Gesammelte Beiträge von Max Weber. Max Weber

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Gesammelte Beiträge von Max Weber - Max Weber

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ein solcher der Landwirtschaft angesehen wurde, darf wohl aus den Aeußerungen Xenophons in seinem bekannten Finanzvorschlag geschlossen werden. Aus seiner »Oekonomie« – die freilich wohl nicht spezifisch attische Zustände, sondern einen idealen Typus von hellenischer Gutswirtschaft schildert (sein eigenes Landgut lag im Peloponnes) – geht andererseits hervor, daß selbstredend auch auf dem Lande die Sklaven normale Arbeitskräfte waren. Xenophon (der von der Technik des Ackerbaues allerdings kaum mehr verstand, als ein preußischer Offizier a. D., der ein Rittergut übernimmt) spricht von gar keinen anderen Arbeitern, und daß auch Feldsklaven ge- und vermietet wurden, ist zweifellos. Der (unfreie oder vielleicht auch freigelassene) ἐπίτροπος soll nach Xenophon von Gewinnstreben beseelt sein, wird also offenbar vom Herrn am Gewinn interessiert. Die Sklaven soll man durch gutes Essen und Getränk und bessere Kleidung für die Tüchtigsten zu interessieren suchen (woraus, ebenso wie aus dem Ausdruck οἰκέται, hervorgeht, daß sie als familienlos und ganz in der Menage des Herrn befindlich anzusehen sind). Vor allem solle man sich auch selbst um den Gang der Wirtschaft kümmern. Daß dies letztere im ganzen nur etwa ebenso wie zu Catos Zeit geschah, d.h. nur in Form gelegentlicher Rechnungskontrolle, geht aus anderen Bemerkungen Xenophons selbst hervor. Alles klingt überhaupt ähnlich wie bei Cato, nur daß die Verhältnisse offenbar weit kleinere und einfachere sind als auf den römischen Gütern selbst zu Catos Zeit. Daß die Römer manche technische Ausdrücke der Großsklavenwirtschaft (so die Bezeichnung: »instrumentum vocale« = »ὄργανον ἔμψυχον«) von den Hellenen entlehnt haben, beweist für die klassische Zeit nichts: das Sizilien der hellenistischen Zeit dürfte die Quelle dafür sein. In klassischer Zeit war nur Chios (Großhandel, Sitz der größten griechischen Vermögen, Oel- und Weinkultur) ein Land mit massenhafter Kaufsklavenverwendung und (schon seit dem 7. Jahrhundert!) Sklaven aufständen, wie Rom. Eine starke Expansion ländlicher Sklaven großbetriebe ist für Attika also nicht wahrscheinlich. Sklaven arbeiteten in Attika, wie die Komödie ergibt, auch als Arbeiter der Bauern mit diesen auf dem Felde nach alter patriarchalischer Art: – das war ja schon militärisch schwer vermeidlich –15 um große Zahlen hat es sich dabei erst recht nicht gehandelt. Die Landwirtschaft war überhaupt damals kein vom Kapital begehrtes Anlageobjekt. Man beschuldigte sie oft genug (Xenoph. Oik., Einleitung) ruinös zu sein. Wie oft der spekulative Ankauf von Land zu Meliorationszwecken und zum nachherigen Wiederverkauf praktisch vorkam, bleibt dahingestellt: es kennzeichnet die damalige »kaufmännische« Auffassung, daß ein Reaktionär wie Xenophon diese Art von Bodenspekulation empfiehlt. Auf die Rentabilität des Bodenbaues mußten in Attika s.Z. die Ausfuhrverbote für alle landwirtschaftlichen Produkte außer Oel ziemlich stark gedrückt haben. Vielleicht drehte sich der Interessenkampf im 6. Jahrh. auch um diese Begünstigung der »πεδία«. Das auswärtige Importgetreide, welches der Stapelzwang und das Vorkaufsrecht der Bürger im 5. Jahrh. in den Peiraieus brachten, wird einen relativen Druck auf die Getreideproduktion immerhin geübt haben. Die Viehpreise waren in Hellas in der Zeit von Solon bis zu den Perserkriegen wohl auf das 10-20fache, Getreide anscheinend nur auf das 3fache gestiegen (Vieh war über See nicht transportabel). Gegen das 6. Jahrh. stieg dann Getreide bis Ende des 5. Jahrh. – zuerst infolge Volkszunahme, dann auch infolge der Unsicherheit der Kriegszeiten – auf das 4fache, – wovon aber der attische Getreidebau nur in der Zeit zwischen Sphakteria und dem Beginn des dekeleischen Krieges profitieren konnte. Von Viehwirtschaft aber ist speziell in Attika immer nur Kleinviehzucht (und, seitens des Adels, Pferdezucht) von Erheblichkeit gewesen. Nach dem dekeleischen Kriege war der Ruin des Hoplitenstandes ein so gründlicher, daß eine wirkliche Erholung davon nie wieder eingetreten ist. Daß die δικασταὶ κατὰ δήμους (s.o.) jetzt wieder stadtsässige Richter geworden sind, zeigt die Abnahme der sozialen und politischen Schwerkraft der Bauern: das Soldheer ist an Bedeutung gestiegen. –

