Zum Teufel! – Die Frage nach dem Bösen. Paul Metzger

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Zum Teufel! – Die Frage nach dem Bösen - Paul Metzger Dialoge

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Gott ist schuld am Bösen.

      Zweitens: Der Mensch ist schuld.

      Drittens: Der Teufel ist schuld.

      Im sechsten Kapitel wird eine philosophische Antwort auf die Frage nach dem Bösen vorgestellt, die ihrerseits auf den Teufel als Symbol Bezug nimmt. Und schließlich soll im letzten Abschnitt eine moderne theologische Antwort skizziert werden, eingedenk dessen, dass es aus christlicher Sicht wohl kaum eine überzeugende Lösung geben wird.

      Der Teufel heute

      Interessant für jetzt ist nur: Der Teufel ist in der Gegenwart keine eindeutige Figur mehr. Was man von ihm hält, hängt hochgradig davon ab, wer man selbst und in welchem religiösen und weltanschaulichen Milieu man zuhause ist. Und deutlich ist auch: Man kann selbst ein hochmoderner Mensch sein, der sich mit aktuellen Smartphone-Modellen auskennt, Grundlagen künstlicher Intelligenz versteht und ganz in der Moderne angekommen ist – und trotzdem an den Teufel glauben. Religiöse Aufklärung kann sich komplett von sonstigen Lebenseinstellungen abkoppeln. Man kann ein fundamentalistisches Bibelverständnis haben und trotzdem ein moderner Mensch sein. Diese paradoxe Tatsache muss man sich gerade im Hinblick auf den Teufel vor Augen führen. Der Mensch kann eine paradoxe Identität leben, indem er seine religiösen Überzeugungen von seinem sonstigen Denken unabhängig macht. Wer an den Teufel glauben will, wird sich von keinem theologischen Argument und keiner historischen Herleitung überzeugen lassen. Gleiches gilt in gewissem Sinn auch von der Figur „Gott“ – aber das wäre ein anderes Buch.

      2. Der Monotheismus

      Die Konzentration des Göttlichen in einem Gott zog die Konzentration des Bösen in einer einzigen Gestalt nach sich.

      (Gerd Theißen1)

      Der Monotheismus ist nicht vom Himmel gefallen. Vorformen finden sich bereits im Alten Ägypten. Für unseren Zusammenhang entscheidend ist die Entwicklung im Rahmen der israelitischen Religion. Diese entwickelte sich von einer polytheistischen (gr.: polys = viel; Theos = Gott) Religion über verschiedene Stufen zur monotheistischen (monos = allein).

      Der Polytheismus

      Am Anfang kannte Israel also genauso wie andere antike Völker mehrere Götter (z.B. Ps 82) und verehrte diese. Aus Ägypten und Griechenland ist der Glaube an die Existenz mehrerer Götter besser bekannt. Geschichten um Zeus, Poseidon und andere Götter bilden unser kulturelles Erbe. In einem Kontext, in dem man an mehrere Götter glaubt, ist es einfacher, böse Erlebnisse zu deuten. Wenn ein Gott seinen klar definierten Wirkungsbereich hat, dann kann man ihn genau dann anrufen, wenn er zuständig ist. Und man kann dem Gott die Schuld für das Böse, das man erlebt, zuschieben. Während die meisten Gottheiten in der Umwelt des Alten Israel zumindest ambivalent und nie nur böse oder gut waren, ist dies in der Religion des alten Persiens anders. Hier kämpft der böse Gott Ahriman gegen den guten Gott Ohrmazd. Diese klare Einteilung wird als Dualismus bezeichnet. Böse gegen gut – so lässt sich die Welt recht einfach verstehen und deuten. Aber auch in Griechenland oder Ägypten weiß man, wer für was verantwortlich ist. Vor allem im Bereich der Vegetation, der für antike Kulturen die entscheidende Lebensgrundlage bildete, lassen sich Gegenspieler ausmachen. In der Religion Kanaans, mit der sich Israel intensiv auseinandersetzen muss, kämpft der gute Gott Baal gegen den Herrn des Todes, den Gott Mot. Mot steht für das Vergehen der Natur, Baal für die Wiederkehr der Pflanzen. Der ewige Kampf von Baal und Mot wird zur Deutung des Kreislaufs der Natur herangezogen. Der eine steht für die gute Fruchtbarkeit der Erde, der andere für ihr Verblühen.

      Die Entwicklung der Monolatrie

      Israel entwickelt im Laufe seiner Geschichte aber die Vorstellung, dass es nur einen Gott gibt. Im Alten Testament lassen sich bei aufmerksamer Lektüre Spuren dieser Entwicklung finden.

