50 Meisterwerke Musst Du Lesen, Bevor Du Stirbst: Vol. 2. Эдгар Аллан По

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50 Meisterwerke Musst Du Lesen, Bevor Du Stirbst: Vol. 2 - Эдгар Аллан По

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wurde nunmehr sehr bald auch der drei voraufmarschierenden Herren ansichtig, die ganz zuletzt einen Richtsteig eingeschlagen haben mußten, und auf sie hinweisend, rief er seiner Begleiterin in beinahe freudiger Aufregung zu: »Da sind sie. Wenn wir uns in Trab setzen, haben wir sie noch vor dem ersten Hause.«

      Cécile sah ihn bei diesen Worten verwundert an, aber mit einer Verwunderung, in die sich etwas von Empfindlichkeit mischte. Das war doch naiver als naiv. Er genoß des Vorzugs ihrer Gesellschaft und schien nichtsdestoweniger hocherfreut über die Möglichkeit, im nächsten Augenblicke wieder in Nähe des Emeritus oder gar an der Seite des Privatgelehrten sein zu können. Alle Verwunderung und Empfindlichkeit aber verlor sich rasch in dem Komischen der Situation, und sich aufrichtend im Sattel, sagte sie mit beinah übermütiger Betonung: »Eh bien, eilen wir uns, Herr von Gordon. Vite, vite. Man soll die Gelegenheit beim Schopfe fassen.«

      Und im Trabe, während der Junge sich in den Steigbügel hing, ging es bergab.

      Eine Minute noch, und man mußte die Voraufmarschierenden eingeholt und das Dorf selbst erreicht haben.

      Kapitel Zwei­und­siebzig

      Aber es war doch anders bestimmt, denn unmittelbar vor dem Dorfeingange wurde Cécile, die dem Flusse zunächst ritt, einer im Grase sitzenden Dame, der Malerin, gewahr.

      Wirklich, es war Fräulein Rosa, mitten in der Arbeit vor einer Staffelei, die sie sich aus drei Bohnenstangen mit eingeschlagenen Holznägeln zurechtgezimmert hatte. Die Freude der Künstlerin gab sich, wie die der beiden Ankömmlinge, ganz ungesucht, und den Pinsel ins Gras werfend, aber die Palette immer noch auf dem linken Daumen, sprang sie von ihrem Malerstuhl auf und reichte Cécile die frei gewordene Rechte.

      »Willkommen in Altenbrak… Ach, nun entsinn ich mich… Die drei Herren… vor einer Minute erst… Richtig, das war ja der Herr Oberst und der freundliche alte Emeritus. Und der dritte… Ja, wer war der dritte?«

      »Der Herr Privatgelehrte.«

      »Nun, der hätte seine Langweil und sich selbst in ›Hotel Zehnpfund‹ belassen können. Aber welche Freude, Sie wiederzusehen, meine gnädigste Frau. Und Sie, Herr von Gordon.

      Ach, es war mir zuviel Staub in Thale, zuviel Staub und zuviel Sonntagsgäste. Hexentanzplatz und Roßtrappe sind nur wie Tempelhof und Tivoli, Bier und wieder Bier. Aber hier ist Natur, und die weiß und braun gefleckte Kuh da… Sehen Sie doch nur, meine gnädigste Frau, wie das liebe Vieh dasteht und sich nicht rührt. Ein wahres Mustermodell. Ich möchte schwören, es habe Gemüt und freue sich mit mir, daß Sie da sind.«

      Cécile, als die Malerin endlich schwieg, tat auch ihrerseits ein paar Fragen und versuchte bei der Gelegenheit, einen Blick auf die Skizze zu werfen, aber Rosa wollte davon nichts wissen und fuhr fort: »Nein, meine gnädigste Frau, nur nicht gleich wieder Kunst und Kunstgespräche. Was Sie hergeführt hat, hat einen andern Zweck und Namen. Und ich brauche kaum danach zu fragen. Natürlich, der Präzeptor, der alte Murrkopf, der Mann mit der sonoren Baßstimme, Selbstherrscher aller Altenbraker und dabei Landesautorität in Sachen der Schmerle. Täglich bin ich an seinem Tisch (er hält nämlich eine Pension), und dann setzt er sich zu mir und sagt mir Liebenswürdigkeiten und will mich sogar adoptieren. Aber ich hab ihm gesagt, er müsse mich heiraten, anders tät ich's nicht, ich wolle Schloßfrau werden auf Burg Rodenstein oder kurzweg die Rodensteinerin und den ganzen Tag über mit dem Schlüsselbund rasseln.«

      »Und Sie wohnen in seiner Pension?«

      »Nein, ich ziehe diese Seite des Dorfes vor. Ich wohne hier… das dritte Haus da, gleich hinter dem Staket.«

      Und sie wies auf ein reizendes, am Dorfeingange gelegenes Häuschen, in dessen Vorgarten ein paar Stachelbeersträucher standen und Mohn und Borré bunt durcheinander blühten. An dem Staket aber trockneten Netze, während eine Sichel an der alten Linde hing.

