Lohnsätze auf das »Existenzminimum«, soweit nicht Elitearbeit, starker akuter Arbeitsbedarf (speziell Qualitätsarbeitsbedarf, wie z.B. wohl bei jenen gelernten Arbeitern, die 2 Drachmen erhalten fast zur gleichen Zeit, wo ungelernte nur in natura sustentiert wurden) oder politische Gründe einwirkten. Die soziale Deklassierung der freien Arbeit durch das Zusammenarbeiten der Sklaven mit den Freien – beim Erechtheion sind promiscue Bürger, Metöken und Sklaven Mitglieder und Leiter der Akkordgruppen – konnte keinesfalls ausbleiben. Und die Entgegnung des Aristarchos in den Memorabilien auf die Bemerkung des Sokrates über den Wohlstand athenischer Bürger: daß sie von diesem ihrem Geldverdienst Barbaren kauften und arbeiten ließen, bleibt in ihrer Bedeutung voll bestehen. – Sowohl die Haussklaven wie die Arbeitssklaven schränkten also den Erwerbsspielraum für die freie Arbeit ein. Daß, angesichts der engen Bürgerrechtspolitik und der in der ganzen alten Welt wiederkehrenden Bestrebungen zur Monopolisierung von »Unternehmer«-Profitchancen zugunsten der Bürgerschaft, in der ganzen klassischen Zeit von keinem Versuch etwas bekannt ist, eine Beschränkung der Vergebung öffentlicher Arbeiten an einheimische Handwerker zu erzwingen, – während die Zeit der Tyrannis und der Gesetzgeber (s.o.) Sklavenbeschrän kungen kannte –, diese Tatsache allein schon zeigt die Ohnmacht, in welcher sich damals bereits die auf ihrer Hände Arbeit angewiesenen Freien, und doch wohl zweifellos infolge der Expansion der Sklaverei, befanden. Außerdem freilich zeigt sie auch die Unmöglichkeit einer solchen Beschränkung infolge des Fehlens einer hinlänglich zahlreichen freien »Arbeiterschaft« im heutigen Sinn. Die großen Staatsaufträge mit ihrem akuten Arbeitsbedarf fanden zweifellos überhaupt nicht die nötige Anzahl von Arbeitskräften innerhalb der freien Handwerker und Arbeiter, und (zum Teil infolge der Bürgerrechtspolitik!) erst recht nicht der Bürgerschaft allein vor, um eine derartige Beschränkung, deren Popularität – vollends wenn man sich den attischen Demos als ein Volk von in erster Linie Handwerkern vorstellt, wie es noch immer so oft geschieht – doch sehr nahe lag, auch nur in Betracht ziehen zu können. – Gewiß drangen die Sklaven, da die Herren naturgemäß die langen Lehrzeiten

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