50 Meisterwerke Musst Du Lesen, Bevor Du Stirbst: Vol. 2. Эдгар Аллан По

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50 Meisterwerke Musst Du Lesen, Bevor Du Stirbst: Vol. 2 - Эдгар Аллан По

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Fische, den zu besingen sie keinen Augenblick Anstand nehmen würde, wenn ihr die schnöde Tiermalerei zu Kultivierung der sanglichen Schwesterkunst Zeit gelassen hätte. Aber der Herr Emeritus werde gewiß für sie eintreten. Alle Geistlichen wären bekanntermaßen heimliche Dichter, was auch kaum anders sein könne. Denn wer allsonntäglich unter einem Kanzeldeckel mit der Heiligengeist-Taube stehe, für den müsse auch dichterisch notwendig etwas abfallen.

      »Ja, der Emeritus«, riefen alle. »Lied oder Toast. Er mag wählen, aber Verse.«

      »Gut. Ich bin es zufrieden«, sagte der Alte. »Doch jeder nach seinen Kräften. Über den Leberreim bin ich nie hinausgekommen. Und weil alle Welt einen Leberreim machen kann, auch Fräulein Rosa, trotz der von ihr abgegebenen Erklärungen, so muß es einfach reihum gehen. Das ist Bedingung.«

      »Einverstanden«, sagte Rosa. »Nur muß es streng angefaßt werden, das ist meine Bedingung, und wer einen falschen Reim macht oder ein Wort gebraucht, das gar nicht existiert, der muß Strafe zahlen oder, mit anderen Worten, ein Pfand geben.«

      »Und mit Auslösung«, setzte der Privatgelehrte blinzelnd hinzu, der, wie die meisten Pedanten, etwas von einem Faun hatte.

      »Mit Auslösung also«, wiederholte St. Arnaud. »Aber vorher lassen wir die Schüssel noch einmal herumgehen. Das gibt uns dann die höhere Weihe. Nun, Herr Emeritus, commençons.«

      Und der Emeritus, während er von der Schüssel nahm, rezitierte langsam und bedächtig vor sich hin:

      »Am Bache stehn Vergißmeinnicht, und drüben steht die Erle,

      Dazwischen blitzt, wie Silberschein, des Baches Kind, die Schmerle.«

      »Gut, gut«, sagte Rosa. »Nun aber der Herr Oberst.«

      Und dieser, ohne jedes Besinnen, begann sofort:

      »Was solln mir Aland, Blei und Hecht und andre große Kerle,

      Forelle, ja das ist mir recht und doppelt recht die Schmerle.«

      »Vorzüglich, vorzüglich. Mein Kompliment, Herr Oberst. Der Emeritus ist geschlagen. Ach, das ewig siegreiche Militär, siegreich auf jedem Gebiete. In neuester Zeit auch (leider) auf dem der Malerei. Doch das sind trübe Betrachtungen, zu trübe für diese heitere Stunde. Fahren wir also fort. Herr von Gordon, lassen Sie sehen, was Sie draußen in Persien gelernt haben. Die Poesie soll ja da zu Hause sein. Ist es nicht so? Wie hieß er doch? Ah, ja, Firdusi. Nun also.«

      Gordon, der eine scherzhafte Fehde zu provozieren wünschte, nahm ohne weiteres »Querlen« als Reimwort und ließ sich, als dies selbstverständlich beanstandet wurde, zu Behauptungen hinreißen, deren äußerste Fragwürdigkeit noch über die seines Reimes hinausging.

      »Es gibt keine Querlen«, entschied Rosa. »Was Inkulpat meint, wenn er überhaupt etwas gemeint hat, sind Quirle. Die gibt es. Herr von Gordon, ein Pfand. Und nun Sie, Herr Eginhard. Ich bitte Sie, Sie bei diesem Vornamen, ich möchte fast sagen im Namen der Poesie, nennen zu dürfen.«

      Eginhard begann, während er vor sich hin starrte, seine Brillengläser zu putzen. Aber mit einem Male lag etwas Leuchtendes um seine Stirn, und er sagte mit einem Anfluge von historischer Würde:

