Gesammelte historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski. Henryk Sienkiewicz

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski - Henryk Sienkiewicz страница 104

Автор:
Серия:
Издательство:
Gesammelte historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski - Henryk Sienkiewicz

Скачать книгу

sondern mit der Faust, gestählt durch den in mir tobenden Schmerz.«

      »Nur zu gut begreife ich das,« meinte der junge Ritter. »Wie sollte ich es auch nicht begreifen, da ich Danusia liebe, die mir von jenen entrissen ward? Wenn Danusia, was Gott der Herr verhüten möge …«

      Hier brach er plötzlich ab. Kummer und Sorge schnürten ihm die Kehle zu. Geraume Zeit hindurch fuhren sie schweigend die von dem fahlen Mondlicht übergossene Straße dahin, bis Jurand wie zu sich selbst zu sprechen begann: »Wenn sie noch Ursache hätten, sich an mir zu rächen, wollte ich nichts sagen! Aber bei Gott im Himmel, das haben sie nicht! Wohl stritt ich gegen sie im Felde, als ich von unserem Fürsten zu Witold entsandt ward, aber sonst zeigte ich mich wie jeder Nachbar gegen den Nachbarn. Bartosz Naleczy ließ die vierzig Ritter, die gegen ihn zogen, ergreifen, in Ketten legen und in die unterirdischen Kerker in Kozmin werfen. Einen zur Hälfte mit Gold gefüllten Wagen mußten ihm die Kreuzritter zu deren Auslösung übersenden. Ich aber, so ich mit einem Deutschen zusammenstieß, der zu Gast zu den Kreuzrittern zog, ich nahm diesen, wie ein Ritter den andern, freundlich auf und beschenkte ihn mit allerlei Gaben. Gar häufig haben sich auch die Kreuzritter mitten durch die Sümpfe bei mir eingestellt. Nie habe ich sie gedrückt, und doch haben sie mir weit Schlimmeres zugefügt, als ich je meinem größten Feinde zufügen würde …«

      Und mit solcher Gewalt überkam ihn die entsetzliche Erinnerung, daß es wie ein Stöhnen klang, als er mit halb erloschener Stimme hinzufügte: »Sie war mir alles, mein höchstes Gut, und gleich einem Hunde ist sie mit Stricken gebunden worden und unter den Leiden ist sie dem Tode zur Beute gefallen … Und jetzt aufs neue mein Kind … Jesus! Jesus!«

      Abermals trat tiefes Schweigen ein. Zbyszko richtete sein jugendliches Antlitz zu dem mondbeschienenen Himmel empor, dann wandte er sich zu Jurand und fragte: »Beim Vater im Himmel! … Es wäre doch besser, sie suchten die Liebe der Menschen zu gewinnen, statt stets auf Rache zu sinnen. Weshalb fügen sie denn unserem Volke so viel Schlimmes zu?«

      Voll Verzweiflung streckte Jurand die Arme empor und erwiderte in dumpfem Tone: »Ich weiß es nicht …«

      Zbyszko schien über seine eigene Frage noch zu sinnen, denn es vergingen mehrere Minuten, bevor er sich also vernehmen ließ: »Die Leute sagen, daß Ihr auch auf Rache sinnt.«

      »Ich habe ihnen Rache geschworen!« entgegnete Jurand, sich gewaltsam aus seinem Schmerze aufraffend. »Und Gott dem Herrn gelobte ich das Kind zu weihen, wenn er mir in seiner Gnade zur Vollziehung dieser Rache verhelfen werde … Deshalb war ich gegen Dich. Nun aber weiß ich nicht: habt Ihr nach seinem Willen gehandelt, oder habt Ihr durch Euer Thun seinen Zorn erregt!«

      »Nein, nein!« rief Zbyszko. »Ich sagte Euch ja schon, jene Elenden würden sie geraubt haben, wenn auch die Trauung nicht stattgefunden hatte. Gott der Herr nahm Euer Gelübde gnädig auf, Danusia aber überließ er mir, denn ohne seinen Willen geschieht nichts auf Erden.«

      »Jede Sünde, die verübt wird, verstößt gegen den Willen Gottes.«

      »Gewiß. Aber was sagt Ihr von den heiligen Sakramenten? Ein jedes Sakrament ist von Gott eingesetzt!«

      »Dagegen läßt sich deshalb auch nichts thun.«

      »Gelobt sei Gott, daß sich nichts thun läßt! Doch beklagt Euch nicht darob; denn wer könnte Euch gegen diese Räuber in einer solchen Weise beistehen, wie ich es vermag? Merkt auf, was ich Euch sage. Für das, was sie Danusia gethan, werde ich Vergeltung üben, doch wenn auch nur noch ein einziger von jenen lebt, die Eure Selige von Euch rissen, so überlaßt ihn mir, und Ihr werdet mit meinem Thun zufrieden sein.«

      Jurand schüttelte das Haupt.

