Fürstenkrone Box 16 – Adelsroman. Viola Maybach
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»Dein Sohn, Holger«, flüsterte sie, noch von der Not der vorangegangenen Stunden erschöpft.
Er aber beugte sich zu ihr hinunter, nahm Frau und Kind zärtlich in seine Arme und sagte innig:
»Unser Sohn, kleine Frau, das Pfand unserer Liebe.« Andächtig küsste er die feuchten Augen, und in diesem Moment hatte er seine erste große Liebe völlig vergessen.
*
Weihnachten stand vor der Tür. Draußen stürmte und schneite es schon seit Tagen ununterbrochen. Der See, der die Wasserburg umschloss, war zugefroren.
Die kleine Baroneß Ille und ihr Bruder waren fast den ganzen Tag draußen. Sie fanden das Leben einfach himmlisch, seitdem Tante Phyllis ihre Mutti geworden war und es für richtig hielt, die Kinder nicht von den gleichaltrigen Spielgefährten zurückzuhalten. Zwar wählte sie sehr sorgsam den Umgang der Kinder aus, aber es war bezeichnend für ihre Einstellung, dass die Tochter des Dorfschneiders und der Sohn des Schusters liebe Gäste auf Meeresbucht geworden waren.
Die sonst immer etwas blassen Kinder lebten sichtlich auf, und schon bald unterschieden sie sich kaum noch von den pausbackigen Dorfkindern, so gesund und blühend sahen sie aus, und die übermütige Lebensfreude funkelte aus ihren Augen.
Phyllis hatte den ganzen Tag alle Hände voll zu tun. Mit der alten Köchin hatte sie Freundschaft geschlossen. Die Frau, die am Anfang einen stillen Grimm gegen die Neue in sich getragen hatte, weil sie fürchtete, sich nun in ihrem ureigensten Bereich einem fremden Willen beugen zu müssen, hatte sehr bald erfreut eingesehen, dass Phyllis gar nicht daran dachte, ihre Rechte zu schmälern. Im Gegenteil, die junge Burgherrin ließ sich von der erfahrenen Köchin beraten und in die Geheimnisse der herrschaftlichen Küche einführen.
Seitdem der Burgherr auf Reisen gegangen war, kamen ab und zu aus der Nachbarschaft Gäste, die versuchten, die junge Frau aus ihrer Einsamkeit zu locken und in das gesellschaftliche Leben zu ziehen.
Ganz wohl war ihr dabei freilich nicht zumute. Sie kannte doch Axels Einstellung und wusste, dass er davon nichts wissen wollte. Aber sie konnte und durfte die nachbarlichen Beziehungen nicht durch Unhöflichkeit trüben. Es lag ihrem freundlichen Wesen nicht, bewusst jemanden zu kränken.
In den letzten Wochen hatte sie genug zu tun, um alles für Weihnachten zu richten. Da waren die eigenen Leute, die Knechte und Mägde, denen sie eine Freude machen wollte. In diesem Jahr sollte Weihnachten ganz besonders hübsch für alle werden.
Die Armen im Dorf galt es zu beschenken, und da sie darauf bedacht war, neben den praktischen Dingen auch noch Freude zu verschenken, so kostete es ganz besondere Mühe, die geheimen Wünsche aller herauszufinden.
Es machte Phyllis unsagbare Freude. Die Knechte und Mägde beteiligten sich in ihren Freistunden freiwillig und gingen ihr zur Hand.
Dann herrschte ein Singen und Lachen in der großen Küche, und die Stunden flogen dahin, ohne dass es den Leuten bewusst wurde.
Während die Frauen nähten und strickten, bastelten die Knechte Spielzeug für die Kinder, und jedes Stück, das unter ihren Händen entstanden war, rief neue Begeisterung hervor und ließ die Augen aufleuchten. Ein Lob aus dem Mund der jungen Herrin war der schönste Lohn.
Obwohl die Frau still und ernst war, ging von ihr doch eine solche Wärme aus, dass man ihr einfach gut sein musste, ob man wollte oder nicht. Sie wurde mit dem rauesten Gesellen fertig, und oft genügte ein ernster Blick aus ihren schönen Augen, um jeden Widerstand zu brechen.
