G.F. Barner Jubiläumsbox 9 – Western. G.F. Barner

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alten Harris gekommen, weil Jim Lawson wie ein Irrer vor dem Morgengrauen an die Officetür gehämmert und von den Schüssen auf Lionel McGruder berichtet hatte.

      Der Sheriff hatte keine andere Möglichkeit gesehen, als die beiden Halbaffen von Harris aus dem Jail zu jagen und wenig später auch Archie hinauszuwerfen. Die Suche nach dem heimtückischen Schützen konnte zwei Tage dauern. Niemand in der Stadt wäre bereit gewesen, solange die Vertretung Warrens zu übernehmen.

      John Warren blickte gegen die Nachmittagssonne zum Hang empor. Links davon begann der tiefe Einschnitt des Turkey Creek. Der Bach führte kaum Wasser. An seinem Uferrand war ein Sandstreifen, in dem die Hufe von zwei Pferden eine deutliche Spur hinterlassen hatten. Don Walsh, der Revolvermann McGruders, war hier vor über einer Stunde geritten. Er hatte die Spur jenes Mannes mit zwei Pferden verfolgt, der in der Nacht auf den Alten geschossen hatte.

      Die Fährte war kaum noch zu erkennen, sie zog sich in das Felsgebiet der Chiricahua Mountains hoch. Und dann – ehe eine Viertelstunde vergangen war – verlor sie sich. Walsh war wie üblich im Kreis geritten. Seine Fährte war noch erkennbar, doch die des Heckenschützen nicht mehr.

      »Verdammt!« stieß John Warren durch die Zähne. »Dort drüben ist Walsh heruntergeritten. Der eisenharte und eiskalte Bursche gibt nicht auf.«

      Wenig später erreichte Big John Warren das nach Nordwesten verlaufende Tal, hielt an und blickte auf die anderen Spuren herab. Sie waren älter und konnten unmöglich von dem heimtückischen Schießer stammen. Hier war jemand aus den Bergen geritten, aber er hatte ein Maultier und ein Pferd, also keine zwei Pferde dabei gehabt. Walsh war dieser Spur gefolgt. Er war hinter dem falschen Mann her.

      Allmächtiger! dachte John Warren erschrocken. Was ist das? Eine ältere Fährte, und Walsh verfolgt sie. Der versteht nicht genug von Spuren. Er wird den Mann stellen, der hier nach Mitternacht geritten ist, und vielleicht bringt er ihn um.

      John Warren wußte, wie schnell Don Walsh schoß, um dann erst Fragen zu stellen. Big John preschte los. Er mußte Walsh einholen.

      *

      Der Revolvermann hatte den Wagen kaltblütig auf den Hof der kleinen Ranch kommen lassen. Er hatte seinen Mann gefunden. Der verdammte Heckenschütze war aus Richtung Dos Cabezas zur Ranch gekommen. Vielleicht hatte er seinem Auftraggeber berichtet, daß sein Anschlag mißlungen war.

      Don Walsh wartete, bis die junge Frau, eine Mexikanerin, aus dem Haus war. Der vielleicht dreieinhalbjährige Junge machte sich von ihrer Hand los, lief dem Wagen entgegen und wurde von dem großen, breitschultrigen Mann, der bereits neben dem Wagen stand, hochgehoben. Der Mann setzte den Jungen auf das Wagenpferd. Er hatte es ausgeschirrt und faßte nach den Leinen.

      Im selben Augenblick sprang Don Walsh um die Stallecke, riß seinen Colt hoch und feuerte.

      »Stehenbleiben!« rief der Gunner.

      Der Mann griff in den Wagenkasten, wo sein Gewehr lag. Er fuhr herum, streckte die Hände aus, und Walsh feuerte noch einmal. Die Kugel klatschte gegen den Gewehrlauf, schleuderte die Waffe in den Kasten, und der Mann stand wie angeleimt still. Im gleichen Moment bäumte sich das Gespannpferd auf. Der Junge schrie ängstlich, rutschte ab und fiel zu Boden.

      »Barry – Barry!«

      Die junge hübsche Frau lief mit wehendem Rock quer über den Hof. Der große Bursche neben dem Wagen zerrte an den Zügeln, um das Pferd zur Seite zu bringen, dessen Hufe jeden Augenblick den Jungen treffen konnten. Dann hatte er das Pferd in der Gewalt, sah sich um und starrte Walsh drohend an.