      »Beneidenswert«, sagte Gordon. »Manchem glückt es, überall ein Idyll zu finden; und wenn er's nicht findet, so schafft er's sich. Ich glaube, Sie gehören zu diesen Glücklichen.«

      »Ich glaub es beinah selbst, muß aber jedes persönliche Verdienst in der Sache von mir abweisen. Der Himmel legt einem nicht mehr auf, als man tragen kann. Und ich habe durchaus keine Schultern für das Tragische.«

      Cécile schien von diesem scherzhaft hingeworfenen Worte mehr berührt, als sich erwarten ließ. Jedenfalls brach sie rasch ab und sagte: »Das ist ein großes Thema. Und wenn Herr von Gordon und Fräulein Rosa erst ins Philosophieren kommen… «

      »Dann gibt es kein Ende.«

      Cécile nickte zustimmend, und unter einem herzlichen »Au revoir« warf sie das Tier herum und lenkte, von Gordon gefolgt, auf den breiten Fahrweg ein, in dessen Schatten der Junge zurückgeblieben war.

      »Haben wir noch weit bis zum Präzeptor?«

      »Noch eine Viertelstunde.«

      »Gut denn.«

      Und man setzte sich wieder in Trab.

      Wirklich, es war noch eine Viertelstunde, denn das Haus, das der Alte bewohnte, lag an der entgegengesetzten Seite von Altenbrak. Aber so lang der Weg war und so ruhebedürftig Cécile sich fühlte, dennoch sprach sie kein Wort von Ermüdung, weil das Bild, das die Dorfstraße gewährte, sie beständig interessierte. Links hin lagen die Häuser und Hütten in der malerischen Einfassung ihrer Gärten, während nach rechts hin, am jenseitigen Ufer der Bode, der Hochwald anstieg, auf dessen Lichtungen das Vieh weidete. Das Geläut der Glocken tönte herüber, und dazwischen klang das Rauschen des über Kieselgeröll hinschäumenden Flusses.

      So ging es das Dorf entlang, an Stegen und Brücken vorbei, bis endlich da, wo die Schlucht sich wieder weitete, der Eseljunge nach einem in Mittelhöhe des Felsens eingebauten Häuserkomplex hinaufwies, daran in Riesenbuchstaben auf weißem Schilde stand: »Gasthaus zum Rodenstein«.

      »Hier wohnt der Präzeptor.«

      Und so hielt man denn.

      Und während der Junge die Esel in einem unteren Stallraum unterbrachte, stiegen Gordon und Cécile die Stufen hinan, die zu dem »Rodensteiner« hinaufführten.

      Auf der obersten Stufe stand bereits St. Arnaud und empfing die Spätlinge mit vieler Freundlichkeit, aber doch zugleich mit einem Anfluge von Spott. »Die Herrschaften«, hob er an, »scheinen auf einen Wettlauf mit dem braunschweigischen Roß beziehungsweise dem askanischen Bären verzichtet zu haben. Zu meinem lebhaften Bedauern. Im übrigen hab ich aus der mir auferlegten Entbehrung das Beste zu machen gesucht und kenne in diesem Augenblicke nicht nur Albrecht den Bären, sondern auch den Markgrafen Waldemar so genau, daß ich keinem Müllergesellen, und wenn es Jakob Rehbock in Person wäre, raten möchte, mich hinters Licht führen zu wollen. Freilich, ob Herrn von Gordon an einer derartigen Wissenszufuhr in gleicher Weise gelegen gewesen wäre, muß dahingestellt bleiben - hinsichtlich meiner teuren Cécile verbürg ich mich für das Gegenteil. Und nun an die Gewehre! Zehn Minuten haben ausgereicht, mich mit dem Rodensteiner bekannt zu machen, und ich dürste danach, Sie beide dem trefflichen Alten vorzustellen. Unser Freund Eginhard, des Emeritus zu geschweigen, ist zwar eben über ihn her und hat, wenn ich recht gehört habe, vor fünf Minuten den ganzen Markgrafen Otto mit dem Pfeil auf die Sehne seiner Beredsamkeit gelegt. Aber ich hoffe, der Pfeil fliegt schon. Und so denn schnell, eh er zum zweiten Male spannt.«

      Unter diesem Geplauder überschritten alle drei die Schwelle

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