Gesammelte historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski. Henryk Sienkiewicz

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Gesammelte historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski - Henryk Sienkiewicz

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Aufbruche aus dem Jagdhofe trafen die Brüder Gottfried und Rotgier ein, die bis jetzt in Ciechanow zurückgeblieben waren, und mit ihnen kam ein gewisser Herr de Fourey, als Ueberbringer schlimmer Nachrichten für die Kreuzritter. Es war nämlich gar mancherlei geschehen. Bei dem kreuzritterlichen Starosten in Lubow hielten sich verschiedene fremde Gäste auf. Zu diesen gehörten, außer dem Herrn de Fourey selbst, Herr de Bergow und Herr Majneger, beide Geschlechtern entstammend, die sich hohe Verdienste um den Orden erworben hatten. Sie alle hörten fortwährend von den Kämpfen mit Jurand aus Spychow. Anstatt sich aber dadurch abschrecken zu lassen, beschlossen sie, den berühmten Helden an den Kampfplatz zu locken, wollten sie sich doch selbst davon überzeugen, ob er in der That so Grausen erregend sei, wie von ihm die Rede ging. Der Starost widersetzte sich freilich anfänglich diesem Vorhaben, indem er auf den zwischen dem Orden und dem masovischen Fürstenpaare herrschenden Frieden hinwies. Schließlich ließ er jedoch, wohl von der Hoffnung getragen, auf solche Weise von dem gefürchteten Nachbarn befreit zu werden, nicht nur alles geschehen, sondern gestattete ihnen auch, bewaffnete Kriegsknechte mitzuführen. Unverweilt sandten nun die Ritter eine Herausforderung an Jurand, der sich auch sofort bereit erklärte, unweit Spychows, an der Grenze Preußens, mit zwei seiner Gefährten gegen die drei Ritter unter dem Vorbehalte kämpfen zu wollen, daß letztere die Reisigen entlassen würden. Da nun aber die Ritter weder auf diese Bedingung eingehen, noch sich aus der Nähe Spychows entfernen wollten, überfiel sie Jurand, schlug die Knechte in die Flucht, brachte dem Herrn Majneger einen tödlichen Lanzenstich bei und nahm den Herrn de Bergow nicht nur gefangen, sondern ließ ihn in einen der unterirdischen Kerker in Spychow werfen. De Fourcy allein rettete sich. Drei Tage irrte er in den masovischen Wäldern umher. Zufällig erfuhr er dann von Pechsiedern, daß in Ciechanow Ordensbrüder weilten, und er beschloß, sich zu diesen zu begeben. Gemeinsam mit ihnen wollte er Klage bei dem erlauchten Fürsten erheben, gemeinsam mit ihnen gedachte er dessen Schutz zu erflehen, um die Befreiung des Herrn de Bergow zu erwirken.

      Diese Kunde trübte das gute Einvernehmen zwischen dem Fürsten und den Gästen. Nicht allein die beiden neu angelangten Brüder, sondern auch Hugo de Danveld und Zygfryd de Löwe forderten ungestüm von dem Fürsten, daß er dem Orden sofort Genugthuung verschaffe, das Grenzgebiet vor den gewaltthätigen Ueberfällen Jurands schütze und diesen für alle begangenen Unthaten gehörig bestrafe. Vornehmlich Hugo de Danveld verlangte in fast drohendem Tone blutige Rache, erregte doch stets die Erinnerung an die Abrechnung, die er selbst noch mit Jurand zu halten hatte, Scham und Schmerz in ihm.

      »Laßt uns die Klage vor den Großmeister bringen!« rief er. »Und wenn Eure fürstliche Durchlaucht uns keine Genugthuung verschafft, werden wir sie durch jenen selbst auch dann erringen, wenn sich sogar ganz Masovien auf seiten des verruchten Räubers stellen sollte.«

      Nun aber geriet der von Natur so milde Fürst in gewaltigen Zorn.

      »Wofür begehrt Ihr Genugthuung?« rief er. »Wenn Jurand Euch zuerst überfallen, Dörfer verbrannt, Herden hinweggetrieben und Leute getötet hätte, würde ich ihn sicherlich sofort vor Gericht laden und ihm Strafe zuerkennen. Ihr habt ihn aber selbst herausgefordert. Und Euer Starost hat ein Gefolge bewaffneter Kriegsknechte zugelassen. Was that aber Jurand? Wohl nahm er die Herausforderung an, er verlangte jedoch gleichzeitig die Entlassung der Mannen. Soll ich ihn etwa dafür strafen oder vor Gericht fordern? Ihr selbst habt mit dem gefürchteten Kämpen angebunden, vor dem alle zittern, Ihr selbst habt mutwillig die Gefahr auf Euer Haupt herabbeschworen – was wollt Ihr daher von mir? Kann ich ihm vielleicht die Abwehr verbieten, wenn es Euch beliebt, ihn mit bewaffneter Hand zu bedrohen?«

      »Nicht der Orden band mit ihm an, nur die Gäste, die fremden Ritter haben ihn gefordert!« warf Hugo ein.

