Gesammelte historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski. Henryk Sienkiewicz

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Gesammelte historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski - Henryk Sienkiewicz

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ruhig schläft. Ihr thut besser daran, fern zu bleiben, o Herr, damit die Schlafende nicht gestört wird, die Gott nach wohlthätiger Ruhe zu völligem Bewußtsein erwachen lassen möge. Doch denkt nun auch an Euch selbst, o Herr; erquickt Euch mit Speise und Trank und legt Euch dann nieder.«

      »Ich lege mich auf die Schwelle der Hütte,« entgegnete Zbyszko.

      »Dann bringe ich das verfluchte Weib in die Nähe des Leichnams mit den roten zottigen Haaren. Doch Ihr müßt Euch stärken, o Herr, denn Ihr habt eine lange Fahrt, eine schwere Aufgabe vor Euch.«

      Unverweilt eilte er davon, um gleich darauf wieder mit kleinen Säckchen voll geräuchertem Fleisch und gedörrten Rüben zurückzukehren, die man aus dem Lager der Samogitier mit auf die Fahrt genommen hatte. Kaum kam indessen Hlawa damit zu stande, die Vorräte vor Zbyszko auszubreiten, weil ihn Macko unverzüglich zu Arnold schickte.

      »Suche sorgsam auszufinden, was dieser Riese will,« gebot der alte Ritter dem Böhmen, »denn obgleich ich etliche deutsche Worte kenne, vermag ich doch nicht zu verstehen, was er sagt.«

      »Ich werde ihn hierher an das Feuer bringen, o Herr, dann könnt Ihr durch mich mit ihm reden,« ließ sich nun Hlawa vernehmen.

      Und seinen Gurt abnehmend, zog er diesen zwischen den Armen Arnolds hindurch und lud sich daran den Gefesselten auf den Rücken. Wohl schwankte er unter dem Gewichte des gewaltigen Ritters, doch da auch er außergewöhnliche Kraft besaß, trug er seine Last bis an das Feuer, wo er Arnold gleich einem Sack Erbsen neben Zbyszko abwarf.

      »Löst mir die Bande!« rief nun der Kreuzritter.

      »Das will ich thun,« antwortete Macko durch Vermittlung des Böhmen. »Allein zuerst mußt Du bei Deiner ritterlichen Ehre schwören, Dich als Gefangenen zu betrachten. Doch selbst wenn Du Dich dessen weigerst, sollst Du von dem Schwerte losgebunden, sollen die Bande von Deinen Armen genommen werden, damit Du bei uns zu sitzen vermagst. Die Fesseln an Deinen Füßen lasse ich jedoch nicht lösen, bevor wir zu Ende gesprochen haben.«

      Nach diesen Worten gab Macko dem Böhmen ein Zeichen, auf das hin der Knappe sofort den Körper und die Arme des Deutschen von den Stricken befreite und ihm dann half, sich aufzurichten. Voll Hoffart blickte nun Arnold auf Macko und Zbyszko, indem er fragte: »Was seid Ihr für Leute?«

      »Das wagst Du zu fragen? Was kümmert das Dich? Suche es selbst zu ergründen.«

      »Viel ist mir daran gelegen, denn nur Rittern kann ich einen Eid auf meine ritterliche Ehre ablegen.«

      »So schau her!« rief jetzt Macko, indem er den Mantel zurückschlug und auf seinen Rittergürtel wies.

      Aufs höchste überrascht, versank der Kreuzritter in Schweigen und hub erst nach einigen Minuten wieder an: »Was soll das heißen? Und doch geht Ihr in den Wäldern auf Raub aus, und doch steht Ihr den Heiden gegen Christen bei!«

      »Du lügst!« schrie Macko auf.

      In den hochmütigsten, feindseligsten Ausdrücken spann sich das Gespräch weiter, ja, oftmals drohte es in Streit auszuarten. Als jedoch Macko leidenschaftlich beteuerte, der Orden selbst trage die Schuld, daß nicht ganz Litauen sich zum Christentum bekehrt habe, als er zahllose Beweise dafür vorbrachte, da verstummte Arnold abermals vor Staunen, denn die Wahrheit trat sonnenklar zu Tage, nichts ließ sich dagegen einwenden. Ganz besonders betroffen ward der Deutsche durch die Worte Mackos, welcher, das Zeichen des Kreuzes machend, ausrief: »Wer weiß, wem Ihr thatsächlich dient, wenn auch nicht alle, so doch etliche von Euch!« – hegte man doch sogar im Orden selbst den Verdacht, daß gewisse Komture mit dem Satan im Bunde seien. Keine Klage ward zwar gegen diese anhängig gemacht, wäre doch dadurch die Schande auf alle Kreuzritter gefallen, allein Arnold wußte genau, was sich die Brüder zuflüsterten, welches Gerede unter ihnen ging. Der schlicht denkende Deutsche beunruhigte sich mehr und mehr, denn schließlich ließ sich auch Macko rückhaltlos über das seltsame Gebaren Zygfryds aus, von dem ihm durch Sanderus berichtet worden war.