      Im 1. Buch Mose, der Genesis, wird z.B. erzählt, dass Rahel, die Frau Jakobs, ihrem Vater dessen „Hausgott“ stiehlt (Gen 31,19). Im gleichen Kapitel wird von einem Vertrag berichtet, den Jakob mit seinem Schwiegervater Laban schließt. Dieser Vertrag wird mit der Anrufung verschiedener Götter besiegelt, in deren Namen geschworen wird:

      Der Gott Abrahams und der Gott Nahors, der Gott unserer Väter, seien Richter zwischen uns. Und Jakob schwor ihm bei dem Schrecken Isaaks, dem Gott seines Vaters. (Gen 31,53–54)

      Deutlich ist hier, dass verschiedene Götter akzeptiert werden. Weniger klar ist, ob mit der Bezeichnung „Schrecken Isaaks“ bereits der spätere Gott Israels bezeichnet ist. Die einzelnen Götter der Familien oder Stämme, die später zum Volk Israel werden, fließen im Laufe der Entwicklung zu einem einzigen Gott zusammen. Doch zeigt diese kleine Erzählung exemplarisch, dass ursprünglich mehrere Götter verehrt wurden, Israel also durchaus polytheistisch war.

      Neben den Familiengöttern dürfte es in Israel auch Götter gegeben haben, die lokal an ihren eigenen Heiligtümern verehrt wurden. So wurden z.B. Inschriften gefunden, die verschiedene Ausprägungen eines Gottes namens „Jahwe“ („Jahwe von Theman“; „Jahwe von Samaria“), des späteren einzigen Gottes Israels, belegen, der zudem wohl auch eine Gefährtin an seiner Seite hatte, die „Aschera“ genannt wurde.

      Im Laufe der Geschichte entwickelt sich der Gott Jahwe, von dem man nicht genau weiß, ob er ursprünglich eine lokale Gottheit oder ein Gott des Wetters war, weiter und Israel beschränkt seine Verehrung auf ihn. Damit ist aber noch nicht die Stufe des Monotheismus erreicht, da die Existenz anderer Götter nicht bestritten, sondern lediglich deren Anbetung verboten wird. Bester Beleg dafür ist das erste der zehn Gebote:

      Du sollst keine anderen Götter neben mir haben. (Ex 20,3; Dtn 5,7)

      Ohne die Anerkennung der Existenz anderer Götter wäre dieses Gebot sinnlos. Die alleinige Verehrung eines Gottes ohne die Bestreitung der Existenz anderer Götter nennt man Monolatrie.

      Der Weg vom Polytheismus zur Monolatrie ist umkämpft. Der Streit um den richtigen Gott wird vor allem zwischen den Anhängern Baals und Jahwes im 9./8. Jahrhundert v. Chr. ausgetragen. Mit der Zeit trägt Jahwe den Sieg davon und steigt durch politische Einflüsse zum alleinigen Nationalgott Israels auf. Vor allem die Reform der israelitischen Religion unter König Josia im 7. Jahrhundert v. Chr. verhilft Jahwe zu diesem Aufstieg. Josia zentralisiert den Kult und lenkt ihn in geordnete, staatlich geregelte Bahnen. Er setzt die alleinige Verehrung Jahwes durch. Damit erlöschen im Volksglauben zwar die verschiedenen Einflüsse der Umwelt nicht, doch schwenkt der offizielle Nationalkult auf diesen Kurs ein.

      Die Entwicklung des Monotheismus

      Zu einem Monotheismus, also zu einem Glauben an einen Gott, der gleichzeitig die Existenz anderer Götter bestreitet, entwickelt sich die israelische Religion erst unter dem Eindruck des babylonischen Exils weiter. 597 v. Chr. wird Jerusalem durch den babylonischen König Nebukadnezar II. zum ersten Mal erobert, zerstört wird es dann 587 v. Chr. Beide Niederlagen ziehen Deportationen von tausenden Menschen nach sich, die sich im Laufe der Zeit in Babylon recht gut einfinden und ihre eigene Religion und Kultur bewahren können. Es ist erstaunlich, dass Israel, also das unterlegene Volk, nun seinen Gott nicht verlässt, sondern dessen Macht steigert. Normal wäre zu erwarten gewesen, dass Israel seine militärische Niederlage auch als Niederlage seines Gottes angesehen und ihn deshalb aufgegeben hätte. Denn immerhin hatte die Zerstörung des Tempels doch gezeigt, dass die babylonischen Götter Marduk und Assur stärker waren als Jahwe. Aber Israel hält an Gott fest und beklagt sein Schicksal:

      Der HERR hat mich verlassen, der HERR hat meiner vergessen. (Jes 49,14)

      Vor allem durch das Wirken eines Propheten, den die alttestamentarische Forschung den „zweiten Jesaja“ (Deuterojesaja) nennt, scheint sich der Monotheismus durchgesetzt zu haben. Sein theologisches Programm

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