50 Meisterwerke Musst Du Lesen, Bevor Du Stirbst: Vol. 2. Эдгар Аллан По

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50 Meisterwerke Musst Du Lesen, Bevor Du Stirbst: Vol. 2 - Эдгар Аллан По

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daß dir alles huldigen möchte, gestern die Rosenblätter und heute die Schmetterlinge, Boncours und Gordons ganz zu geschweigen. Oder glaubst du, daß sie meinetwegen kommen?«

      Kapitel Ein­und­siebzig

      Alles freute sich auf Altenbrak, und selbst Cécile war schon um acht auf dem großen Balkon, trotzdem der Aufbruch erst um zehn und zehneinhalb erfolgen sollte.

      Dieser Aufbruch zu verschiedenen Zeitpunkten hatte darin seinen Grund, daß Cécile, sosehr sie sich erholt hatte, für eine Fußpartie doch nicht ausreichend gekräftigt war, während St. Arnaud, ein leidenschaftlicher Steiger, auf eine Wanderung über die Berge hin nicht gern verzichten wollte. So war man denn übereingekommen, den Marsch in zwei Kolonnen zu machen, von denen die Fußkolonne: St. Arnaud, der Emeritus und der Privatgelehrte, um zehn Uhr vorausmarschieren, die Reiterkolonne: Gordon und Cécile, um zehneinhalb Uhr nachfolgen sollte. Danach wurde denn auch verfahren, und als der Fußtrupp um eine halbe Stunde voraus war, erhoben sich die bis dahin Zurückgebliebenen, um sich, unmittelbar vor dem Hotel, an dem Halteplatze der Wagen und Pferde, beritten zu machen. Gordon, wenig zufrieden mit dem Bestande, den er hier vorfand, unterhandelte gerade mit einem der Vermieter, als Cécile, zwischen den Pferden hin, ein Paar Esel gewahr wurde, die ganz zuletzt im Schatten einer Platane standen. Sie freute sich sichtlich dieser Wahrnehmung, und mit einer ihr sonst nicht eigenen Lebhaftigkeit die Verhandlungen unterbrechend, sagte sie, während sie nach der Platane hinzeigte: »Da sind Esel, Herr von Gordon. Das ist nun einmal meine Passion: Eselreiten und Ponyfahren. Und wenn Sie nicht Anstand nehmen… «

      »Im Gegenteil, meine gnädigste Frau, man sitzt besser und gemütlicher, und das gefürchtete ›Vom Pferd auf den Esel kommen‹, was bildlich sein Mißliches haben mag, ist mir in natura nie schrecklich gewesen.«

      Ein Blick, von dem schwer zu sagen war, ob mehr schmeichelhafte Huld oder naive Kinderfreude darin vorherrschte, belohnte Gordon für seine Bereitwilligkeit, und wenige Minuten später saßen beide bereits plaudernd im Sattel und trotteten, über einen Brückensteg hin, auf eine mit vorjährigem Eichenlaub gefüllte Schlucht zu, die, jenseits der Bode, zu der auf dem Bergrücken entlanglaufenden Blankenburger Chaussee hinaufführte. Neben ihnen her ging der Eseljunge, den Esel, auf dem Cécile saß, dann und wann zu beschleunigterer Gangart antreibend. Es war ein bildhübscher, zugleich hartgewöhnter Junge, der abwechselnd ging und lief und dem Gespräche, das Gordon und Cécile führten, mit klugem Auge folgte.

      Das Laub raschelte, die Sonne spielte durch das Gezweig, und aus dem Walde her vernahm man den Specht und dann und wann auch den Kuckuck. Aber nur langsam und spärlich, und als Gordon zu zählen anfing, rief er nur ein einzig Mal noch.

      »Ist euer Harzkuckuck immer so faul?«

      »O nein; mal so, mal so. Soll ich ihn fragen?«

      »Versteht sich.«

      »Wieviel Jahre noch?«

      Und nun antwortete der Kuckuck, und sein Rufen wollte kein Ende nehmen.

      Das schuf eine kleine Verstimmung, denn jeder ist abergläubisch, und um die Verstimmung wieder loszuwerden, sagte jetzt Gordon, das Thema wechselnd: »Eselreiten und Ponyfahren! Sie sprachen so glückstrahlend davon, meine gnädigste Frau. Sind es Kindererinnerungen? Das Ponyfahren läßt es fast vermuten. Aber, Pardon, wenn ich in meiner Neugier vielleicht indiskrete Fragen tue.«

      »Nicht indiskret. Überhaupt, was ist Diskretion? Wer ihr à tout prix leben will, muß in den Kartäuserorden treten.«