      »Und jener Zygfryd, mit welchem Du in den Krieg gezogen bist,« fragte der alte Kämpe, »ist er vielleicht ein Diener Gottes, dient er vielleicht unserm Herrn Jesus? Hast Du nie gehört, wie er mit bösen Geistern spricht, wie er mit ihnen flüstert und zähnefletschend mit ihnen lacht?«

      »Das ist wahr!« murmelte Arnold.

      Da mit einem Male rief Zbyszko, in dessen Herz Zorn und Kummer wieder die Oberhand gewannen, in heftigem Tone: »Und Du sprichst von ritterlicher Ehre! Schande über Dich, der Du einem Henker, einem Sohn der Hölle Hilfe geleistet hast! Schande über Dich, der Du ruhig mit ansahst, wie man ein schutzloses Weib, die Tochter eines Ritters, gefoltert hat! Schande über Dich, der Du die Bejammernswerte vielleicht selbst gemartert hast! Schmach und Schande über Dich!«

      Starr vor Staunen machte Arnold das Zeichen des Kreuzes und sagte: »Im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes! Was soll dies heißen? Sprecht Ihr von jener Besessenen, in deren Kopf siebenundzwanzig Teufel nisten? Ich –«

      »Wehe! Wehe!« schrie jetzt Zbyszko mit heiserer Stimme auf, indem er abermals nach dem »Misericordia« griff und drohende Blicke auf Zygfryd warf, der ganz in der Nähe im Dunkeln lag.

      Mit eiserner Hand packte Macko seinen Bruderssohn, um diesen wieder zur Besinnung zu bringen. Dann wandte er sich zu Arnold mit den Worten: »Jenes junge Weib – es ist die Tochter Jurands, es ist das Ehegemahl dieses jungen Ritters. Jetzt wirst Du begreifen, weshalb wir Euch überfielen, weshalb Ihr unsere Gefangenen seid.«

      »Allbarmherziger Gott! Wie ist dies möglich? Der Geist jenes Weibes ist ja gestört.«

      »Weil sie die Kreuzritter raubten, wie man ein unschuldiges Lamm raubt, weil sie durch fortgesetzte Pein und Marter zu dem gemacht ward, was sie jetzt ist.«

      Als Zbyszko die Worte »unschuldiges Lamm« vernahm, preßte er von Schmerz überwältigt beide Fäuste au die Lippen, während ihm große Thränen unaufhaltsam über die Wangen rollten. In tiefes Sinnen versunken, saß Arnold am Feuer, der Böhme aber schilderte ihm in kurzen Worten die Verräterei Danvelds, die Entführung Danusias, die von Jurand erlittenen Folterqualen, den Kampf mit Rotgier. Als er geendigt hatte, herrschte langes Schweigen. Nichts war zu hören als ein zeitweises Rauschen im Walde und das Knistern der Funken im Feuer.

      Schließlich jedoch fuhr Arnold aus seinem Sinnen empor.

      »Ich schwöre, nicht nur auf meine ritterliche Ehre, sondern auch auf das Kreuz Christi, daß ich die Entführte kaum gesehen habe, daß ich nicht wußte, wer sie ist, und daß ich niemals die Hand dazu geliehen habe, wenn ihr ein Leid angethan ward.«

      »Schwöre, freiwillig mit uns zu ziehen, ohne einen Fluchtversuch zu unternehmen, dann will ich Dich von Deinen letzten Banden lösen lassen,« erklärte nun Macko.

      »Es sei, wie Du sagst; ich schwöre! Wohin willst Du mich bringen?«

      »Nach Masovien, zu Jurand aus Spychow.«

      So sprechend, schnitt Macko selbst die Stricke, mit denen Arnolds Füße gebunden waren, entzwei und deutete auf das Fleisch, auf die Rüben. Bald darauf erhob sich Zbyszko, um sich auf die Schwelle der Hütte niederzulegen. Die Ordensdienerin befand sich nicht mehr daselbst, war sie doch von dem Gefolge mit zu dessen Platz bei den Pferden geschleppt worden. Ein von Hlawa ausgebreitetes Fell diente dem jungen Ritter zum Lager, der indessen sehnsüchtig und ohne Schlaf zu finden, auf den anbrechenden Tag harrte, hoffte er doch, daß die Ruhe eine wohlthätige Wirkung auf Danusia ausüben werde.

      Der

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