      »Du verdammter Narr!« fauchte er. »Warum, zum Teufel, schießt du? Wenn dem Jungen etwas passiert ist, breche ich dir alle Knochen!«

      Die beiden Schüsse, die Schreie der Frau und das Wiehern des Pferdes hatten ein anderes Geräusch übertönt. Das Echo des Hufschlags fing sich hallend zwischen Stall, Schuppen und Haus. Walsh wirbelte, beide Revolver in den Händen, herum. Das Pferd galoppierte in den Hof, wurde pariert und stand nun genau in der Schußlinie von Walsh.

      Big John Warren hatte sein gefürchtetes Gewehr in der Faust, doch die Mündung zeigte nicht etwa auf den breitschultrigen Mann, sie war auf Don Walsh gerichtet. Und dann sagte Big John Warren drohend.

      »Wenn du hier etwas angestellt hast, fliegst du ins Jail, Walsh! Ist dir überhaupt klar, wo du hier bist?«

      »Was soll das? Warum zielst du auf mich, Warren?« knurrte Walsh. »Bist du verrückt geworden? Das ist der Mann, der auf meinen Boß…«

      »Er ist es nicht!« unterbrach ihn der Sheriff. »Du hast dich durch die Spur täuschen lassen, die sich auf den Felsen verlor. Matt, was hast du in den letzten beiden Tagen getan? Sage es ihm – schnell!«

      Der Breitschultrige blickte von Walsh zu Warren.

      »Ich habe zwei Antilopen geschossen und sie nach Dos Cabezas zu Chicco Gonzales gebracht«, sagte er grimmig. »Chicco hatte sie bestellt, John. – Das also ist Don Walsh?«

      »Ja, das ist er«, bestätigte Warren düster. »Er kennt dich nicht, sonst hätte er diese Verücktheit nie begangen.«

      »Verdammt, was soll das?« fauchte Walsh. »Der Morgentau hatte die Spur auf den Felsen gelöscht, aber unten fand ich sie wieder und…«

      »Und hast nicht gesehen, daß sie älter war und eine Spur von einem Maultier gemacht worden ist!« fuhr ihn Warren zornig an. »Wir haben hier kalte Nächte und jeden Morgen Tau, der alle Spuren löscht, Walsh. Weißt du, wo du hier bist? Kennst du den Mann?«

      »Nein«, entgegnete Walsh wütend. »Warren, ich habe in Colorado und New Mexiko genug Spuren verfolgt, ich irre mich nicht.«

      »Diesmal hast du dich geirrt. Hier haben wir Halbwüstenklima mit bedeutend mehr Tau in den Bergen. Du hast den falschen Mann verfolgt, Mister. Der da ist Mathew McGruder.«

      Don Walsh zuckte unwillkürlich zusammen. Man hatte ihm nur andeutungsweise von dem ältesten Sohn des Alten erzählt. Sobald die Rede auf Matt McGruder gekommen war, waren die Männer der Ranch schweigsam geworden.

      »Was?«

      »Ja«, sagte John Warren. »Der alte Löwe hätte dich in die Hölle gejagt, wenn seinem Sohn was passiert wäre, ganz gleich, wie er mit ihm steht. Du kennst Lionel McGruder noch lange nicht, Mensch. Spuren altern nach einer Nacht so sehr, daß sich schon mancher getäuscht hat. Der Mann, hinter dem du her bist, ist über die Felsen geritten. Er hat sie bis zum Morgengrauen nicht verlassen. Jetzt gibt es keine Spur mehr, ich könnte sie auch nicht finden. Von mir aus such weiter, aber es dürfte zwecklos sein. Matt, jemand hat aus dem Hinterhalt auf deinen Vater und Bill Shivers gefeuert.«

      Matt McGruder hatte große Ähnlichkeit mit seinem Vater. Er war bedeutend größer, schwarzhaarig und hatte auch nicht die hellen Augen seines Vaters.

      »So?« sagte er leise und preßte die Lippen zusammen. »Wer kann das gewagt haben, John?«

      »Ich weiß es nicht«, antwortete Warren. »Matt, ich vermute, es ist jedesmal derselbe gewesen. Nach der Art, wie er schießt, kann er kein berufsmäßiger Killer sein. Ich tippe eher auf einen mexikanischen Pistolero. Vielleicht war es auch einer von den Halunken, die an eurer Südgrenze hausten und euch vor Jahren Vieh abtrailten. Damals starben einige Männer. – Also Rache?«

      »Und wo war der da?« fragte Matt grimmig. »Wo war er, John?«

      »Hören

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