      »Nein,« antwortete er finster, »von jenen lebt nicht einer mehr …«

      Längere Zeit hindurch war nun nichts zu hören wie das Schnauben der Pferde und der dumpfe Klang der auf der hartgefrorenen Erde aufschlagenden Hufe.

      »Einst in der Nacht,« ergriff Jurand schließlich wieder das Wort, »hörte ich eine Stimme, die aus dem Gemäuer zu dringen schien und die mir zurief: ›Genug der Rache!‹ aber ich achtete nicht darauf, denn nicht wie die Stimme der Verstorbenen klang es.«

      »Was mochte dies wohl für eine Stimme sein?« fragte Zbyszko beunruhigt.

      »Ich weiß es nicht. Aus dem Gemäuer von Spychow tönt häufig Klagen und Stöhnen, denn gar manche haben in ihren Ketten in den unterirdischen Kerkern den Tod gefunden.«

      »Und was sagte Euch der Priester darüber?«

      »Der Priester weihte die Burg und meinte, ich müsse eine Zeitlang jeden Rachegedanken aufgeben. Doch wie wäre dies möglich gewesen! Mir war allzuviel Leid geschehen, und außerdem sannen sie später selbst auf Rache. Sie versuchten mich stets in einen Hinterhalt zu locken, indem sie mich zum Kampfe forderten. Dies planten sie auch jetzt wieder. Majneger und de Bergow sandten mir zuerst eine Herausforderung.«

      »Nahmt Ihr jemals Lösegeld?«

      »Niemals. Von allen denen, die mir in die Hände fielen, ist de Bergow der erste, der mit dem Leben davonkam.«

      Das Gespräch verstummte nun, denn sie bogen jetzt von der breiten Landstraße in einen schmalen Weg ein, auf dem sie nur langsam und schwer weiterkamen, weil er sich in solchen Windungen dahinzog, daß es stellenweise den Anschein hatte, als ob er sich in dem mit fußhohem Schnee bedeckten Walde verliere. Im Frühling oder im Sommer mußte dieser Weg bei Regenfällen ganz ungangbar sein.

      »Ob wir wohl Spychow gegen die Essenszeit erreichen werden?« fragte Zbyszko plötzlich.

      »Ja,« antwortete Jurand. »Der Wald zieht sich noch eine beträchtliche Strecke hin, und dann kommen Sümpfe, in deren Mitte die Burg liegt. Hinter den Sümpfen befinden sich morastige Wiesen und trocken gelegtes Ackerland, die Burg indessen kann man nur über hohe Wälle erreichen. Mehr als einmal schon versuchten die Deutschen, sich meiner zu bemächtigen, allein es gelang ihnen nicht, und die Knochen von gar vielen von ihnen faulen am Waldessaum!«

      »Die Burg ist auch nicht leicht zu finden!« warf Zbyszko ein. »Wenn jedoch die Kreuzritter Leute mit einem Schreiben senden, wie finden sich diese zurecht?«

      »Gar häufig schon schickten sie mir Botschaft. Sie haben Leute, welche des Weges kundig sind.«

      »Gott gebe, daß wir ihre Boten noch in Spychow antreffen!« rief Zbyszko.

      Dieser Wunsch sollte indessen viel rascher in Erfüllung gehen, als es sich der junge Ritter hatte träumen lassen. Als sie von dem Walde aus die freie Ebene erreichten, auf der inmitten von Sümpfen Spychow lag, erblickten sie zwei Reiter und einen niedrigen Schlitten vor sich, in dem drei dunkle Gestalten saßen.

      Die Nacht war sehr hell, und so ließ sich besonders auf der weißen Schneefläche die ganze Schar deutlich erkennen. Die Erregung von Jurand und Zbyszko stieg aufs höchste. Denn wer anders mochte in tiefer Nacht auf der Fahrt nach Spychow begriffen sein, wenn nicht die Boten der Kreuzritter?

      Zbyszko erteilte sofort den Befehl, rascher zu fahren. Binnen kurzem waren sie daher dem fremden Schlitten so nahe gekommen, daß sie gehört wurden. Unverweilt wandten sich auch die beiden Reiter, die augenscheinlich die Insassen des Schlittens schützen sollten, ihnen zu, indem sie die Armbrust anlegten und riefen: »Wer da?«

      »Deutsche!« flüsterte Jurand seinem Gefährten zu.

      Dann erhob er die Stimme und rief: »Mir gebührt es,

Скачать книгу