      »Für die Gäste ist der Orden verantwortlich, ganz abgesehen davon, daß jenen Gästen Kriegsknechte aus der Lubaner Besatzung zuerteilt worden waren.«

      »Sollte der Starost vielleicht seine Gäste einfach hinschlachten lassen?«

      Jetzt wandte sich der Fürst zu Zygfryd und sagte: »Hütet Euch davor, Ungerechtes zu fordern und Gott durch Eure Winkelzüge zu erzürnen.«

      Aber Zygfryd antwortete streng: »Der Herr de Bergow muß aus seinem Kerker befreit werden, denn seit undenklichen Zeiten gehören Männer aus seinem Geschlechte dem Orden an und große Verdienste haben sie sich um die Kreuzritter erworben.«

      »Majnegers Tod muß gerächt werden!« fügte Hugo de Danveld hinzu.

      Als der Fürst dies vernahm, strich er die Haare auf beiden Seiten zurück, erhob sich von seinem Sitze und schritt mit unheilverkündendem Antlitz auf den Deutschen zu. Doch augenscheinlich von dem Gedanken ausgehend, daß er mit seinen Gästen spreche, bezwang er sich nochmals und sagte, die Hand auf Zygfryds Schulter legend, in maßvollem Tone: »Hört mich aufmerksam an, mein Starost! Ihr tragt das Kreuz auf dem Mantel, so antwortet mir denn auf Euer Gewissen, bei diesem Kreuze! War Jurand im Recht oder war er nicht im Recht?«

      »Herr de Bergow muß aus dem Kerker befreit werden!« entgegnete Zygfryd de Löwe.

      Während einiger Minuten herrschte tiefes Schweigen, dann rief der Fürst: »Gott verleihe mir Langmut und Geduld.«

      Zygfryd aber fuhr mit einer harten, einem schneidenden Schwerte ähnlichen Stimme fort: »Diese Beschimpfung, welche uns, als unsern Gästen zugefügt, betroffen hat, giebt uns nur einen neuen Anlaß zur Klage. Nirgendwo, seit dem Bestehen des Ordens, weder in Palästina noch in Siebenbürgen, noch inmitten der bis jetzt heidnisch gebliebenen Litauer, ist uns von irgend einem namhaften Helden so viel Schlimmes zugefügt worden, wie von diesem Räuber aus Spychow. Eure fürstliche Durchlaucht! Nicht für eine Schandthat fordern wir Genugthuung und Strafe, sondern für tausende, nicht für einen Ueberfall, sondern für fünfzig, nicht für das Blut, das einmal, nein, das Jahre hindurch vergossen ward. Eine Flamme vom Himmel sollte dafür das verruchte Nest der Bosheit und Grausamkeit verzehren! Wessen Klagen schreien um Rache zu Gott? Die unseren! Wessen Thränen? Die unseren! Umsonst verlangen wir Gerechtigkeit, umsonst fordern wir strenges Gericht. Ungehört verhallen unsere Worte!«

      Auf diese Rede hin antwortete Fürst Janusz kopfschüttelnd: »Hei! Gar häufig sind die Kreuzritter früher in Spychow zu Gast gewesen, und erst dann zeigte sich Jurand Euch feindlich, als durch Eure Grausamkeit ihm das geliebte Weib durch den Tod entrissen ward. Zudem aber, wie viele Male habt Ihr schon selbst mit ihm angebunden, um ihn, wie auch jetzt, dafür zu züchtigen, daß er Eure Ritter siegreich bekämpfte? Wie viele Male überfielt Ihr ihn wie Räuber, wie viele Male habt Ihr die Armbrust im Walde auf ihn abgeschossen? Freilich überfiel er Euch dann auch, von Rache getrieben – doch habt Ihr es, haben es die Ritter, die in Euern Landen seßhaft sind, jemals anders gemacht? Wer hat das friedfertige Volk in Masovien überfallen, wer hat die Herden hinweggetrieben, die Dörfer niedergebrannt, Männer, Weiber und Kinder gemordet? Und welche Antwort erhielt ich aus Marienburg, als ich mich bei dem Meister darob beschwerte: ›An der Grenze herrscht gewöhnlich Aufruhr!‹ Laßt mich in Frieden! Euch geziemt es wahrlich nicht, Klage zuführen. Euch, die Ihr mich in Friedenszeiten, da ich ohne Waffen und Wehr war, auf meinem eigenen Grund und Boden überfielt. Euch, die Ihr mich jetzt noch in Euern unterirdischen Kerkern schmachten ließet, wenn Ihr nicht den Zorn des Krakauer Königs gefürchtet hättet. So bezahltet Ihr mich, der ich dem Geschlechte Eurer Wohlthäter entstamme. Laßt mich in Frieden, denn Ihr könnt nicht von Genugthuung sprechen!«

      Voll sichtlicher Ungeduld lauschten die Kreuzritter diesen Worten, war es ihnen doch höchst peinlich, daß der Fürst in Gegenwart des Herrn de Fourcy die Vorfälle bei Zlotorja berührte. Vornehmlich Hugo de Danveld schien darauf bedacht zu sein, dem Gespräche eine andere Wendung zu geben, und begann folgendermaßen: »Eure fürstliche Durchlaucht hat sich einen Irrtum zu schulden kommen lassen. Nicht um die Furcht vor dem Krakauer König handelt es sich hier, sondern um eine Genugthuung. Unser Meister aber kann für gesetzlose Zustände an den Grenzen nicht verantwortlich gemacht werden, denn soviele Königreiche es auch auf der

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