Dr. Norden Extra Staffel 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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»Ich kann nur sagen, daß mein geschiedener Mann seit zwei Wochen mit ihr untergetaucht ist, als er sein Besuchsrecht in Anspruch nahm. Ausgangspunkt Beverly Hills. Sein Name ist Victor Santorro. Meine Tochter heißt Laura und ist sechs Jahre alt. Ich muß jedoch leider sagen, daß Santorro über allerbeste Beziehungen verfügt.«
»Ich habe auch Beziehungen zu Kollegen in den Staaten. Wir helfen uns gelegentlich gegenseitig. Ich kann erst mal vorfühlen, was machbar wäre, sonst wird es eine kostspielige Angelegenheit.«
»Ich werde das Geld beschaffen. Ich kann nur nicht selbst wieder zurück.«
Er verabschiedete sich zehn Minuten später sehr höflich von ihr.
Jessica blickte auf die Uhr. Noch zehn Minuten bis neunzehn Uhr. Sie fuhr noch einmal zu ihrem Appartement in der fünften Etage, machte sich schnell ein bißchen frisch und nahm ihre Aktentasche mit sich.
Als sie aus dem Lift trat und um sich blickte, blieb sie wie angewurzelt stehen. An der Rezeption lehnte ein hochgewachsener dunkelhaariger Mann, der sich jetzt umdrehte. Ihre Blicke trafen sich, und ihr Herzschlag setzte aus, aber da betrat schon Daniel Norden die Halle und kam rasch auf sie zu.
Er merkte, daß sie verwirrt war und schob seine Hand unter ihren Arm. »Fee freut sich schon auf Sie, Jessica«, sagte er.
Geistesabwesend ging sie an seiner Seite hinaus. Der Mann an der Rezeption richtete das Wort an den Empfangschef, mit dem er schon vorher gesprochen hatte.
»Können Sie mir bitte sagen, wer die blonde Dame war, die eben abgeholt wurde?«
»Weil Sie es sind, Dr. Vreden. Es ist Mrs. de Wieth. Und der Herr war Dr. Norden, nach dem Sie sich auch erkundigt hatten.«
»Jessica de Wieth, das ist interessant«, murmelte Julian Vreden. »Sie wohnt auch hier, welch ein Zufall.«
*
Jessica wirkte immer noch etwas benommen, als Daniel Norden ihr aus dem Wagen half. »Hier wohnen wir«, sagte er.
Jessica zuckte zusammen. »Pardon, ich war in Gedanken«, sagte sie leise. »Es ist ein schönes Haus.«
»Wir haben inzwischen fünf Kinder, Jessica.«
»Fünf Kinder«, wiederholte sie staunend. »Ich kannte nur zwei.«
»Ja, so vergehen die Jahre.« Fee stand schon in der Tür. Es war ein herzlicher Empfang.
Jessicas Gesicht entspannte sich.
»Sind die Kinder schon zu Bett? Ich würde sie gern sehen«, sagte sie bittend.
Die Kinder waren in der Küche bei Lenni, und Fee dachte sich, daß es am besten wäre, daß Jessica gleich alle auf einmal kennenlernen könne.
Vielleicht war es für Jessicas Seelenheil doch zuviel, besonders als sie Annekas kleine Hand hielt. Nur mühsam konnte sie die Tränen zurückhalten.
Die Zwillinge schätzten keine abendlichen Besuche und ließen sich beim Puddingessen nicht stören, sagten nur »Hallo« und ließen es sich schmecken. Das war gut so, denn Jessica kämpfte noch immer mit den Tränen, und Anneka schaute ihre Mami ganz betreten an.
Die Kinder ließen sich dann auch nicht mehr blicken. Jessica konnte ungestört ihre Geschichte erzählen, und wurde auch von Fee und Daniel nicht unterbrochen.