      »Der, Gott sei Dank, für Frauen nicht gestiftet wurde.«

      »Mutmaßlich, weil seine Begründer klug und weise genug waren, das Unmögliche nicht anzustreben. Aber, Sie fragten mich, ob Kindererinnerungen. Nein, leider nein. Meine Kindertage vergingen ohne das. Aber dann kamen andre Tage, freilich auch halbe Kindertage noch, in denen ich aus der kleinen oberschlesischen Stadt, darin ich geboren und großgezogen war, zum ersten Mal in die Welt sah. Und in welche Welt! Jeden Morgen, wenn ich ans Fenster trat, sah ich die ›Jungfrau‹ vor mir und daneben den ›Mönch‹ und den ›Eiger‹. Und am Abend dann das Alpenglühn. Ich vergesse sonst Namen, aber diese nicht, diese sind mir in der Seele geblieben wie die Tage selbst. Schöne, himmlische, glückliche Tage, Tage voll ungetrübter Erinnerungen. Und unter diesen ungetrübten Erinnerungen auch Eselritt und Ponyfahren. Ach, es sind so kleine Dinge, aber die kleinen Dingen gehen über die großen… Und von woher stammt Ihre Passion für derlei Kavalkaden?«

      »Aus dem Himalaja.«

      Bei diesem Worte waren sie aus der Schlucht heraus, und Gordon wollte just abbrechen, um, oben angelangt, des freien Umblicks vom Plateau her voll zu genießen, im selben Moment aber wahrnehmend, daß der Eseljunge, ganz wie benommen, ihn anstarrte, überkam ihn ein Lachen, und er sagte: »Junge, kennst du den Himalaja?«

      »Mount-Everest… 27 000 Fuß.«

      »Wo hast du das her?«

      »Nu, das lernen wir.«

      »A la bonne heure«, lachte Gordon. »Ja, der preußische Schulmeister… Zu welch erstaunlichen Siegen wird uns der noch verhelfen! Und was sagen Sie dazu, meine Gnädigste?«

      »Nun zunächst nur das eine, daß der Junge mehr weiß als ich.«

      »Lassen Sie's ihm. Preußischer Drill und Gedächtnisballast. Je weniger man davon schleppt, desto besser.«

      »Das sagt St. Arnaud auch, wenn er gut gelaunt ist. Aber au fond glaubt er's nicht und empfindet ein beständiges Crèvecoeur über all das, was die Herren Präzeptoren, zu deren einem wir jetzt wallfahrten, an mir versäumt haben. St. Arnaud, sag ich, glaubt es nicht, und Sie glauben es auch nicht, Herr von Gordon. Ich hab es wohl bemerkt. Alle Preußen sind so konventionell in Bildungssachen, alle sind ein klein wenig wie der Herr Privatgelehrte… «

      »Ja«, stimmte Gordon zu, »das sind sie. Sie heißen nicht sämtlich Eginhard, aber alle sind mehr oder weniger ›Aus dem Grunde‹.«

      Danach brach das Gespräch ab, und erst nach einer Weile nahm es Cécile wieder auf. »Ob wir die Herren noch einholen?« fragte sie. »Die Chaussee läuft hier wie mit dem Lineal gezogen, und doch seh ich niemand.«

      In der Tat, Cécile sah niemanden und konnte niemand sehen, aber es lag nicht an einer allzu großen Entfernung zwischen ihr und der Avantgarde, sondern einfach daran, daß die drei Herren, denen der Aufstieg doch saurer geworden war, als sie vermutet hatten, Schattens halber in einen wundervollen Waldpfad eingebogen waren, der erst später wieder auf den Hauptweg mündete. St. Arnaud hatte die Mitte zwischen seinen beiden Begleitern genommen und rechnete darauf, die Fehde zwischen dem ›braunschweigischen Roß‹ des Emeritus und dem ›askanischen Bären‹ des Privatgelehrten in kürzester Frist ausbrechen zu sehn, schob aber seinerseits alles, was den Streit unmittelbar hätte heraufbeschwören können, klug und vorsichtig hinaus und begnügte sich damit, den Privatgelehrten über seinen Namen auszuholen.

      »Irr ich, wenn ich annehme, mein hochverehrter Herr ›Aus dem Grunde‹, daß Sie rheinischen oder schweizerischen Ursprungs sind und ähnlich wie die ›Vom Rat‹, ›Aus dem Winkel‹ und ›Auf der Mauer‹ entweder der Kölner Gegend oder aber den Urkantonen entstammen?«

      »Doch nicht, mein Herr Oberst. Mein Urgroßvater kam glaubenshalber aus Polen und hieß ursprünglich Genserowsky, noch bis vor kurzem befanden sich in der Berliner Hasenheide Träger dieses alten Namens. Einer der Söhne, mein Großvater, war homo literatus, zugleich

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