Gesammelte historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski. Henryk Sienkiewicz
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»Hei! Welch ein Schneesturm ist dies! Welch ein Schneesturm!« sagte der Böhme mit vom Sturme halberstickter Stimme. »Ein wahres Glück, Herr, daß wir uns in der Nähe der Stadt befinden und das Feuer dort uns leuchtet, sonst wäre es uns schlimm ergangen.«
»Wer sich jetzt auf freiem Felde aufhält, dem ist der Tod gewiß!« entgegnete Zbyszko. »Aber ich sehe das Feuer gar nicht mehr.«
»Der Schein kann nicht durch den aufgewirbelten Schnee dringen. Oder vielleicht hat der Wind das aufgehäufte Holz auseinandergetrieben.«
Auch auf den andern Wagen sprachen die Kaufleute und Ritter von dem Unwetter. Alle meinten, wer fern von menschlichen Behausungen von einem solchen Schneesturm überrascht werde, für den würden am anderen Morgen keine Glocken mehr läuten.
Und Zbyszko, der plötzlich unruhig geworden war, hub wieder an: »Gott verhüte, daß Jurand jetzt unterwegs ist.«
Der Böhme, der unausgesetzt nach der Richtung blickte, wo das Feuer gebrannt hatte, wandte sich nun um, indem er sagte: »Wird denn der Herr aus Spychow hierher kommen?«
»Ja!«
»Mit dem Jungfräulein?«
»Fürwahr, die Flamme scheint erstickt zu sein!« war Zbyszkos Antwort.
In der That war das Feuer erloschen. Auf dem Wege, dicht bei den Wagen und Pferden zeigten sich nun einige Reiter.
»Weshalb reitet Ihr geradewegs auf uns zu?« rief der wachsame Böhme, die Armbrust ergreifend. »Wer seid Ihr?«
»Wir sind Mannen des Fürsten, die ausgesandt wurden, um bedrängten Reisenden Beistand zu leisten.«
»Gelobt sei Jesus Christus!«
»Von Ewigkeit zu Ewigkeit!«
»Geleitet uns zur Stadt!« sprach Zbyszko.
»Ist keiner von Euern Gefährten unterwegs zurückgeblieben?«
»Keiner!«
»Woher kommt Ihr?«
»Von Przasnysz!«
»Und mit fremden Reisenden seid Ihr nicht zusammengetroffen?«
»Nein! Aber vielleicht befinden sich noch Reisende auf den andern Landstraßen.«
»Unsere Leute sind nach allen Richtungen ausgeschickt worden. Fahrt nun hinter uns her, Ihr seid vom Wege abgekommen. Nach rechts müßt Ihr Euch halten!«
Alle wendeten nun die Pferde. Während einiger Zeit war nur das Brausen des Windes vernehmbar.
»Befinden sich schon viele Gäste in dem alten Schloß?« fragte Zbyszko nach einer Weile.
Einer der hinter ihm reitenden Mannen beugte sich vor, weil er ihn nicht recht verstanden hatte.
»Was sagt Ihr, Herr?«
»Ich frage, ob sich viele Gäste bei dem Fürstenpaar befinden.«
»So viele wie gewöhnlich! Also genug!«
»Und ist der Herr aus Spychow schon hier?«
»Nein, aber er wird erwartet. Einige Leute sind ihm entgegen geritten.«
»Mit Pechpfannen?«
»Ja, doch bei solchem Winde werden sie wenig nützen.«
Weiter konnten sie nicht sprechen, weil der Sturm immer mehr raste und tobte.
»Eine wahre Teufelshochzeit,« sagte der Böhme.
Doch Zbyszko gebot ihm zu schweigen und den Bösen nicht unnötiger Weise heraufzubeschwören.
»Weißt Du denn nicht,« sagte er, »daß an einem solchen Festtage die Macht des Teufels erlahmt, und daß sich die Teufel unter dem Eise verbergen? Einer von ihnen wurde einst am Christabend bei Sandomir von Fischern in einem Netze gefunden. Er hielt einen Hecht im Maule, aber als er das Geläute der Glocken hörte, da war es mit seiner Kraft vorbei, und sie schlugen mit ihren Stöcken auf ihn ein bis zum feierlichen Mahle am Christabend. Dies ist ja ein heftiger Sturm, doch will es unser Herr Jesus so haben, damit der morgige Tag umso schöner werde.«
»Wie nahe sind wir schon an der Stadt gewesen, aber ohne diese Mannen wären wir vielleicht bis Mitternacht in der Irre herumgefahren,« bemerkte Glowacz.
»Weil das Feuer erloschen ist.«
Mittlerweile waren sie in der Stadt angelangt. Hier lag der Schnee so hoch, daß er an vielen Stellen bis zu den Fenstern reichte und sie verdeckte. Dies war der Grund, weshalb sie keinen Lichtglanz gesehen, als sie sich noch außerhalb der Stadt befanden. Der Sturm war hier weniger fühlbar. Die Straßen waren verödet, denn für die Bürger hatte die Feier des heiligen Abends schon begonnen. Von einem Haus zum andern zogen Knaben mit dem Kripplein und einer Ziege und sangen, trotz des Sturmes, ihre Weihnachtslieder. Auf dem Marktplatze sah man Leute, die mit Erbsenstroh umhüllt waren und wie Bären umhersprangen, doch sonst waren wenig Menschen zu sehen. Die Kaufleute, welche Zbyszko und die andern Ritter begleitet hatten, blieben in der Stadt zurück, während jene weiter bis zu dem vom Fürsten bewohnten alten Schlosse fuhren, dessen erleuchtete Glasfenster in heiterm Glanze strahlten.
Die Zugbrücke war schon herabgelassen, denn die alten Zeiten, da die Litauer ins Land einzufallen pflegten, waren vorüber, und die Kreuzritter, welche einen Krieg mit dem König von Polen voraussahen, bemühten sich eifrig um die Freundschaft des Fürsten von Masovien. Einer der Mannen des Fürsten blies in sein Horn, worauf das Thor sofort geöffnet wurde. Am Eingange standen einige Bogenschützen, aber auf den Zinnen war keine menschliche Seele zu sehen, da der Fürst den Wachen gestattet hatte, sich zurückzuziehen. Der alte Mrokota, welcher schon zwei Tage vorher angelangt war, kam den Gästen entgegen, und nachdem er sie im Namen des Fürsten begrüßt hatte, geleitete er sie in ihre Stuben, damit sie sich für die Mahlzeit festlich kleiden konnten.
Zbyszko begann ihn jetzt nach Jurand auszuforschen, und Mrokota antwortete, der Gebieter von Spychow sei noch nicht anwesend, werde aber erwartet, denn er habe versprochen, zu kommen, und wenn seine Krankheit sich verschlimmert hätte, so würde er Kunde davon gegeben haben. Indessen seien ihm einige Reisige entgegengeschickt worden, weil sich die ältesten Leute keines solchen Schneesturmes erinnern konnten.
»Vielleicht wird es nicht mehr allzulange dauern, bis sie hier sind.«
»Traun, allzulange kann es nicht mehr währen. Die Fürstin befahl schon, Schüsseln für sie zu dem gemeinsamen Mahle aufzustellen.«
Nun