      Was wir über den Anbau wissen, ist nur, daß nach Demosthenes Attika 355 aus dem Reiche Leukons im Pontosgebiet allein etwa 400000 Medimnen importierte, dagegen nach den eleusinischen Abgaberechnungen 315/8 seinerseits etwa 400000 Medimnen produzierte, davon rund 1/10 Weizen, das andere Gerste. Es würde dies, wenn man E. Meyers Berechnung akzeptiert (und positive Bedenken gegen die zugrunde gelegten Zahlen liegen nicht vor, so hypothetisch sie sind), ca. 14250 ha jährlicher Saatfläche ergeben: bei Brache Jahr um Jahr wären also 12% des attischen Bodens mit Getreide bestellt gewesen. Die Bodengestaltung allein würde einen so geringen Bruchteil vielleicht doch nicht erklären. Aber nach den delischen Listen scheint im 4. Jahrh. der Preis zeitweise ins Stagnieren geraten und dann erst weiterhin wieder stetiger bis Anfang des 3. Jahrh. gestiegen zu sein. Es war daher in der klassischen Zeit für Attika wohl nur der Oelbau zur Kapitalverwertung geeignet. Ueber seine ökonomische Organisation sind wir nicht urkundlich informiert: eigene Regie mit Sklaven nach römischer Art oder – wahrscheinlicher – Pachtsystem nach moderner italischer Art waren beide möglich; daß Xenophon, der nur Sklavenarbeit kennt, speziell eingehend von Baumpflanzungen spricht, macht ersteres für seine Zeit wahrscheinlicher. –

      Alles in allem also hat man sich in der klassischen Zeit Griechenland in der Nähe der großen Verkehrszentren als ein ziemlich stark parzelliertes Land, mit in den Ebenen erheblichem Gartenbau und an den Berghängen Kleinbauern, die Flußtälern des Peloponnesos als Träger kleiner Grundherren, Elis als »Squirearchie« zu denken, während Thessalien das Gebiet der Latifundien, der Hörigkeit und Rossezucht, Böotien ein Land kräftiger Großbauernwirtschaft war, und der Nordwesten auf dem Lande noch im Zustande der Naturalwirtschaft verharrte. Für die erste Hälfte des 4. Jahrh., und ebenso schon für das ausgehende 5., muß man sich gegenwärtig halten, daß sie Zeiten konstanter, nur durch Spartas kurze Gewaltherrschaft niedergehaltener Revolutionen und Restaurationen von Parteigruppen waren, welche in Form unaufhörlicher Konfiskationen eine früher nicht erhörte Unsicherheit der Bodenbesitzverhältnisse mit sich brachten. Streng stadtsässige Kleruchien unter Verwandlung des Landvolks in Kolonen (Mytilene), Landneuaufteilungen unter Abschlachtung der gesamten Aristokratie und blutige Restaurationen finden sich nebeneinander. Die alten Parteinamen der »Demokratie« und »Oligarchie« hatten dabei nicht immer den Sinn, den sie im 5. Jahrh. vor dem Kampf zwischen Athen und Sparta besaßen. Die thebanische »Demokratie« war eine ländliche Hoplitendemokratie, welche nach Erlangung der politischen Einigung Böotiens den Frieden suchte, ganz ebenso wie die attischen Bauern und ihre »oligarchischen« Führer, während die radikale Demokratie Athens eine vom Kriege lebende städtische Schicht repräsentierte: – der Krieg bringt dem besitzlosen Stadtvolk hohen Matrosenlohn, im Falle des Sieges neue Tribute, aus denen öffentliche Arbeiten gezahlt werden, Zunahme der Mieten für den städtischen Hausbesitzer und Expansion der Kapitalverwertungsmöglichkeiten im eroberten Ueberseegebiet. Die kurze spartanische »Demokratie« (vor Sellasia) stellte eine kriegerische Landrentner demokratie dar. Die grundherrliche Oligarchie Thessaliens und die kaufmännische von Chios waren in ihrer ökonomischen Struktur die äußersten Gegensätze. Ebenso die kaufmännischen Oligarchien Korinths und Kerkyras und die feudale Spartas, die trotzdem gegen die Demokratie zusammenhielten. Etwas verschoben hatte sich auch das für alle Parteikonstellationen des Altertums so wichtige Gläubiger-Schuldner-Verhältnis in seiner sozialen Lagerung. Immer sind die Schuldner »Agrarier« (wie bei uns). Aber die Gläubiger sind in der Frühzeit: grundbesitzender, stadtsässiger und kriegerischer Adel, in der Spätzeit: Händler und Rentner, und unter den Schuldnern treten später gerade die Großbesitzer stärker hervor. Der Gegensatz ist flüssig, aber immerhin fühlbar. Schuldenrepudationen und Versuche zu solchen werden jetzt vornehmlich ein Junker-Ideal, nicht mehr eine politisch-ökonomische Forderung der wehrhaften Bauernschaft.

       Während der ganzen klassischen und ebenso in der hellenistischen Zeit setzte die Polisorganisation, mit ihrem Synoikismos der Behörden und – möglichst – auch der bemittelten Grundbesitzer in die Stadt, Gliederung in Phylen, Organisation in Bule und Ekklesia als Volksvertretungen usw., ihren Siegeslauf durch Althellas fort. In ganz Mittelgriechenland außer Aitolien siegte sie und verdrängte oft die althistorischen Stammesnamen (während, wo sich das feste Schema der Polisorganisation einmal festgesetzt hatte, es durch die radikalste

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