»Den Anfang kennen Sie ja«, begann Jessica. »Ich schwebte auf Wolken, fühlte mich als glücklichste Frau der Welt, und das hielt wenigstens ein halbes Jahr an. Dann fuhr Victor zu Filmaufnahmen nach Kanada. Eigentlich war es geplant, daß ich ihn begleiten sollte, aber dann sagte er, daß es dem Regisseur nicht recht sei, weil ich störend wirken würde. Eifersüchteleien sollten vermieden werden. Da wußte ich allerdings noch nicht, daß Victor mal mit Audrey Burnes ein Verhältnis hatte. Ich habe sowieso alles erst nach und nach erfahren. Ich saß also in dem wirklich wunderschönen Haus, in dem ich gern einiges verändert hätte, aber damit hätte ich Victor auf die Palme gebracht. Er hatte seinen eigenen Geschmack, und er entpuppte sich als ausgemachter Macho. An Belehrungen mußte ich schon manches einstecken, aber er wurde wenigstens nicht aggressiv. Gäste hatten wir selten, aber wir wurden häufig eingeladen. Ich mußte mich jedoch überall als Außenseiter fühlen. Vielleicht war ich diesbezüglich auch zu empfindlich. Leslie Howard zum Beispiel versuchte Kontakt zu mir zu bekommen, aber das haben unsere Männer weitgehend unterbunden. Später erfuhr ich auch, warum das so war, denn Victor und Paul Howard waren sich sehr ähnlich und gaben sich auch immer gegenseitig ein Alibi bei ihren Extratouren. Leslie informierte mich eines Tages darüber, aber dann verschwand sie plötzlich, und man sprach davon, daß sie ihren Mann verlassen hätte. Ich war inzwischen schwanger, und Victor war sehr nett zu mir. Ich hatte ihm ja nie etwas nachgetragen. In meinen Augen war er eben ein Star, der seine Launen haben durfte. Laura kam zur Welt, und er zeigte sich gern als glücklicher Vater. Ich wurde mehr und mehr zu einem Schattendasein verbannt. Er hatte dauernd etwas an mir auszusetzen. Ich erholte mich auch lange nicht von der ziemlich schweren Geburt. Heute weiß ich, daß meine seelische Verfassung daran schuld war. Dann gab es auch schon die ersten Differenzen, weil meine Zinsen so unregelmäßig eintrafen. Einige Zertifikate hatte ich ausgezahlt bekommen, und ich hatte bis dato kein Geld von Victor gebraucht. Nun blieb das Geld aus, und Victor teilte mir ein recht spärliches Taschengeld zu. Heute sehe ich alles mit anderen Augen. Geld ist schon lange nicht mehr wichtig für mich, aber ich war es ja nicht gewohnt, etwas zu verdienen. Ich hatte das Kind, aber Victor bestand darauf, eine Kinderschwester ins Haus zu nehmen. Ich will gar nicht abstreiten, daß er Laura liebt, aber ich merkte dann, daß er sie allein als seine Tochter betrachtete. Sie ist ein besonders hübsches Kind.«
»Kein Wunder bei der Mutter«, warf Fee zur Aufmunterung für Jessica ein.
»Victor behauptet, daß sie nur ihm ähnlich sähe. Mir gegenüber zeigte er sich von der brutalen Seite. Ich will das nicht im einzelnen schildern, aber es war blankes Entsetzen, als er mich zum ersten Mal schlug, und nur, weil ich ihn gefragt hatte, wo er gewesen sei, als er erst in den Vormittagsstunden heimkam. Es wurde immer schlimmer. Noch wußte ich nichts davon, daß er Ärger mit dem Produzenten hatte und Audrey ihn erpreßte. Er muß ein illegales Geschäft gemacht haben, womit weiß ich nicht, aber ich kann vermuten, daß es sich um Drogen handelt.
Als ich dann soweit war, ihn zu fragen, ob es nicht besser sei, wenn wir uns scheiden lassen, mißhandelte er mich so, daß ich nicht mehr richtig reden konnte. Er ließ mich in ein Nervensanatorium bringen mit der Behauptung, daß ich mit dem Messer auf ihn losgegangen sei.
Er wies einen Schnitt am Arm vor, den jemand anderes ihm zugefügt haben mußte oder er selbst. Ich auf keinen Fall, aber mir glaubte niemand. Es war alles so irrsinnig, daß ich dann selbst fast glaubte, nicht mehr bei Verstand zu sein. Ich war verzweifelt, weil ich Laura nicht sehen konnte. Als ich dann endlich wieder frei war und sie sehen konnte, rief sie: ›Tu mir nichts, Mummy, ich habe Angst.‹ Das hat ihr Victor wohl einstudiert. Er hatte die Scheidung eingereicht. Ich erhob keine Einwände, aber ich wollte um das alleinige Sorgerecht für Laura kämpfen. Es erschien mir fast als Wunder, als ihm nur das Besuchsrecht zugesprochen wurde. Laura hatte sich wieder an mich gewöhnt. Ich traf schon Vorkehrungen, nach München zurückzukehren. Selbstverständlich wollte ich sie mitnehmen. Das wußte Victor durch eine einstweilige Verfügung zu verhindern. Dann geriet ich zweimal in Lebensgefahr. Einmal zusammen mit Laura, als wir beinahe überfahren wurden, ein zweites Mal allein, als meine Bremsen versagten und ich meinen Wagen gerade noch in ein Gebüsch setzen konnte. Aber mir wurde kein Glauben geschenkt, als ich das als Anschlag bezeichnete.