Gesammelte historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski. Henryk Sienkiewicz
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In der Meinung, daß Jurand im Fieber spreche, blickten Zbyszko und die Fürstin einander an. Dann sagte die Herrin: »Kommt doch zu Euch. Gerechter Gott! Ist Danusia denn nicht bei Euch in Spychow gewesen?«
»Danusia? Bei mir?« fragte Jurand voll Verwunderung.
»Euere Leute sind alle zu Grunde gegangen, und nach Danusia hat man vergeblich gesucht. Warum habt Ihr sie in Spychow zurückgelassen?«
Doch er wiederholte nochmals und in etwas ängstlichem Tone: »In Spychow? Bei Euch, gnädige Herrin, ist sie ja gewesen, nicht bei mir.«
»Aber Ihr sandtet doch ihrethalben Euere Leute mit einem Schreiben in den Jagdhof?«
»Im Namen des Vaters und des Sohnes!« rief Jurand aus. »Ich habe niemand nach ihr ausgesandt.«
Da ward die Fürstin totenbleich.
»Was bedeutet dies?« sagte sie. »Seid Ihr denn auch wirklich Euerer Sinne mächtig?«
»Beim allbarmherzigen Gott, wo ist mein Kind?« schrie Jurand auffahrend.
Als Pater Wyszoniek diese Worte vernahm, eilte er plötzlich aus der Stube. Die Fürstin aber fuhr fort: »Hört nur! Eine Anzahl Bewaffneter kam mit einem Schreiben von Euch in den Jagdhof. In dem Briefe stand, Ihr wärt bei einer Feuersbrunst durch einen herabfallenden Balken verletzt worden … wärt fast erblindet und wolltet das Kind noch einmal sehen … Und sie führten Danusia mit sich fort …«
»Wehe mir!« rief Jurand. »Spychow ist weder von einer Feuersbrunst heimgesucht worden, noch habe ich nach meiner Tochter geschickt, so wahr ein Gott im Himmel ist.«
Jetzt kehrte der Pater Wyszoniek mit einem Briefe in der Hand zurück, reichte ihn dar und fragte: »Ist dieser Brief an die Fürstin nicht von Euerem Geistlichen?«
»Ich weiß nichts davon.«
»Und das Siegel?«
»Ist das meine. Was enthält der Brief?«
Pater Wyszoniek begann zu lesen, und während Jurand zuhörte, drückte er wie verzweifelt beide Hände an seine Schläfen. Dann sagte er: »Das Schreiben ist gefälscht … Das Siegel nachgemacht. Wehe meiner armen Seele! Mein Kind ist für mich verloren. Sie haben es mir entführt.«
»Wer?«
»Die Kreuzritter!«
»Bei den Wundmalen des Erlösers! Der Fürst muß sofort einen Gesandten an den Meister schicken!« rief die Herrin aus. »Allbarmherziger Jesus, rette sie, schütze sie!«
Und vor Schmerz laut aufschluchzend, eilte Anna Danuta aus der Stube. Jurand sprang von seinem Lager empor und warf in fieberhafter Hast seine Gewänder über die mächtigen Schultern. Zbyszko dagegen saß anfänglich wie versteinert da, plötzlich aber ballte er zähneknirschend die Hände.
Jetzt trat Pater Wyszoniek auf Jurand zu. »Woher wißt Ihr denn so bestimmt, daß sie von den Kreuzrittern geraubt worden ist?«
»Ich schwöre es bei den Wundmalen des Erlösers.«
»Laßt einmal sehen! … Ja, ja, das ist wohl möglich. Sie sind ja eigens auf den Jagdhof gekommen, um gegen Euch Klage zu führen. Sie wollten sich an Euch rächen …«
»Und sie haben Danusia entführt!« schrie Zbyszko auf.
Spornstreichs aus der Stube stürzend, sprang er in den Stall und gebot, die Wagen anzuspannen, die Pferde zu satteln, ohne sich selbst klar darüber zu sein, weshalb er dies that. Er wurde nur von dem dunkeln Gefühle getrieben, daß er sich zur Rettung Danusias aufmachen, daß er, wenn nötig, bis nach Preußen ziehen müsse. Dort wollte er sein junges Weib entweder den Händen der Feinde entreißen oder selbst zu Grunde gehen.