Jeder Befehl, den sie erteilte, klang wie eine Bitte, und alle eilten, ihn auszuführen, um sie nicht zu enttäuschen.
*
So fand Axel von Lassberg sein Haus bestens bestellt, als er nach vier Monaten Abwesenheit gesund und dunkelbraun gebrannt heimkam.
Es war schon spät, als er auf der Burg eintraf. Seine freudige Erwartung bekam einen Dämpfer, als er erkannte, dass die Fenster im Herrenhaus bereits alle dunkel waren.
Nur aus den großen Fenstern der Küche, die im Erdgeschoß lag, leuchtete Licht in die Nacht hinein.
Wenigstens einer noch wach, der ihn willkommen heißen konnte, durchfuhr es ihn mit leichter Bitterkeit.
Wie oft hatte er in den vergangenen Monaten an eine schöne Frau denken müssen. Wie oft hatte er im Traum seine Hände ausgestreckt, um sie in heißer Sehnsucht in das lange nachtschwarze Haar zu graben. Und wenn er dann erwachte, wenn er erkannte, dass er allein war, dann hatte er mit offenen Augen auf seinem Lager gelegen und sich mit einem verträumten Lächeln seine Heimkehr ausgemalt.
Der Mann wischte sich über die Augen und lächelte grimmig.
Er war ein Träumer. Wann endlich würde er es lernen, einzusehen, dass die nackte Wirklichkeit anders aussah? Wann endlich würde dieses törichte Herz begreifen, dass es keine Wünsche mehr zu haben hatte, sondern sich damit abfinden musste, einsam zu sein?
Mit harten Schritten betrat der heimkehrende Burgherr sein Haus und ging durch die große Halle.
Plötzlich blieb er wie angewurzelt stehen. Seine Augenbrauen zogen sich verwundert in die Höhe.
Deutlich hörte er das fröhliche Lachen, das aus der Küche kam. Dazwischen klangen immer wieder Stimmen auf, die sehr angeregt zu sein schienen.
Nanu, da schienen aber noch mehr Leute zu sein. Was sie wohl um diese Zeit noch in der Küche trieben? Welche Unsitten waren denn hier eingerissen?
Ohne lange zu überlegen, ging er bis zum Ende des Ganges, an dem die Küche lag.
Ohne anzuklopfen öffnete er die Tür und verharrte.
Das Bild, das sich ihm bot, war auch wirklich so verblüffend, dass es dem sonst so überlegenen Mann die Sprache verschlug.
Die weiträumige Küche war zur Werkstatt geworden. Knechte und Mägde saßen einträchtig zusammen und schienen eifrig beschäftigt zu sein.
Neben ihnen auf dem Boden türmten sich die Kisten und Pakete, mit denen zwei Mägde beschäftigt waren, sie zu verschnüren.
Und dann sah er sie – schmal, feingliedrig, mit dem langen seidigen Haar, das auf ihre Schultern fiel, den glücklich leuchtenden Augen und dem Mund.
Genauso, wie sie ihm immer wieder in seinen Träumen erschienen war, greifbar nahe und doch unendlich fern.
Niemand hatte seinen Eintritt bisher bemerkt.
So hatte er Muße, das sonderbare, ihm noch immer unverständliche Treiben zu beobachten.
»Hans, du warst doch heute im Dorf. Was macht der Junge vom Schmied, geht es ihm schon wieder besser?«, wandte sich in diesem Augenblick die junge Frau an einen der Knechte, der gerade einem Holzpferdchen den letzten Schliff gab.
»Er ist über den Damm, so hat der Schmied mir gesagt, Frau Baronin. Er dankt auch schön für die Bücher. Der Peter hat sich sehr darüber gefreut.«
»Fein, dann wird er ja Weihnachten wieder aufstehen dürfen. Wäre doch keine rechte Freude für den Buben, wenn er das Fest im Bett zubringen müsste.«