      »Der kleinste Fürst im Deutschen Reich, das war der Fürst von Werle,

      Der kleinste Fisch in Bach und Teich ist immer noch die Schmerle.«

      Rosa bestritt sofort wieder, daß es einen Fürsten von Werle gegeben habe, wobei Cécile sekundierte. St. Arnaud aber trat nicht nur für den Privatgelehrten ein, sondern setzte sogar mit vieler Feierlichkeit hinzu, daß er sich einer Mesalliance zwischen einem Werleschen Fürsten und einer anhaltischen Prinzessin entsinne. Darauf brach er ab und wandte sich an Rosa: »Nun aber sie, meine Gnädigste.«

      Diese verneigte sich lächelnd und sagte dann: »Ich finde, die Herren haben sich's schwer gemacht, um mir es leicht zu machen. An dem Zunächstliegenden sind Sie vorübergegangen. Entscheiden Sie selbst, ob ich recht habe:

      Genug, genug der Reimerein auf Schmerlen oder Schmerle,

      Hoch, dreimal, unsre schöne Frau, der Perlen schönste Perle.«

      Dabei erhob sie sich und ging auf Cécile zu, um ihr die Hand zu küssen. Diese litt es aber nicht, sondern umarmte sie mit einem Anflug von Verlegenheit, zugleich sichtlich bewegt durch diese Huldigung einer heiteren und liebenswürdigen Natur.

      Etwas wie Sentimentalität schien aufkommen zu wollen, der Präzeptor aber, der kein Freund davon war, stellte den früheren Ton rasch wieder her, und unter Vortrag aller möglichen Anekdoten aus seinem eigentümlichen, halb als Kantor und halb als Pastor verbrachten Leben verging das Mahl, das niemand Miene machte gewaltsam abzukürzen.

      Endlich aber erhob man sich, und als man in das Tempelchen hinaufstieg, um bei frischer Luft und freier Aussicht den Kaffee zu nehmen, war die Sonne schon im Niedergehen und hing über den Tannen der Berghöhe. Nun sank sie tiefer und durchglühte die Spitzen der Bäume, die momentan im Feuer zu stehen schienen.

      Alles war schweigend in das herrliche Schauspiel vertieft, und man sah erst wieder auf, als zu fröhlichem Sprechen und Lachen, von dem man nicht recht wußte, woher es kam, allerlei Stimmen laut wurden, die das Echo wecken wollten. Aber es antwortete nicht.

      Inzwischen waren die vom Dorf her ungesehen und ungekannt Heranziehenden immer näher gekommen, und als sie plötzlich um einen Vorsprung bogen, der sie bis dahin verborgen hatte, bemerkten unsre Freunde, daß es alte Bekannte waren.

      »Die Turner«, rief Cécile. »Sie werden uns noch einmal begrüßen wollen.«

      Und wirklich schlossen sie sich, als sich der Weg wieder zu verbreitern begann, zu Sektionen zusammen und marschierten in festem Tritt, und während die Tambours schlugen, auf die Stelle zu, wo die schmale, fast zu Füßen von Burg Rodenstein liegende Holzbrücke nach dem andern Ufer hinüberführte. Drüben aber nahmen sie nicht Aufstellung en ligne, sondern im Halbkreis, und stimmten hier, umleuchtet von dem Lichte des hinscheidenden Tages, den Scheffelschen »Rodensteiner« an:

      »Das war der Herr von Rodenstein,

      Der sprach: ›Daß Gott mir helf,

      Gibt's nirgends mehr 'nen Tropfen Wein

      Des Nachts um halber zwölf?

      Raus da, raus da,

      Raus aus dem Haus da,

      Herr Wirt, daß Gott mir helf.‹«

      Unsre hoch oben stehenden Freunde horchten weiter, aber es blieb bei dieser Strophe. Die Turner brachen mitten im Singen ab, lachten und lärmten und konnten sich an ihrem endlos wiederholten »Raus da, aus dem Haus da« kein Genüge tun.

      Von dem Tempelchen her aber klatschte man jetzt Beifall, und der alte, ganz aus dem Häuschen geratene Präzeptor verschwor sich ein Mal über das andere, ein Faß »Echtes« auflegen und die jungen Leute zu Gaste laden zu wollen. Aber diese, die den Gesang nur im Anblick der Gasthausinschrift ›Zum Rodenstein‹ improvisiert hatten, begnügten sich, zum Gegengruß ihre Mützen zu schwenken, und marschierten gleich danach in den Wald hinein und auf Treseburg zu.

      Kapitel Drei­und­siebzig

      Eginhard

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