Unverweilt kehrte er hierauf in die Kemenate zurück, um Jurand über alles Mitteilung zu machen, zweifelte er doch keinen Augenblick daran, daß dieser mit ihm ziehen werde. Ingrimm, Schmerz und Leid zerrissen ihm das Herz. Allein er verlor trotz alledem nicht die Zuversicht. Ihn dünkte, in Gemeinschaft mit dem gefürchteten Ritter aus Spychow könne er alles ausrichten, im Verein mit jenem könne er selbst gegen die geschlossene Macht der Kreuzritter ankämpfen.
In der Stube traf Zbyszko jetzt außer Jurand, dem Pater Wyszoniek und den Frauen auch den Fürsten mit Herrn de Lorche und dem alten Herrn aus Dlugolas an. Kaum hatte nämlich der Fürst von dem Vorkommnis Kunde erhalten, so hatte er letzteren zu sich entboten. Der alte Herr aus Dlugolas zeichnete sich nicht nur durch seinen großen Verstand aus, sondern er kannte auch die Verhältnisse bei den Kreuzrittern ganz genau, war er doch lange Jahre in deren Gefangenschaft gewesen. Er sollte daher an den Beratungen teilnehmen.
»Es ist vor allem Vorsicht geboten. Man darf sich nicht zu einer Uebereilung hinreißen lassen, denn sonst wäre das Mägdlein verloren,« erklärte der Herr aus Dlugolas, als er um seine Ansicht befragt ward. »Es muß sofort eine Beschwerde bei dem Meister eingebracht werden, und wenn Eure fürstliche Gnaden mir ein Schreiben ausstellen will, bin ich bereit, es jenem zu überbringen.«
»Das Schreiben sollt Ihr unverzüglich erhalten!« rief der Fürst. »Mit Hilfe Gottes und des heiligen Kreuzes wird die Jungfrau gerettet werden. Der Meister fürchtet sich vor einem Kriege mit dem polnischen König und es liegt ihm daran, mit meinem Bruder Semko und mir in Frieden zu leben. Sicherlich ist das Mägdlein ohne seine Zustimmung entführt worden, sicherlich gebietet er, es wieder auszuliefern.«
»Wenn jedoch alles mit seiner Erlaubnis geschehen wäre?« fragte der Priester Wyszoniek.
»Wenngleich er auch ein Kreuzritter ist, so zeichnet er sich doch durch seine Ehrbarkeit vor allen andern aus,« entgegnete der Fürst, »und wie ich Euch schon sagte, wird er jetzt weit eher meinen Wünschen entgegenkommen, als meinen Zorn heraufbeschwören wollen. Jagiellos Macht ist nicht zu verachten. Hei, sie haben mir genug zugesetzt, so lange sie konnten, aber jetzt wird es ihnen schlecht ergehen, wenn die Masuren dem Jagiello beistehen.«
Der Herr aus Dlugolas ließ sich aber nun also vernehmen: »Das ist wahr. Die Kreuzritter thun niemals etwas ohne Grund. Meinem Dafürhalten nach haben sie daher das Mädchen nur deshalb geraubt, um Jurand das Schwert aus der Hand zu winden und entweder Lösegeld für sie zu erhalten oder sie gegen einen Gefangenen auszuwechseln.«
Dann wandte er sich an den Herrn aus Spychow und fragte: »Wen haltet Ihr gegenwärtig in Euren Kerkern gefangen?«
»De Bergow,« antwortete Jurand.
»Genießt dieser Ritter ein gewisses Ansehen?«
»So viel ich weiß, ist dies der Fall.«
Kaum hatte indessen de Lorche den Namen des Herrn de Bergow vernommen, so erkundigte er sich genau über alles, was vorgegangen war, und erklärte schließlich: »Es ist ein Blutsverwandter des Gebieters über Geldripa, eines großen Wohlthäters des Ordens, und entstammt daher einem Geschlechte, das sich unendliche Verdienste um die Ordensbrüder erworben hat.«
»Ja, ja, so ist es,« ließ sich jetzt der Herr aus Dlugolas vernehmen, indem er den Anwesenden die Worte de Lorches verdolmetschte. »Gar viele Mitglieder der Familie de Bergow haben hohe Würdenstellen in dem Orden bekleidet.«
»Deshalb