Heimliches Berlin. Franz Hessel
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Karola befreite sich aus der unbequemen Haltung, zog ihn mit ruhiger Bewegung zu sich nieder, sah ihm nah in die Augen und fragte: »Wo sind jetzt deine Gedanken? Hast du Angst, daß die Mutter dich nicht reisen lassen wird? Möchtest du im Grunde lieber heim zu ihr?«
»O nein, Karola, laß mich nicht fort von dir.« Das sagte er in fast ängstlichem Ton. »Ich dachte einen Augenblick an Pässe und Visa und Geld. Dazu brauchen wir immerhin zwei Tage, und eigentlich müßte ich dich gleich forttragen wie du bist.«
Sie gab ihm ihre Lippen. »Am liebsten möchte ich hier Tag und Nacht liegen bleiben in deinem Pensionsbett, bis du kommst und sagst: Aufstehen! Wir müssen zur Bahn.«
»Aber das kannst du ja.«
»Würdest du denn für mich zu Oda gehen und bitten, sie soll mir ein Köfferchen packen und nicht vergessen, mein kleines Amulett aus Lapislazuli mit hineinzulegen? Und meinen Erwin mußt du küssen und sagen: Die Mama geht auf eine Weile in ein schönes Land, von dem sie dir dann erzählen wird. Und Clemens –«
»Weiß er denn –«
»Nein. Dem werde ich nicht fehlen. Ich glaube, er liebt mich am meisten, wenn ich nicht da bin. Er ist wie sein Kind: Wenn ich fort bin, schleppt der Erwin seine Bausteine und Holzklötzchen, Hefte und Farbstifte auf den Teppich vor meinen Diwan und baut und malt für mich, als ob ich da über ihm läge. So wird Clemens bisweilen in meinem Zimmer umhergehen und meine Sachen anschauen und anfassen und meinen, er liebe mich. Er braucht ja keines Menschen Gegenwart; ob er mit seinen Nachbarn oder mit seinen Geistern redet, ist für ihn dasselbe. Sag ihm nur ruhig, daß du mit mir reisen willst; fluchen wird er uns sicher nicht. Es ist denkbar, daß er uns segnet. Dann kann er wieder einmal allein thronen in seiner Unterwelt und warten, bis seine Persephone kommt; er glaubt zu wissen, daß sie zurück muß, wenn ihre Zeit um ist, wie es die Sage will. Er wartet auf mich, wie mein Tod auf mich wartet. Ich liebe ihn sehr. Ach, wie schwer ist das Leben!«
Bei den letzten Worten hatte sie sich aufgerichtet. Wie eine Jägerkappe umgab das Fell ihren Kopf. Liegend sah Wendelin hinauf in das Profil, das jetzt eine marmorne Strenge hatte. In der geraden, unten wunderbar gerundeten Nase, in dem kraftvollen Kinn lag so viel Willen: wie kam es, daß diese Starke hilflos war? Ach, daß sie sich niederneigte, mit holder Übermacht zu ihm glitte! Sie selbst an sich zu ziehen, das war ganz außerhalb seiner Möglichkeiten.
Mit einmal war sie aufgesprungen, hatte das Fell abgeschüttelt – es fiel auf seine Brust – und nun stand sie vor dem Spiegel und kämmte ihr Haar.
»Wohin willst du, Karola? Bleib bei mir oder bleib allein hier, wie du versprachst, und laß mich zu Clemens gehen und ihm sagen –«
»Nein, Kind«, sagte sie, ohne sich umzusehen. »Ich muß meine Dinge selbst tun. Morgen um diese Zeit komme ich zu dir.«
Und dann wurde das Fell von ihm weggenommen, wobei es ihn sanfter streichelte, als ein lebendes Wesen könnte, und er wurde auf die Stirn geküßt. Karola war fort. Nichts war mehr von ihr da als das geknüllte Taschentuch, das meist da liegen bleibt, wo eine Frau aufsteht.
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